Den ausländischen Arbeitern in Katar geht es besser, jetzt, wo der Fußball da ist. Sagte zumindest Karl-Heinz Rummenigge, ließ seine Mannschaft mal wieder nach Katar fliegen und verwies auf Zustimmung aus der Politik. Zustimmung, die noch immer fehl am Platz ist.
Aber nicht alle Beobachter sind damit zufrieden: Human Rights Watch, eine nicht staatliche Organisation für Menschenrechte, sieht weiterhin Handlungsbedarf in dem kleinen Emirat: „Die Regierung Katars hat bereits öfters Reformen angekündigt. Sie wurden allerdings nicht umgesetzt – oder gingen nicht weit genug“, sagt Minky Worden, Director of Global Initiatives bei Human Rights Watch in New York. Ein weiteres Problem sei die fehlende Transparenz in dem Land. Hält man sich an die Vorgaben auf den Baustellen? Wird nach den neuen Gesetzen gehandelt? Katar hält sich bedeckt.
Hinzu kommt das Kafala-System: Da ausländische Arbeiter über 80% der Erwerbstätigen in Katar ausmachen, ist die Bürokratie des Staates überfordert. Deshalb braucht jeder ausländische Arbeiter einen Bürgen, meistens den Arbeitgeber, der sich um seine Registrierung kümmert und ihm dafür als Sicherheit den Pass abnimmt. Da bei Unstimmigkeiten der Arbeitgeber jederzeit den ausländischen Arbeiter ausweisen kann, sind die Arbeiter von ihren Arbeitgebern abhängig in einem Land, in dem es weder Mindestlohn noch Gewerkschaften gibt. Für Worden ist dies nichts Neues: „Wenn wir uns die Länder ansehen, die große Sportevents austragen, sehen wir häufig schlechte Arbeitsbedingungen für ausländische Arbeiter. Die Umwelt wird verschmutzt, die Pressefreiheit eingeschränkt.“
Kontrolle ist besser
In Bezug auf Rummenigges Kommentar, dass es sich hierbei um ein Vertrauensverhältnis handelt, gibt sie sich diplomatisch: „Wenn man von einer vertrauensvollen Beziehung spricht, dann ist es wichtig, die Richtung zu hinterfragen, in die diese Beziehung führt. Sie sollte zu Reformen führen. Oder zu Fragen, warum die Reformen nicht umgesetzt werden. Oder warum es keine Gewerkschaften in diesem Land gibt.“ Der FC Bayern könnte wie jeder andere Klub oder Nationalmannschaft, die zum Trainieren oder zur WM nach Katar kommen würden, Druck auf das Emirat auszuüben. Denn dass die Stadien nun unter besseren Umständen gebaut werden würden, reiche nicht aus, um dies als Erfolg für den Fußball zu titulieren. „Die Mannschaft nutzt ja auch die gerade fertiggestellten Hotels oder die neue Infrastruktur auf dem Weg ins Stadion, die unter gefährlicheren Bedingungen gebaut wurden.“
Trotz all den Rückschlägen gibt sich Worden weiterhin hoffnungsvoll: „Ich glaube, dass deutsche Fans nicht in einem Stadion sitzen wollen, für das ausländische Arbeiter mit ihrem Leben gezahlt haben“, sagt sie und hofft darauf, dass die Fans ihren Verein an seine Werte erinnern: Gleichberechtigung und Fairness. Karl-Heinz Rummenigge wäre in Anbetracht der Lage in Katar ein altes Sprichwort zu empfehlen: Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser.