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Und dann gibt es ihn, diesen Moment, in dem man das Gefühl hat, der Film könnte tat­säch­lich das erfüllen, was er voll­mundig ver­spro­chen hat. Dieses Nah-Dran-Sein. Den intimen Ein­blick in das Innen­leben einer Mann­schaft, die vor knapp drei Monaten den Welt­meis­ter­titel gewann und mit ihrem Willen und sym­pa­thi­schen Auf­treten en pas­sant die Herzen vieler Fans dies- und jen­seits der Lan­des­grenzen erobert hatte.

„… when you say not­hing at all“

In diesem Moment steht Natio­nal­mann­schafts­neu­ling Chris­toph Kramer auf einer ros­tigen Fähre in Rich­tung der DFB-Wohl­fühl­oase Campo Bahia“ und singt für seine neuen Team­ka­me­raden. Soeben hat die Mann­schaft das Eröff­nungs­spiel der WM gegen Por­tugal mit 4:0 gewonnen. Es ist dunkel, am klaren Himmel leuchten die Sterne. Die Kamera wackelt, man kann im Grunde nur Schatten erkennen. Kramer löst den Initia­ti­ons­ritus auf seine Art. Er redet ein biss­chen zu viel, seine Stimme quietscht, ent­gleitet und dann schmet­tert er voller Inbrunst die Pop­schnulze When You Say Not­hing at All“ von Ronan Kea­ting. Erst allein, dann steigt die Mann­schaft ein. Ihre Stimmen hallen durch den Dschungel von Port Seguro. Ein Life­time-Moment. Die Mann­schaft, die bald Welt­meister sein wird, ist ganz nah bei sich.

Ent­gegen Kra­mers Lied gewor­denem Wunsch wird dann aber doch viel geredet. Und leider bleibt diese Szene auch die ein­zige im gesamten Film, in der das so ist, denn der Rest der 90-minü­tigen Doku­men­ta­tion ist ein viel zu lang gera­tenes PR-Video, dem man an allen Ecken und Ende anmerkt, dass es offenbar nie­mals geplant war, eine abend­fül­lende Doku­men­ta­tion zu pro­du­zieren. End­lose Bus­fahrten, noch end­lo­sere Zeit­lu­pen­ein­stel­lungen von Tisch­ten­nis­spielen, Ball­an­nahmen, Strand­läufen. Es wird viel Zeit geschunden, ganz so, als sei man noch mitten in der Nach­spiel­zeit des WM-Finals gegen Argen­ti­nien.

Alle spielen ihre Rolle

Gespro­chen wird vor allem über den beson­deren Geist der Mann­schaft, einzig fil­mi­sche Nach­weise aus dem Herzen des Teams bleiben nahezu aus. Ein fei­xender Lukas Podolski hier, ein grie­nender Thomas Müller im Dirndl, wieder ein fei­xender Podolski, Philipp Lahm beim Pool­plausch, noch mal ein fei­xender Podolski, die Par­ty­ka­none Per Mer­te­sa­cker, ein grü­belnder Natio­nal­trainer, der im Licht seiner Schreib­tisch­lampe über dem nächsten Match­plan brütet. Jeder Ein­zelne besetzt die Rolle, die man sowieso schon vom ihm kennt. Da unter­scheidet sich der Film also kaum von gän­gigem Pop­corn­kino. Alles aus größt­mög­li­chem Abstand ein­ge­fangen, ohne den unter­schied­li­chen Cha­rak­teren der Mann­schaft auch nur eine Sekunde nahe zu kommen. Dazu gibt es Inter­view­sequenzen, in denen die Prot­ago­nisten noch einmal ihre Sicht auf den Tur­nier­ver­lauf preis­geben. Credo: alles super, keine Pro­bleme, alles richtig gemacht, wir sind die Geilsten. Dass sich aus­ge­rechnet Oliver Bier­hoff immer wieder in Wider­sprü­chen ver­strickt, ist jedoch erstaun­lich. Einer­seits fabu­liert er immer wieder über den per­fekten Standort Campo Bahia als Ruhe­oase und eigene kleine Natio­nal­mann­schafts­welt, um dann im nächsten Satz die extreme Rei­se­be­las­tung der Spieler zu bemän­geln. Dabei hätte man sich zumin­dest einige Flug‑, Bus- und Fähr­fahrt­stra­pazen sparen können, wenn man kein Fünf-Sterne-Spa in den Regen­wald gehauen hätte. Der Rest ist das, was man von einer Fuß­ball­mann­schaft in der Frei­zeit so erwartet. Also wenig. Es wird auf Adi­letten durch die Gegend geschlurft, auf das Smart­phone geglotzt, Fuß­ball geguckt. – das ganz nor­male Leben eben. Daraus kann man den Spie­lern keinen Vor­wurf machen. Im Gegen­teil, es ist eher beru­hi­gend zu sehen, dass auch ein Fan­ta­sie­leben im Par­al­lel­uni­versum ganz schön öde sein kann.