Die Diskussionen um den türkischen Nationaltorwart Volkan Demirel reißen nicht ab: Nach seinem provokanten Jubel im Finale des Supercups und den umstrittenen Aussagen nach dem Spiel sorgt nun auch ein Auftritt in der Nationalmannschaft für Aufsehen.
Die Stimmung auf den Rängen ist aufgeheizt, die Spieler auf dem Feld müssen vom Schiedsrichter getrennt werden. Nur mit Mühe kann Volkan Demirel zurückgehalten, werden, der immer wieder auf Gegenspieler Felipe Melo losgehen will. Wenige Minuten später läuft Demirel völlig losgelöst über das ganze Feld, soeben hat er mit Fenerbahce Istanbul den Supercup gewonnen, im Elfmeterschießen hat er den entscheidenden Elfmeter gehalten.
In jenem Elfmeterschießen im August trat der Brasilianer Felipe Melo als dritter Schütze für Galatasaray an. Er lief sehr verzögert an und jagte den Ball über das Tor. Schon vorher hatte Demirel die Galatasaray-Spieler immer wieder provoziert, indem er vor jedem Elfmeter zu seiner Trinkflasche griff, um die Schützen zu verunsichern. Nach Melos Schuss aber brannten bei Demirel alle Sicherungen durch, der Keeper der türkischen Nationalmannschaft setzte zum höhnischen Bocksprung über seinen Gegenspieler an. Es folgte ein heftiges Wortgefecht, bis die beiden Streithähne vom Schiedsrichter und einigen Mitspielern getrennt wurden. Beide sahen die gelbe Karte und die Sache schien zunächst erledigt, dann aber gab Demirel dem vereinseigenen Sender im Anschluss an das Spiel ein Interview, indem er in Richtung Melo nachtrat. Und wie: „Die Stadtverwaltung sollte die unnötigen Straßenhunde vergiften. Ansonsten entsteht ein nicht anzunehmender Zustand und ich muss diese Sache übernehmen. Und ich hätte dann die Befürchtung, eine Strafe zu erhalten“. Rumms.
Mit dieser Aussage spielte Demirel auf Melos Spitznamen „Pittbull“ an. Die grob unsportliche Äußerungen wurden in der türkischen Presse aufs Schärfste verurteilt, viele forderten eine Strafe für den Torhüter. Dennoch erklärte sich Demirel auf Nachfrage ein zweites Mal und unterstrich damit, an wen seine Aussage gerichtet war: „Ich bin jemand, der genau weiß, was er sagt und an wen er das Gesagte richtet. Nur ich weiß, was für schwere Umstände ich ertragen musste. Meine Intention war an eine einzige Person, an ein einziges Ziel gerichtet und hatte eine einzige Absicht. Daher sollten keine Umdeutungen angestellt werden. Ich habe mit meiner Aussage nicht die Straßenhunde gemeint“.
In der Folge entwickelte sich eine regelrechte Schlammschlacht zwischen den Funktionären beider Vereine. Zunächst schossen sich die Verantwortlichen Galatasarays auf Demirel und dessen Aussagen ein, Fenerbahce ging sofort in die Gegenoffensive. Letztendlich wurde Demirel von Galatasaray beim türkischen Fußballverband verklagt und erhielt eine Sperre über drei Spiele sowie eine Geldstrafe, auch Fenerbahce-Funktionär Ilhan Eksioglu wurde für beleidigende Tweets gegen Gala belangt.
Danach wurde es ruhiger um Demirel, auch wenn der Unmut der Galatasaray-Fans nie ganz abriss. Wie sehr sich die Anhänger provoziert fühlten, bekam Demirel am Wochenende beim Länderspiel der Türkei gegen Kasachstan zu spüren: Das Spiel fand im Stadion Galatasarays statt, Demirel wurde –obwohl er das personifizierte Feindbild der heimischen Fans ist- zunächst mit Applaus begrüßt. Beim Aufwärmen lieferte er sich aber ein Wortgefecht mit einigen Fans und zog so den Ärger erneut auf sich. Nach der Auseinandersetzung wurde er von allen Seiten ausgepfiffen und beleidigt. Zunächst versuchte er selbst noch, die Situation zu beruhigen. Da die Anfeindungen aber kein Ende nahmen, bat Demirel Trainer Fatih Terim darum, nicht spielen zu müssen und verließ noch vor dem Anpfiff wutentbrannt das Stadion.
Demirel wollte sich –anders als nach seiner Attacke gegen Felip Melo- nicht zu den Umständen äußern. Trainer Termin berichtete aber in den türkischen Medien, warum Demirel den Platz verließ. „Er kam auf mich zu und sagte: Trainer, mir geht es nicht gut, sie haben meine Mutter und meine Frau beschimpft“. Dass gerade Demirel so dünnhäutig auf Provokationen reagiert, erscheint verwunderlich. Ruhe um seine Person scheint also vorerst nicht einzukehren.