Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Es ist Sommer 1973, und der FC Bar­ce­lona bag­gert intensiv an Gerd Müller, der gerade 85 Tore in einem Jahr geschossen hat. So weit, so normal – aus heu­tiger Sicht. Doch ein Jahr vor der WM ist die deut­sche Fuß­ball­öf­fent­lich­keit in Panik. DFB-Vize­prä­si­dent Her­mann Neu­berger muss sich von der Nach­rich­ten­agentur sid“ fragen lassen, was er gegen den dro­henden Aus­ver­kauf“ zu tun gedenke.

Der Aus­lands­stopp

Neu­ber­gers Ant­wort: Beim DFB sind Über­le­gungen im Gang, einen Aus­lands­stopp für die deut­schen Natio­nal­spieler zu ver­hängen“. Doch diese Lösung hat ein kleines Pro­blem: Gesetz­lich ist ja fest­ge­legt, dass jeder Bürger unseres Staates seinen Arbeits­platz frei wählen kann.“ Der DFB müsse also genau über­legen, wie er die Grund­rechte unter­läuft, sonst, fürchtet Neu­berger, werden wir wieder mit einst­wei­ligen Ver­fü­gungen atta­ckiert“.

Und was denkt Gerd Müller? Man weiß es nicht genau. Wie andere ihre Unter­hosen“ habe er seine Mei­nung gewech­selt, umschreibt die Süd­deut­sche Zei­tung“ Mül­lers Ver­halten mit klaren Bil­dern. Am 16. Juli 1973 froh­lockt der Kicker“: Gerd Müller ver­zichtet auf Mil­lionen“. Der Bomber habe das Angebot des FC Bar­ce­lona abge­lehnt. Wenn ich Jung­ge­selle wäre, hätte ich das Angebot ange­nommen“, wird der 27-Jäh­rige zitiert. Aber für meine Familie ist es besser, in Mün­chen zu bleiben, wo wir viele Freunde haben.“

Netzer – ein Ver­räter?

Im Urlaub in Ita­lien gibt Müller der Zei­tung Cor­riere dello Sport“ ein bizarres Inter­view, in dem er Günter Net­zers Transfer zu Real Madrid ver­ur­teilt: Ich habe diesen Wechsel nicht gebil­ligt, weil Netzer damit eine sehr unpo­pu­läre Ent­schei­dung getroffen hat“, sagt Müller, Netzer habe seine eigenen Anhänger ganz ver­gessen. Die Leute halten ihn für eine Art Ver­räter und sind bereit, ihn als sol­chen zu behan­deln.“ Wie man einen Ver­räter so behan­delt, über­lässt Müller der Fan­tasie der Leser.

Man könnte meinen, das Thema Bar­ce­lona wäre mit diesem Inter­view abge­schlossen. Doch jetzt geht der Thriller um Müller erst richtig los.

Eine Woche später lautet die auf­ge­regte Kicker“-Schlagzeile: Komödie um Gerd Müller“. Bei einem Test­spiel im Elsass geht er zur Halb­zeit raus und fährt mit seinem Berater zu Ver­hand­lungen mit der Barca-Dele­ga­tion nach Mün­chen. Wäh­rend der DFB schon meldet, dass die Frei­gabe für Müller bean­tragt wurde, sagt Müller, wieder ganz Medi­en­profi: Bar­ce­lona? Nein, da tut sich über­haupt nichts.“ Auch DFB-Vize Neu­berger meldet sich erneut zu Wort: Müller bekommt von uns keine Frei­gabe! Wir müssen das einmal mit allen Kon­se­quenzen durch­fechten.“

Das Ende der Geschichte: Müller bleibt noch 1979 bei den Bayern, Deutsch­land wird Welt­meister, die Bayern mit Mül­lers Toren Europa- und Welt­po­kal­sieger. Bar­ce­lona holt mit dem gesparten Geld Johann Cruyff. Mül­lers geplatzter Transfer nach Spa­nien kommt Ende 2012 noch einmal in die Schlag­zeilen, als Ex-Barça‑Funktionär Josep Vil­aseca dem Web­portal terra“ den Ver­trag zu Gerd Mül­lers Wechsel über­gibt.

Das Papier war bereits von Barça-Boss Armand Carabén und Bayern-Direktor Robert Schwan unter­schrieben. Es fehlte ledig­lich die Zustim­mung der spa­ni­schen und deut­schen Behörden und der Medizin-Check. Wir haben den Ver­trag am Mittag unter­schrieben – und am Abend platzte alles“, erin­nert sich Vil­aseca, der bei den Ver­hand­lungen dabei war.

Ein Minister hat den Münchner Bayern-Bomber für Deutsch­land gerettet“

Bay­erns tech­ni­scher Direktor (Robert Schwan) hat uns ange­rufen und gesagt, dass sich die deut­sche Regie­rung ein­ge­schaltet habe“, so Vil­aseca weiter, angeb­lich habe das Finanz­mi­nis­te­rium inter­ve­niert. Dar­über hatte die Bild“ schon im Juli 1973 geju­belt: Ein Minister hat den Münchner Bayern-Bomber für Deutsch­land gerettet“, schlag­zeilt sie. Angeb­lich, heißt es weiter, habe sich Müller nach einem Tele­fonat mit dem baye­ri­schen Finanz­mi­nister Ludwig Huber für ein Bleiben bei den Bayern ent­schieden. Jener Huber ver­si­chert, er habe seine Hilfe als Freund ange­boten – ohne jeg­li­chen poli­ti­schen Hin­ter­grund.“ 

Die Dort­mund-Fans werden sich jetzt fragen: Wo war Wolf­gang Schäuble, als wir ihn im April 2013 brauchten – so als Freund…?