Wie Grönemeyer sang: Bochum, ich komm aus dir. Die Fanszene des VfL ist eigensinnig, zickig und hart im Nehmen.
Dafür erlebte die Ostkurve unterwegs einige große Momente. Toll war der 6:0‑Sieg im Schalker Parkstadion, aufregender aber noch Aachen 2002. Über 10 000 Bochumer begleiteten ihre Mannschaft dorthin zum letzten Saisonspiel. Der VfL siegte in Unterzahl und sprang fünf Minuten vor Schluss erstmals in der Saison auf einen Aufstiegsplatz.
Das legendäre erste Zweitligaspiel aller Bochumer Zeiten fand passenderweise in Meppen statt, wo plötzlich die Bierbude durch die Auswärtskurve tanzte. Unvergessen bleibt auch der Trip zum Europapokalspiel nach Trabzon und der Fangesang von damals: „Das Schwarze Meer ist blau und weiß.“ Mehr Europapokal war nie, denn die anderen Spiele, gegen Brügge, Amsterdam und Lüttich, waren ja nicht viel weiter weg, als nach Bremen oder Stuttgart zu fahren.
Nur ist all das länger her, als den meisten Fans des VfL Bochum lieb ist. 2010 sind die einstmals „Unabsteigbaren“ zum sechsten Mal aus der Bundesliga abgestiegen, und anders als zuvor ging es nicht direkt wieder zurück nach oben. Inzwischen spielt der Klub seine neunte Saison in der zweiten Liga in Folge, was mitunter schon auf die Stimmung schlägt.
„Der VfL-Fan ist abwartend, er will zurückerobert werden“, sagt Dirk Michalowski, den alle „Moppel“ nennen und der seit 21 Jahren Fanbeauftragter des Klubs ist. Man könnte das auch so formulieren, wie Moppel das nie tun würde: Der VfL-Fan neigt dazu, leicht zickig zu sein und seine schlechte Laune zu kultivieren. Das war übrigens schon vor der Verbannung in die Zweitklassigkeit so. In der Ostkurve gab es sogar mal handgreifliche Auseinandersetzungen angesichts der Frage, ob Peter Neururer noch der richtige Trainer für den VfL Bochum sei oder nur ein populistischer Sprücheklopfer. Im September 2009 mobbte das Bochumer Publikum dann den damaligen Coach Marcel Koller weg, weil er angeblich zu langweilig spielen ließ. Bei einem Heimspiel gegen Mainz 05 trieb die Ostkurve ihr Team trotz Führung in die Niederlage, Koller musste wirklich gehen. Am Ende der Saison stand zur Strafe der bislang letzte Abstieg. Er wurde durch ein 0:3 gegen Hannover 96 besiegelt, im Anschluss daran gab es Krawalle. „Ich glaube, dass damals etwas kaputtgegangen ist“, sagt Dirk Michalowski.
Was genau da zerbrach, vermag er nicht zu sagen. Aber vielleicht ahnen die meisten Fans, dass ihr Klub ein Modernisierungsverlierer ist. Die Nachbarn aus Dortmund und Schalke waren zwar immer schon größer, aber inzwischen haben sie sich wirtschaftlich in Galaxien verabschiedet, die aus Bochum nur noch mit dem Teleskop zu beobachten sind. Weil das so ist, haben sich inzwischen die Fans des VfL Bochum und die von Arminia Bielefeld gegenseitig als Antipoden ausgeschaut, man ist schließlich etwa in der gleichen Gewichts- und zumeist auch Spielklasse unterwegs. Da kann man sich auf Augenhöhe schmähen und sogar komplizierte Gesänge anstimmen: „Wir sahen Seuchen, wir sahen Kriege, doch das schlimmste auf der Welt, Ostwestfalen-Idioten, scheiß Arminia Bielefeld.“ Nun ja, in Bielefeld werden sie über komplementäres Liedgut verfügen.