Ein 19-Jähriger gibt den gebeutelten Schalke-Fans wieder etwas Hoffnung, Klaus Gjasula holt sich – angefeuert von Tomasz Hajto – den Rekord und Heiko Herrlich wandelt auf Inspektor Columbos Spuren. Ermittelt ausschließlich mit dem Gehirn: die 11 des Spieltags.
Ehre, wem Ehre gebührt! Deshalb eröffnet der Paderborner Unhold Klaus Gjasula diesmal unsere Auflistung der Helden beziehungsweise Verhaltensauffälligen des Spieltags. Mit seiner 17. Gelben Karte in dieser Saison hat Gjasula den bisherigen Rekordhalter Tomasz Hajto abgelöst und ist in der Kategorie „Rüpel des Jahres“ fortan einsame Spitze. Und wer sich mal einen Zusammenschnitt aller für diese Gelbflut verantwortlichen Vergehen anschaut, der muss konstatieren: Das ist so was von verdient. Das sieht wohl auch Gjasula selbst so, weshalb er sich mit einem fiesen Ohrzupfer am Bremer Davy Klaassen für seine Jubiläumskarte belohnte. Lob und Anfeuerung kam sogar vom Vorgänger. „Du hast noch drei Spiele, mach die zwanzig Karten voll“, sagte Tomasz Hajto in einer Videobotschaft. „Dann kommt keiner mehr an dir vorbei.“
Man muss nicht alles verstehen, was Vereinsführungen im letzten Saisondrittel tun, vieles ist aus der Panik geboren (zum Beispiel hat Arminia Bielefeld mal vor dem letzten Spieltag den Trainer entlassen). Dass aber eine Mannschaft wie Hoffenheim, die ungefähr da steht, wo sie jeder vor der Saison erwartet hat, und ungefähr den Fußball spielt, den alle ihr zugetraut haben, gerade jetzt den Übungsleiter vor die Tür setzt, ist schon seltsam. Im ersten Spiel ohne Alfred Schreuder hat die TSG nun, sagen wir mal so, keinen großen Schritt nach vorne gemacht. Der Geschasste wird sagen: „Nicht mehr mein Problem.“
Der von Schalke an Düsseldorf ausgeliehene Stürmer ist nicht nur der Konsonantenkönig der Bundesliga, sondern auch ein feiner Kerl und ein ehrlicher Arbeiter im Weinberg des Herrn. Als solcher warf er sich mit Verve in das Duell gegen den BVB, und so ziemlich jeder außer denen, die es mit den Dortmundern halten, hätte ihm einen Treffer gegönnt. Skrzybski aber schoss erst gegen den einen Pfosten, dann gegen den anderen. Und dann nahm das Verhängnis seinen Lauf.
Denn dann trat dieser unheimliche Norweger auf den Plan, wie der ekelhafte Schulstreber, der für die Abiprüfung nicht lernen muss, weil ihm alles in den Schoß fällt, und zeigte Skrzybski und allen anderen Sterblichen auf dem Platz, wie man es richtig macht. Platzierter Kopfball in 90+5, Ende aus.
Die niederländische Kante im Sturmzentrum des VfL Wolfsburg ist eine Art moderner Wiedergänger von Mario Gomez aus dessen guten Zeiten: nicht die reine Eleganz im Bewegungsablauf, aber körperlich präsent und weiß, wie er die Dinger wegmacht. Am Wochenende hat sich Weghorst nun auch noch den Dieter-Hoeneß-Gedächtnispreis verdient: Nachdem er bereits einmal gegen den SC Freiburg getroffen hatte, erlitt er bei einer Abwehraktion einen Cut im Gesicht, Blut floss. Der Stürmer indes ließ sich erst turbanisieren und verwandelte dann ungerührt den fälligen Elfmeter. Eiskalter Typ.
Es mag den einen oder anderen Eintracht-Fan geben, der den Tausch von André Silva und Ante Rebic mit Milan noch immer für eine Katastrophe hält, wirkt doch der Portugiese in vielerlei Hinsicht blasser als das kroatische Charisma-Monster. Aber manchmal müssen auch Zahlen sprechen dürfen. Und während Rebic in Mailand bei sechs Saisontoren steht und damit zum Beispiel eines weniger geschossen hat als der deutsche Außenverteidiger Robin Gosens bei Atalanta Bergamo, hat Silva in der Bundesliga mittlerweile zehn Mal getroffen. Keiner dieser Treffer war so schön wie das Hackentor im Berliner Olympiastadion, nach der kongenialen Vorarbeit des Kollegen Kamada. Dass Frankfurt zu diesem Zeitpunkt schon mit einem Mann mehr auf dem Platz war: geschenkt.
Im allgemeinen Corona-Wahnsinn hatte die Frage in den letzten Wochen an Bedeutung verloren: Hand oder nicht? Umso bemerkenswerter das Comeback am 31. Spieltag. Von Guerreiros Schulter über Czichos’ angelegten Arm bis hin zu Tapsobas… ja, was eigentlich? Wenn das Handspiel sich weiter so in den Vordergrund spielt, kann das noch ein heißes Thema werden im Saisonendspurt. Und die Pandemie kann einpacken.
Ja, wir wissen, was Werder Bremen im Allgemeinen und Niclas Füllkrug im Besonderen in den letzten Monaten durchgemacht haben. Und wir ahnen, was es bedeutet, in solch einer Situation mit 5:1 zu gewinnen (und wenn es nur in Paderborn ist), als ewig verletzter Spieler auf den Platz zu kommen und auch noch ein Tor zu schießen. Das ist eine Geschichte, die – schnüff – nur der Fußball schreibt, und in deren Drehbuch das Wort Abstandsregel nicht vorkommt. Egal.
Kleines Ratespiel vor Saisonbeginn: Welcher französische Weltmeister wird beim FC Bayern die größere Nummer: der von Atlético Madrid, der 80 Millionen gekostet hat, oder der vom Absteiger aus Stuttgart? In diesem Sinne: Chapeau, Herr Pavard. Und wenn ihm mal ein Eigentor unterläuft, wie gegen Mönchengladbach, bereitet er später einfach das Siegtor vor.
Es gibt dankbarere Aufgaben, als in dieser gerade ziemlich runtergerockten Schalker Mannschaft als U19-Spieler sein Bundesligadebüt zu feiern. Das könnte ein klarer Fall werden von „Angst essen Seele auf“. Oder aber man nimmt sein Herz in beide Hände und schenkt den gebeutelten königsblauen Anhängern ein bisschen Freude. Ohne den jungen Mann jetzt gleich zum großen Hoffnungsträger stilisieren zu wollen: Das war stark. Herzlichen Willkommen in der Bundesliga.
Erst die Zahnpasta-Affäre, jetzt der Vorfall in Mainz, als Heiko Herrlich einen zweiten Ball ins Spiel schoss, um einen schnellen Mainzer Konter zu unterbinden. Und danach immer ganz zerknirscht tun und mea culpa und überhaupt. Also, entweder ist Augsburgs Coach tatsächlich ein kleiner Tölpel – oder aber er ist der Inspektor Columbo unter den Bundesligatrainern. Wir tippen auf Letzteres.