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1975 stand Bruce Springsteens Plat­ten­kar­riere vor dem Aus. Zwei Alben hatte er da schon ver­öf­fent­licht. Beide sorgten bei Ken­nern für Staunen. Beide bekamen gute Kri­tiken. Und beide waren kom­mer­zi­elle Flops.

Wenn es mit der nächsten LP nicht geklappt hätte, wäre es das gewesen. Springsteen wäre in der schnöden Masse der so gleichsam unzäh­ligen wie unbe­kannten 70er-Rocker unter­ge­gangen, hätte keine 120 Mil­lionen Alben ver­kauft. Er wäre nie der Boss“ geworden, der er heute ist.

Dann wurde im August seine dritte Platte Born To Run“ ver­öf­fent­licht — und kata­pul­tierte den damals 25-jäh­rigen quasi auf direktem Wege in die Rock and Roll Hall Of Fame.

Auch die Kar­riere von Maxi­mi­lian Egge­stein stand schon am Schei­deweg, obwohl er wie Springsteen schon früh als talen­tierter Ver­treter seiner Zunft galt. Mit nicht einmal zehn Jahren wech­selt er zum TSV Havelse in der Nähe seiner Geburts­stadt Han­nover, wo sein Vater Karl zu den großen Zeiten in der zweiten Liga spielte. Der Traum von der Bun­des­liga, vom Pro­fitum ent­steht früh. Maxi“ will mit dem Vater als Vor­bild hoch hinaus. Doch es ist ein weiter Weg.

Zweit­jüngster Werder-Debü­tant hinter Thomas Schaaf

Egge­stein beschreitet ihn aller­dings mit großen Schritten. Mit 14 wech­selt er 2011 aufs Werder-Internat. Zur Saison 2014/2015 steigt er bereits zur U23 in die Regio­nal­liga Nord auf, wird auch dort zum Stamm­spieler. Unter Viktor Skripnik debü­tiert Egge­stein am 29. November 2014 für die erste Mann­schaft in der Bun­des­liga. Mit 17 Jahren und 356 Tagen wird er nach Werder-Legende Thomas Schaaf zum zweit­jüngsten Bremer Debü­tanten aller Zeiten. Den Rekord ver­passt er um ledig­lich drei Tage.

Doch das Bun­des­li­ga­debüt wird Egge­steins Gree­tings From Asbury Park, N.J.“ Die Bewer­tung und der Erfolg seines ersten Auf­tritts sind ähn­lich, wie bei Springsteens erstem Major Release: ganz gut, aber bei Weitem nicht über­ra­gend; kurz auf sich auf­merksam gemacht, aber der durch­schla­gende Erfolg bleibt aus. 

Trotz Pro­fi­ver­trags schickt ihn der neue Chef­coach Alex­ander Nouri im Oktober 2016 zurück zur U23. Einer Mann­schaft, die die meisten anderen Bun­des­li­ga­ver­eine mitt­ler­weile abge­schafft haben, weil der Über­gang zu den Profis heut­zu­tage früher pas­siert. Statt Maxi macht ein anderer Egge­stein auf sich auf­merksam. Sein 17 Monate jün­gerer Bruder Johannes ist mitt­ler­weile auch in Bremen ange­kommen, gilt als Rie­sen­ta­lent, auch in den U‑Mannschaften des DFB. 

In der dritten Liga macht ein Mann namens Flo­rian Koh­feldt Egge­stein zum Kapitän. In der Win­ter­pause ist er zurück bei den Profis. Doch durch­setzen kann er sich immer noch nicht. Und langsam beginnt man sich in Bremen zu fragen, ob es über­haupt noch dazu kommen wird. Wäh­rend Johannes Aus­zeich­nungen erhält, U17-Vize­eu­ro­pa­meister wird und Rekorde bricht, scheint Maxi­mi­lians Ent­wick­lung zu sta­gnieren. 

Dann ver­liert Alex­ander Nouri seinen Job und der ehe­ma­lige U23-Trainer Koh­feldt über­nimmt. Koh­feldts Ernen­nung wird zu Egge­steins Durch­bruch. Zu seinem per­sön­li­chem Born To Run“, zur Initi­al­zün­dung für einen bemer­kens­werten Lauf. Wort­wört­lich, beides.

Koh­feldt lässt ihn regel­mäßig in der Startelf ran. Und Maxi lie­fert auf seine Weise, kommt ins Rollen. Bezie­hungs­weise Laufen. In den ersten sechs Spielen unter Koh­feldt wird er vier Mal lauf­stärkster Spieler der Liga. Im Dezember ist er der erste in der aktu­ellen Bun­des­liga-Saison, der über 14 Kilo­meter in einem Spiel läuft und der zweite über­haupt seit Beginn der Daten­er­fas­sung 2013/2014. In den ver­gan­genen sieben Spielen ist er fünf Mal lauf­stärkster Bun­des­li­ga­spieler, landet in den anderen beiden Par­tien auf Platz zwei dieser Sta­tistik. Läuft bei ihm, könnte man sagen.

Zum Laufen geboren

Und er läuft nicht ein­fach nur. Er läuft intel­li­gent. Er reißt Räume auf, für sich selbst oder für die Mit­spieler, kommt so zum Abschluss oder ermög­licht anderen Tor­chancen. Er kommt in fast jeden Defen­siv­zwei­kampf, kom­pen­siert mit seinen Läufen die manchmal man­gelnde Ein­satz­be­reit­schaft der Kol­legen. Er läuft sich frei und bietet sich als Anspiel­sta­tion ebenso an, wie er mit dem Ball am Fuß zu öff­nenden Dribb­lings startet.

Koh­feldt weiß, wie wichtig seine Lauf­be­reit­schaft für die Sta­bi­lität der Mann­schaft, für das Defen­siv­ver­halten und für das offen­sive Kom­bi­na­ti­ons­spiel ist. Das sei für ihn als Trainer viel wich­tiger, als ob er zehn, elf, zwölf, 13 oder 19 Kilo­meter läuft.“ Den­noch: Egge­stein ist born to run“. Durch seine Lauf­leis­tung hat er sich auf der Dop­pel­sechs neben Thomas Delaney (der im Übrigen die Tabelle der durch­schnitt­li­chen Lauf­leis­tung pro Spiel diese Saison anführt) end­lich durch­ge­setzt. Weil er zum Laufen geboren ist, hat sich sein Traum erfüllt, hat Maxi­mi­lian Egge­stein sein Ziel Bun­des­li­ga­profi erreicht.

Denn wie sang schon Der Boss“ im Titel­song seines bahn­bre­chenden Albums:

Someday girl I don’t know when

We’re gonna get to that place

Where we really wanna go

[…]

But till then tramps like us

Baby we were born to run.“