Partien ohne Zuschauer sind nichts Neues, selbst Epidemien als Auslöser für Geisterspiele hat es schon gegeben. Andere Gründe waren zum Beispiel die Politik oder plötzlicher Harndrang nach drei Gegentoren.
So, da haben wir also nun die ersten Geisterspiele der Bundesliga. Jedenfalls wenn man den Begriff so versteht, wie wir das heutzutage tun. Früher waren „Geisterspiele“ nämlich etwas anderes. Bis Mitte der Siebziger bezeichnete man mit dem Ausdruck vornehmlich Partien, bei denen zwar Zuschauer anwesend waren, diese aber nichts sehen konnten. In der Regel handelte es sich um Begegnungen im Herbst und Winter, bei denen starker Nebel für schlechte Sicht sorgte.
Das letzte dieser einst nicht seltenen Spiele in der Bundesliga war das Duell zwischen 1860 München und dem HSV im Dezember 1977. Bis dahin galten die Bedingungen als regulär, solange der Schiedsrichter von der Mittellinie aus beide Tore sehen konnte. Das tat Referee Peter Gabor offenbar an jenem ungemütlichen Tag im Olympiastadion, und so war es egal, dass selbst viele der Spieler die vier Tore beim 2:2‑Unentschieden nur erahnten. Knapp zwei Monate nach dieser Farce änderte der DFB seine Vorschriften und gab die bis heute gültige Anweisung heraus, nach der ein Unparteiischer von einem Tor aus das andere erkennen muss. Damit war die Mindestsichtweite auf einen Schlag verdoppelt – und klassische Geisterspiele wurden zur Seltenheit.
Seither wird das Wort benutzt, um Spiele hinter verschlossenen Türen zu bezeichnen, vielleicht weil die Atmosphäre als gespenstisch empfunden wird. Gründe für solche Geisterspiele gibt es viele – sogar eine Epidemie als Auslöser ist nicht Neues. So wurden schon vor mehr als zehn Jahren, im April 2009, in Mexiko wegen der Schweinegrippe fast 200 Spiele der obersten vier Ligen vor leeren Rängen ausgetragen. Darunter war übrigens auch der Klassiker Pumas gegen Chivas, bei dem ein 20-Jähriger namens Chicharito ein schönes Flugkopfballtor erzielte.
Ein paar Tage später trat Chivas in der Copa Libertadores bei Everton CD in Chile an. Kurz vor dem Ende kam es zu einer Rangelei, und der mexikanische Verteidiger Hector Reynoso verlor die Nerven. Erst hustete er seinem Gegenspieler ins Gesicht, danach schraubte er den Ekelfaktor dramatisch nach oben, indem er versuchte, den Chilenen mit einem sogenannten „Kutschergruß“ zu treffen. Da man zu diesem Zeitpunkt noch glaubte, es wären schon weit mehr als hundert Mexikaner an der Schweinegrippe gestorben, fand niemand das besonders amüsant. Reynoso bekam eine Sperre aufgebrummt, die noch im Wettbewerb verbliebenen Teams aus Mexiko wurden von der Copa ausgeschlossen. (Mitte Mai korrigierten die Behörden die Zahl der Opfer dann drastisch nach unten, auf etwa zwanzig.)