Nach einem ruppigen Zweikampf ging Jerome Boateng am Mittwoch im Bayern-Training auf Leon Goretzka los. Ein wunderbarer Anlass um zurückzublicken auf die schönsten Fußballhauereien.
1. Robinho vs. Thomas Gravesen
Man hatte sich schon verwundert die Augen gerieben, als der als Raubein bekannte Thomas Gravesen im Jahr 2005 zu den Galaktischen von Real Madrid wechselte. Doch schon nach kurzer Zeit war klar, wofür der Däne bei den Königlichen gebraucht wurde: Er sollte offenbar den verwöhnten Superstars den Marsch blasen. Sein erstes Opfer war dann auch gleich eine richtige Diva: Robinho. Als der Brillifreund den zähen Nordmann nach einem Foulspiel im Training mit einem Faustschlag herausforderte, platzte dem Ex-Hamburger sofort die Hutschnurr. Was folgte, war ein eher einseitiger Bareknuckle-Fight mit einem eindeutigen Punktsieger. Und der kam nicht aus Brasilien.
2. Ricardo Manuel Sa Pinto vs. Artur Jorge
Dass man in Portugal von Geburt an ein paar Grad mehr im Blut hat als anderswo ist hinglänglich bekannt. Dass dieses Temperament aber für einen handfesten Fußball-Eklat sorgen könnte, hatte man zumindest bis zum März 1997 nicht glauben wollen. Doch dann kam Ricardo Manuel Sa Pinto, Superstar und enfant terrible im Korkexportland Nummer eins, und streckte seinen Nationaltrainer nieder. Was war geschehen? Coach Artur Jorge hatte den Superstar nicht fürs WM-Qualispiel gegen Nordirland nominiert, woraufhin Sa Pinto oscarreif der Hals anschwoll. Mit quietschenden Reifen hielt er vor dem Mannschaftshotel, stürmte in die Lobby und streckte seinen Nationaltrainer mit einer trockenen Geraden nieder. Doch damit nicht genug, in der Folge stürzte sich der erboste Offensivmann auf seinen Trainer und hämmerte weiter gnadenlos auf ihn ein. Jorges Co-Trainer Rui Aguas versuchte Sa Pinto zu stoppen – aber auch er fing sich eine. Schließlich konnten Sicherheitskräfte den wutentbrannten Amokläufer stoppen. Artur Jorge hatte erstaunlich schnell seine Fassung wiedergefunden und sagte den anwesenden Journalisten: „Sie haben ja gesehen, was er gemacht hat. Genau dieses Verhalten ist es, warum er nicht mehr dabei ist.“
3. Fredrik Ljungberg vs. Olof Mellberg
Das sind herrliche Spielchen unter Männern: Während eines Spiels im WM-Trainingslager 2002 foulte der seinerzeit bei Arsenal London spielende Stürmer-Schönling Fredrik Ljungberg seinen Kollegen Olof Mellberg. So weit, so normal. Doch der Verteidiger mit den Gardemaßen eines Wandschranks ließ das aber nicht auf sich sitzen und konterte mit einem Revanchefoul. Die Situation eskalierte, denn Ljungberg fiel Mellberg an wie eine wilde Bulldogge und nahm den Abwehrriesen in den Schwitzkasten. Mellberg ließ lieber die Fäuste sprechen und als Mitspieler Daniel Andersson als Schlichter hinzukam, fand der sich plötzlich ebenfalls auf dem Boden liegend wieder. Gut, dass sich diese Keilerei auch noch vor laufenden Kameras abspielte:
4. Carlos Alberto vs. Fabio Santos
Bremens Jahrhundertverpflichtung Carlos Alberto hinterließ nicht nur an der Weser bleibenden Eindruck. Zumindest was seine Fähigkeiten als Streetfighter angeht. Auch beim FC Sao Paolo machte sich der Partykönig direkt bei seinen Kollegen beliebt. Der 23 Jahre alte Spielmacher war bei seinem neuen Klub zu spät zum Training erschienen, woraufhin die ganze Mannschaft als Strafe einen Tag früher als geplant das Trainingslager beziehen musste. Albertos Kollege Fabio Santos, der wenige Tage zuvor Vater geworden war, fand das Verhalten seines Mitspielers nur halbgeil und stellte Alberto zwei Tage vor dem Spiel zur Rede. Erst flogen ein paar schmutzige Schimpfwörter, dann ein paar saubere Kinnhaken. Das Ergebnis: Der Klub sperrte Santos für 29 Tage, Carlos Alberto bekam 15 Tage bezahlten Urlaub.
5. Frank Verlaat vs. Jürgen Löhle
Nein, Jürgen Löhle ist kein vergessener Superstar des VfB Stuttgart, sondern ein Journalist. Doch das schützte den armen Schreiber nicht vor dem Gewaltausbruch des ansonsten handzahmen Verteidigers Frank Verlaat. Im Gegenteil. Weil Löhle den Holländer tags zuvor in einem Bericht als „Softie“ bezeichnet hatte, trat Verlaat prompt den Gegenbeweis an und stellte den Medienmann in der Hotel-Lobby. Statt groß zu diskutieren, legte Verlaat aber sofort Hand an und riss dem verdatterten Löhle die Brille von der Nase. Doch damit nicht genug, denn in der Folge zertrat der erboste Profi das Nasenfahrrad seines Gegenüber in tausend Teile. Von dem Tag an wusste auch Frank Löhle: Verlaat ist kein Softie!
6. Huub Stevens vs. Eddy Achterberg
Gute Freunde kann niemand trennen? Da kann Eddy Achterberg aber eine andere Geschichte erzählen. Jahre, ach was, jahrzehntelang war der Holländer treu ergebener Assistent seines Herrn und Meisters Huub Stevens. Ein unzertrennliches Duo, bis sich Stevens und Achterberg im Januar 2011 aus bislang nicht bekannten Gründen an die Wäsche gingen. Bei einer kurzen, aber offenbar heftigen Keilerei während des Wintertrainingslagers mit RB Salzburg im türkischen Belek, soll, so der Kölner „Express“ „sogar Blut geflossen sein.“ Trainer und Assi versuchten anschließend die Wogen zu glätten, von einer Kabinen-Schlägerei könne keine Rede sein. Achterberg: „Wir sind Freunde, in guten wie in schlechten Tagen.“ Warme Worte, die nicht viel halfen: Im Februar setzte Stevens seinen Co-Trainer ab, Achterberg, so hieß es, werde sich künftig „um andere Aufgaben“ im Verein kümmern.
7. Yordan Letchkov vs. Stig Töfting
Don’t fuck with Stig Töfting! Dem Dänen, einst beim HSV unter Vertrag, eilt der Ruf des rustikalen Straßenschlägers bereits voraus, als er im Februar 1995 mit Yordan Letchkov aneinander geriet. Im Vorbereitungsspiel gegen Arminia Bielefeld (damals noch Regionalligist) hatte es der bulgarische WM-Teilnehmer gewagt, kurz vor dem Ende einen Fehlpass zu spielen, der dann auch noch zum 1:3‑Endstand führte. Folgende Beschimpfungsorgie musste sich Letchkov anschließend von Töfting gefallen lassen: Den Spruch „Unglaublich, was Du da spielst, Stoichkov!“ (Aggressionsstufe 1), den „Stinkefinger“ (Aggressionsstufe 2) und schließlich den finalen Verbalaffront „Du Arschloch!“ (Aggressionsstufe 3). Zu viel für den gedemütigten WM-Vierten, der Töfting erst in die Wade trat und dann mit einem gezielten Ellenbogenschlag nachzog. Was den gelernten Kickboxer aus Dänemark wiederum dazu einlud, die Hauerei erst richtig in Gang zu bringen. Die „Hamburger Morgenpost“ notierte entsetzt: „Beide donnerten gegen die Heizung, wälzten sich auf dem Boden. Erst jetzt gingen Mitspieler dazwischen.“ Eine von den Vereinsverantwortlichen geforderte Aussöhnung verhinderte Letchkov mit den Worten: „Töfting hat mich nicht das erste Mal provoziert. Eine Entschuldigung kommt für mich nicht in Frage!“ Umso erstaunlicher, wie HSV-Vizepräsident Hans Schümann die Szenerie kurz danach bewertete: „Diese Geschichte zeigt doch eine gesunde Berufsauffassung unserer Spieler.“
8. Sunday Oliseh vs. Vahid Hashemian
Böser Bube, dieser Sunday Oliseh. Sang erst gemeinsam mit dem Kollegen Gerald Asamoah ein rührseliges Gospel-Weihnachtslied ein („Wie stand united“), nur um dann im März 2004 seinem Bochumer Mitspieler Vahid Hashemian die Stirn gegen das Nasenbein zu jagen. Die Folge: Ein zerschmettertes iranisches Riechorgan und die sofortige Suspendierung für den aus Dortmund ausgeliehen nigerianischen Nationalspieler. Da half auch Olisehs Erklärung, Hashemian hätte ihn mit den Worten „Du bist hier nicht in Nigeria“ auf die Palme gebracht, nicht mehr viel. Immerhin: VfL-Coach Peter Neururer machte anschließend seinem Ruf als gagister Trainer der Bundesliga alle Ehre, als er auf die Frage eines Reporters, ob er nun als Vater (Trainer) eines seiner Kinder (Spieler) verstoßen habe, antwortete: „Ich habe Sunday nicht verstoßen. Das hat er schon selbst getan.“
9. Johan Micoud vs. Fabian Ernst
Diplomatisch, wie Werder-Präsident Jürgen L. Born im Januar 2005 auf die Journalisten-Frage reagierte, ob es im Bremer Trainingslager von Belek eine Keilerei zwischen Johan Micoud und Fabian Ernst gegeben habe. „Wie ich gehört habe, haben beide ausgeholt“, so Born, „doch keiner hat getroffen.“ Eine Schein-Schlägerei also? Von wegen, maulte der exzentrische Spielmacher Micoud in der französischen Sportzeitung „L’Èquipe“ und erklärte dort trotz zuvor vereinbarten Stillschweigen seine Version der Geschichte. Er habe Ernst einen freundschaftlichen Kopfstoß verpassen wollen, „Ernst hat mit einem Faustschlag geantwortet und ich habe ihm eine zurückgegeben.“ Ernst wiederum ließ über seinen Berater Roger Wittmann verlautbaren: „Ich habe Jo nur provoziert – mit den Worten: ‚Du weinst!‘“ Zunächst angedrohte Geldstrafen ließ Werder letztendlich fallen, vielleicht auch wegen der knappen Einschätzung von Kapitän Frank Baumann: „Klappe halten und arbeiten!“
10. Markus Miller vs. Bradley Carnell
2007 schaffte der Erstligist Karlsruher SC einen wichtigen 1:0‑Auswärtssieg bei Eintracht Frankfurt, und weil KSC-Schlussmann Markus Miller zuvor bombig gehalten hatte, wurde er nach dem Schlusspfiff von seinen Teamkollegen stürmisch umarmt. Offenbar nicht stürmisch genug, denn Miller, immer noch auf 180, griff sich Mitspieler Bradley Carnell und schüttelte den Südafrikaner heftig durch. Der wehrte sich verzweifelt mit seinen Fingernägeln und fügte dem Torwart unschöne Kratzwunden am Hals zu. Am nächsten Tag war natürlich alles schon wieder vergeben und vergessen, Miller ganz cool. „Ich weiß nicht, woher die (die Kratzwunden) kommen. Vielleicht vom Rasieren.“ KSC-Trainer Edmund Becker nannte den Vorfall trotzdem „indiskutabel und für unsere Außendarstellung verheerend“ – und verdonnerte beide Spieler zum Weißwurst-Frühstück für die gesamte Mannschaft.