Heute wird Uwe Rösler 55 Jahre alt. Weil er als Spieler in der Bundesliga keinen Anschluss fand, wechselte er Mitte der neunziger Jahre zu Manchester City – und entfachte einen ungeahnten Hype um deutsche Fußballprofis in England.
Der einzige Deutsche, der neben Uwe Rösler heute noch hohes Ansehen bei den City-Fans genießt, ist Maurizio Gaudino. 1995 zerstritt sich der Frankfurter mit seinem Trainer Jupp Heynckes und flüchtete nach England. Was ihm viele nicht zugetraut hätten: Gaudino erwies sich als lernfähig. „Ich merkte schnell, dass der Fußball ein ganz anderer ist. Vor allem was die Einstellung zum Zweikampf angeht“, sagt er.
„Fuck off! Get up!“
Dabei prägte ihn ein Erlebnis maßgeblich. Es ging gegen Sheffield Wednesday, Gaudino hatte sich den Ball erkämpft und wollte Chris Waddle auf engstem Raum ausspielen. Da trat ihm dieser gegen die Wade. „Nichts Schlimmes, es tat kaum weh“, erinnert sich Gaudino. Doch er ließ sich fallen. Gaudino bekam einen Freistoß, Waddle die Gelbe Karte. Doch dann spielten sich groteske Szenen ab, seine eigenen Mitspieler beschimpften ihn: „Fuck off! Get up!“ Nach dem Spiel saßen die Mannschaften wie üblich in der Vereinskneipe zusammen. Gaudino ging zu Waddle, in den Händen zwei Pints, eines reichte er dem Sheffield-Stürmer: „Sorry, man!“ Waddle lachte und sagte: „Cheers, pal!“
Gaudino erarbeitete sich die Anerkennung der Fans und der Mitspieler. „Ich hatte das Glück, dass Rösler schon da war. Er leistete Integrationsarbeit“, sagt Gaudino. „Was mich an Rösler am meisten faszinierte: Er war stets mittendrin. Als ob er schon Jahrzehnte für diesen Klub spielte.“ Wie sehr Uwe Rösler wirklich an City hing, zeigt eine Szene aus dem Film „Kickoff with Uwe“. Nach einem Spiel gegen Aston Villa spricht Rösler erstmals mit Bert Trautmann. Es läuft nicht mehr so gut für den Stürmer, eine Formkrise im Herbst 1995. Rösler sitzt einfach da, gebannt hört er zu, wie der alte weise Mann spricht. Rösler wirkt in diesem Moment wie ein nervöser Schüler neben seinem Lehrer. „Sorge dich nicht“, versucht Trautmann den Stürmer zu beruhigen. „Du bist immer noch ein guter Spieler.“ Doch Rösler schaut in diesem Moment genau so: voller Sorge. Er versucht zu lächeln. Es gelingt nicht.
Der Rest war Staunen
Der weise Mann behielt natürlich recht, nur zwei Wochen später traf Uwe Rösler gegen Nottingham Forest. Dann, im April 1996, das Spiel gegen Manchester United, der Rechtsschuss ins lange Eck. Und der Rest war Staunen. Dass Ryan Giggs sechs Minuten später das 3:2 für United erzielte, war in diesem Spiel fast Nebensache.
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