Botafogo aus Rio de Janeiro steht sportlich und finanziell vor dem Kollaps. Für die Rettung des traditionsreichen Klubs soll nun ausgerechnet der 35-jährige Ex-Herthaner Salomon Kalou sorgen.
Es ist ein Bild mit Symbolcharakter: Salomon Kalou (35) und Keisuke Honda (34) entbieten einander den „Corona-Handshake“: Faust an Faust. Hinter den beiden, an einer Hauswand: ein leicht verblasstes Mural, das Garrincha zeigt, den fraglos besten Spieler, den Botafogo jemals hervorgebracht hat. Garrincha aber ist längst Vergangenheit. Er ruht auf einem Friedhof in Magé vor den Toren Rios. Kalou und Honda sollen die Zukunft sein – falls Botafogo, der Abstiegskandidat vom Zuckerhut, überhaupt noch eine Zukunft hat.
Früher, ja früher, da war man noch wer: Das Duell zwischen Botafogo und Fluminense heißt in Rio schlicht „Classico Vovo“ (Opa-Klassiker), weil es das älteste Derby der Stadt ist. Ursprünglich als Ruderclub gegründet, war Botafogo de Futebol e Regatas immerhin 21-mal Fußball-Regionalmeister von Rio und zweimal brasilianischer Meister (zuletzt 1995). Neben dem zweifachen Weltmeister Garrincha (1958 und 62) trugen unzählige weitere Zauberer wie Leonidas, Nilton Santos, Mario Zagallo, Jairzinho oder Alemao das schwarz-weiße Sternwappen auf der Brust. Der größte Star im Botafogo-Trikot aber war Donald Duck. Viele Jahre watschelte der Comic-Held als (in)offizielles Vereinsmaskottchen durchs Stadion, bis der Disney-Konzern plötzlich Lizenzgebühren verlangte.
1991 musste Donald gehen, er war zu teuer. Dafür investierte Botafogo immer wieder in potente Spieler, um sich aus dem langen Schatten der großen Nachbarn Flamengo, Fluminense und Vasco da Gama zu befreien. Hollywood-Transfers wie der des Clarence Seedorf im Jahr 2012 sorgten für Furore und sogar für kleinere Erfolge. Doch nichts von alledem war nachhaltig. Der Klub türmte einen Schuldenberg auf: 150 Millionen Dollar – mehr Verbindlichkeiten hat kein brasilianischer Klub. Die sportliche Substanz ist derweil arg zusammengeschrumpft: transfermarkt.de schätzt den kumulierten Wert des Botafogo-Kaders auf gerade mal 22,8 Millionen Euro. Die Mannschaft ist kaum noch Erstliga-tauglich.
Spätestens seit Corona ist die Lage beim einstigen Garrincha-Klub so schlecht, dass jederzeit die Lichter ausgehen könnten – und zwar buchstäblich: In jüngerer Vergangenheit blieb der Verein nicht nur einige Gehälter schuldig, man konnte auch die Wasser- und Stromrechnungen zeitweise nicht begleichen. Um den endgültigen Kollaps zu verhindern, schoben die Bosse Mitte August ihre vielleicht allerletzte Patrone in den Lauf: Ausgerechnet Salomon Kalou, bei Hertha BSC zuerst aus sportlichen Gründen ausgemustert, später aufgrund seines laxen Umgangs mit der Pandemie in Ungnade gefallen, soll Botafogo aus der Krise ballern.