Schalke-Ultras nehmen Benjamin Stambouli nach dem Debakel gegen Düsseldorf die Kapitänsbinde ab, die sie der Mannschaft vor der Saison geschenkt hatten. Die Empörung darüber ist groß. Dabei geht es vor allem um eine Frage des Stils.
„Die Binde soll unsere Elf die komplette Saison über begleiten und den Arm unseres Kapitäns bei den Spielen und sicherlich schwierigen sportlichen Aufgaben in Europa schmücken.“ So schrieben es die „Ultras Gelsenkirchen“ am 17. August 2018, also vor nicht mal sieben Monaten, auf ihrer Homepage. Kurz zuvor hatten sie Schalke-Kapitän Ralf Fährmann und seinen Teamkollegen diverse extra angefertigte Nordkurven-Kapitänsbinden und eine dazugehörige Urkunde überreicht.
Die Mannschaft posierte mit Binden und Urkunde auf dem Trainingsplatz für ein Foto. Zusammen mit einem Ultra, lächelnd, vielleicht sogar ein bisschen stolz. Immerhin galten die Binden als Dankeschön für die Vizemeisterschaft, als Anerkennung für die auch von der Einstellung her grandiosen Derby-Leistungen in der Saison 2017/2018. Und vor allem auch als Zeichen für den zukünftigen Zusammenhalt zwischen Fans und Mannschaft.
Die komplette Saison? Nun ja…
Spätestens nach dem 0:4 gegen Düsseldorf ist von diesem Zusammenhalt nicht mehr viel übrig. Um das zu demonstrieren, betraten die beiden Vorsänger der Ultras kurz nach Schlusspfiff den Platz und redeten zunächst auf den mittlerweile zum Ersatzkeeper degradierten Ralf Fährmann und dann auf Aushilfskapitän Benjamin Stambouli ein, um danach mit recht entschiedenen Gesten die Binde zurückzufordern. Stambouli leistete Folge, die Ultras verließen mit der Beute in der Hand und unter Applaus vieler Fans wieder den Platz. „Die Binde soll unsere Elf die komplette Saison über begleiten“? Nun ja.
Die Aufregung über den einigermaßen kuriosen Vorgang ist groß. Und es gibt ja auch diverse Punkte, die sich am Verhalten der Ultras kritisieren lassen. Warum eine derart breitbeinige Ansage direkt nach Abpfiff, mit tausenden Zuschauern im Stadion, darunter zig Journalisten? Warum einen Mann wie Benjamin Stambouli öffentlich demütigen, dem man zwar genau wie den anderen Spielern eine miserable Leistung, nicht aber mangelndes Herzblut für den Verein vorwerfen kann?
Und weshalb das alles in einem Setting wie dem unmittelbar nach Abpfiff, als aus wutverzerrten Mündern Flüche Richtung Trainer und aus enthemmten Händen Bierbecher Richtung Mannschaft flogen? So dass die Situation insgesamt nach unehrenhafter Entlassung aussah, nach Marktplatz und Tomaten, nach Daumen runter im antiken Rom. Den Vorwurf, Ultras seien Selbstdarsteller und nähmen sich selbst zu wichtig, wird man mit Aktionen dieser Art jedenfalls nicht entkräften.
Was schade ist, denn eigentlich waren die Fans und vor allem die Nordkurve bis zum Spiel gegen Düsseldorf für Schalker Verhältnisse und trotz der teilweise erbärmlichen Leistungen lange Zeit erstaunlich ruhig und verständnisvoll geblieben. Darüber, dass sie die Mannschaft nach dem dritten tor- und leblosen Bundesligaspiel im eigenen Stadion in Folge nun mit Liebesentzug abstrafen, sollte sich also niemand beschweren. Zumal sich die Spieler nach Siegen ja auch gerne von der Kurve feiern lassen.
Weniger Tamtam – gleiche Botschaft
Auch dass die Nordkurve nicht länger möchte, dass der Schalker Mannschaftskapitän mit einer Binde mit der Aufschrift „Nordkurve“ auf den Platz geht, ist prinzipiell nicht verwerflich. Es fällt zwar leicht, die Symbolik dahinter peinlich zu finden, den verletzten Stolz und den vermaledeiten Ehrbegriff, das teenagerhafte Eingeschnapptsein. Aber am Ende des Tages kann die Fanszene nun mal selbst entscheiden, wer von ihr unterstützt wird und wer nicht. Die Ultras sind keine Jubelperser.
Das Problem im Zusammenhang mit der Kapitänsbinde ist deswegen nicht die Frage nach dem Warum, sondern die Frage nach dem Wie. Und in diesem Fall hätten sich die Ultras einen großen Gefallen getan, wenn sie den Spielern die Binde so weggenommen hätten, wie sie sie ihnen im Sommer verliehen hatten. Beim Training. Ohne tausende Zuschauer. Ohne, dass ein Spieler danach noch mit brüchiger Stimme durch die Mixed Zone muss. Ohne großes Tamtam. Die Botschaft wäre trotzdem angekommen.