Englische Journalisten befürchten, dass Bayern, Real Madrid oder der FC Barcelona Gareth Bale verpflichten könnten. Vor lauter Sorge haben sie die Kampagne „Keep Bale in Blighty“ ins Leben gerufen. Ihr Ziel: Den Vorzeigefußballer in England halten.
Bedrohliche Wolken ziehen auf über dem britischen Inselreich. Es braut sich etwas zusammen am Horizont. Und es ist nicht etwa der sprichwörtliche „Pea soup fog“, die alltägliche Schlechtwetter-Smog-Grausuppe, die die Gemüter der Insulaner momentan bedrückt. Es ist, wie so oft, der Fußball.
Gareth Bale, Lichtgestalt der Premier League
Die Besorgnis hat einen Grund: Gareth Bale, der derzeit in allen englischen Medien als der Heilsbringer der Premier League gilt, soll ganz oben auf dem Einkaufszettel der großen europäischen Vereine stehen. Und da der fußballerische Stolz nach Guardiolas Entscheidung für die Lederhose noch arg angekratzt ist, soll ein erneutes Fiasko unbedingt vermieden werden. „English Football needs Gareth Bale!“, schrieb sich die „Sportsmail“, die Sport-Sparte der „Dailymail“ auf die Fahnen.
Die Zeitung hat die Kampagne „Keep Bale in Blighty“ („Haltet Bale in der Heimat“) ins Leben gerufen. Die gesamte Aktion mutet an wie der verzweifelte Versuch eines Ehemanns, der seine abtrünnige Gattin anfleht, es sich noch einmal zu überlegen, bevor sie mit dem Gärtner durchbrennt („Please don’t go!“). Entsprechend sieht die grafische Umsetzung des Logos aus: Der Slogan ist in das Jubelherz eingebettet, das Bale nach fast jedem seiner Treffer mit seinen Händen vor der Brust formt.
Bale-issimo
Die Kampagne in Lokalkolorit ist der bisherige Höhepunkt des Bale-Hypes. Und doch ist diese Aktion nur die Spitze des Eisbergs. Derzeit liebt fast ganz England den Waliser von Tottenham Hotspur abgöttisch. Diese Saison gelangen ihm in 38 Pflichtspieleinsätzen bereits 23 Tore und elf Vorlagen. Angesichts Bales schnörkelloser Spielweise läuft englischen Fußball-Blogs der Sabber zu den Ohren heraus, im Stundentakt werden Highlight-Videos („Bale-issimo“) aus allen Rohren gefeuert. Der Sky-Kolumnist Jeff Stelling, quasi der Franz Josef Wagner Englands, schrieb Anfang Februar sogar: „Bale is a better player than Ronaldo“. Und selbst Bales Vorgesetzter, der Spurs-Trainer Andres Villas-Boas, schloss sich der Lobhudelei an: Bales „Weltklasse-Qualitäten“ ähnelten denen von Ronaldo und Messi. Mindestens.
Sogar mit den ansonsten eher sachlich bis nüchternen Kollegen der „BBC“ scheint es im Überschwang der Gefühle durchgegangen zu sein: Bales Traumtor in der Nachspielzeit gegen West Ham United zollten sie mit einer Bale-Bilderflut auf Ihrer Startseite Tribut. Gleich fünf Mal war das Konterfei des Linksaußen auf der BBC-Website zu sehen. Zum Vergleich: Sonst noch zu sehen waren Balotelli (einmal) und Beckham (einmal).
Selbstverletzungstendenzen
Nicht einmal Bales Reputation als Schwalbenkönig der Premier League trübt das gleißende Licht um Englands neue Lichtgestalt (er sah wiederholt gelbe Karten nach andimöllerschen Ausflügen in den gegnerischen Strafraum). Irren ist menschlich und vergeben göttlich, meint die „Dailymail“ in ihrer Aktion: „Eine Generation unschuldiger Kinder muss ihn in Aktion erleben. Wir vergessen einfach, dass er hin und wieder etwas leicht gestolpert ist…Die Premier League braucht Helden…Gareth Bale ist genau der Richtige für diese Rolle.“ „Denkt doch einer mal an die Kinder!“, hört man die besorgten Erwachsenen rufen.
Zu guter Letzt betet die Kampagne unter Selbstverletzungstendenzen die Namen der europäischen „Big Guns“ herunter, die den Angehimmelten abspenstig machen wollen. In einem Artikel der „Daily Mail“ werden die üblichen Verdächtigen gelistet. Real Madrid, der FC Barcelona und Paris Saint-Germain. Außerdem findet sich dort ein bedrohlich wirkendes Bild gestellt. Das dominierende Motiv: Dunkelheit. Ein Porträt wie von Caspar David Friedrich. Lediglich der dunkle Nebel am düsteren Horizont fehlt. Von diesem Bild, soviel ist sicher, geht die größte Gefahr aus. Zu sehen ist: Pep Guardiola.