Der Fort William FC gilt als als die schlechteste Mannschaft der Welt. Jetzt haben die Schotten nach 840 sieglosen Tagen zum ersten Mal wieder gewonnen. Dabei waren sie auch ohne Erfolg glücklich, wie unser Vor-Ort-Besuch beweist.
Zwei Tage vor dem Spiel gegen Fraserburgh stürzt Scott Hunter, 31, dunkle Haare, Sechstagebart, in einen Sportspub hinter der High Street. „War eben noch kicken mit meinem Sohn“, sagt er und schaut abgekämpft aus seinen tiefen Augen. Er bestellt ein Pint und fällt in einen Sessel. Auf den Bildschirmen läuft Europa League, heute spielt auch Hunters Lieblingsklub Arsenal. „Fort, Rangers, Gunners, Real – und dann wieder Fort. Das war mal mein Karrieretraum“, sagt er, lacht und ruft ein paar Jugendlichen am Tresen zu: „Warum kommt ihr nicht mal wieder vorbei, he?“
In der Realität blieb Hunter immer in Fort William. Seit über zwanzig Jahren kickt er, mit kleinen Unterbrechungen, für den Verein. Er ist, Name verpflichtet, Torjäger des Teams, auch wenn der Begriff hier deplatziert scheint. „Letzte Woche habe ich gegen Nairn County getroffen“, sagt er mit Nachdruck. Es sei ein gutes Spiel gewesen, sie verloren denkbar knapp mit 2:6. Besser lief es diese Saison nur bei den einzigen beiden Unentschieden und natürlich in dieser sagenumwobenen Halbzeit gegen Wick Academy FC, von der sie hier schwärmen wie von einem WM-Finale. Fort ging sensationell 1:0 in Führung, aber der Schiedsrichter musste das Spiel in der 38. Minute wegen starker Regenfälle abbrechen. Ende April wird es nachgeholt.
Das größte Spiel war ein Unentschieden
Die schottische Highland League ist eine semiprofessionelle Liga, trotzdem verdienen viele Spieler der Topteams vierstellig im Monat. In Fort William ist das anders. Hunter arbeitet eigentlich als Architekt, er und seine Mitspieler bekommen 25 Pfund pro Einsatz. Aber auch wenn sie finanziell nicht mithalten können, möchte Hunter in der Highland League bleiben. „Ich verliere lieber hier, als in einer Pub-Liga ohne Linienrichter zu gewinnen“, sagt er.
In den Achtzigern hatte der Verein einige gute Jahre. Als größtes Spiel aller Zeiten gilt eine Pokalpartie im Januar 1986 gegen den Drittligisten Stirling Albion. Fort erkämpfte vor der Rekordkulisse von 1500 Zuschauern ein 0:0 (das Wiederholungsspiel ging zwar 0:6 verloren, aber das tut heute nichts zur Sache). Einige Söhne der Stadt haben sogar erfolgreiche Profikarrieren hingelegt: Duncan Shearer spielte für Huddersfield und Swindon Town. John McGinlay, Forts Rekordtorschütze, machte über 200 Spiele für Bolton.
Lieber Shinty als Fußball
Die sportliche Situation Forts hat neben den wirtschaftlichen Defiziten vor allem geografische und kulturgeschichtliche Gründe. Das 10 000-Einwohner-Städtchen gilt als „Outdoor Capital of the UK“. Jeden Sommer kommen hunderttausende Touristen zum Mountainbiken, Klettern oder Wandern. Der Ben Nevis, mit 1345 Metern der höchste Berg Großbritanniens, thront majestätisch über der Stadt. Aber Fußball? Die meisten einheimischen Jugendlichen spielen lieber Shinty, eine Art Feldhockey. Gleich zwei Topteams sind hier beheimatet.
Ein Nachteil ist auch die Lage. Fort William liegt im Nordwesten der Highlands, weit weg von anderen Klubs der Liga. Nach Wick sind es über 300 Kilometer, fünf Stunden Fahrtzeit durch die Berge. Für einen kleinen Verein ist das ein immenser Aufwand. Auch die Durchführung der Heimspiele erweist sich manchmal als kompliziert, denn Fort William ist der Ort mit dem höchsten Niederschlag in Schottland. Der Platz ist oft unbespielbar, immer wieder werden Partien verlegt.