Der aufregendste Klub Deutschlands? Der MSV Duisburg! Sagt jedenfalls Tristan Strothmann. Und der Bielefeld-Fan muss es wissen, schließlich hat er es ausgerechnet.
Tristan Strothmann, in einem datenbasierten Experiment haben Sie versucht herauszufinden, welcher Klub der aufregendste in ganz Deutschland ist. Wie kam Ihnen diese Idee?
Ich stand als Fan von Arminia Bielefeld oft auf der Alm und hatte das Gefühl, dass ich, abgesehen von der Halbzeit, eigentlich keine fünf Minuten Zeit hatte, in denen ich mal etwas runterkommen konnte. Weil die Spiele oft so knapp waren und die Spielverläufe immer wieder Wendungen parat hatten. Wenn ich mir Arminias letzte Bundesligasaison anschaue, denke ich an ein paar deutliche Niederlagen, aber vor allem auch an sehr viele knappe Spiele. Ich habe mich also gefragt: Geht das jedem Fan bei seinem oder ihrem Verein so? Oder ist das bei Arminia irgendwie speziell? Ich wollte dieses Gefühl von Aufregung mit Daten greifbar machen und Vergleichswerte herstellen.
Dafür haben Sie die letzten zehn Jahre der ersten drei Ligen angesehen und sich fünf Kategorien vorgenommen: Tore, Tordifferenzen, Saisonverläufe, Monotonie in Sachen tabellarischer Platzierung und die Häufigkeit der Trainerwechsel. Warum haben Sie sich für diese Messwerte entschieden?
Ich habe mich gefragt: Was finde ich denn eigentlich spannend? Tore, klar. Aber ist es wirklich noch aufregend, wenn die eigene Mannschaft beispielsweise jedes Spiel mit 5:0 gewinnt? Das ist der Faktor Knappheit, den ich in Form der Tordifferenzen einfangen wollte. Außerdem stellte ich mir die Frage, welche Saisonverläufe spannend sind. Hängt die Lieblingsmannschaft im Tabellenkeller fest oder hat sie die Aussicht auf Europa, kann sich das aufregender anfühlen als eine Saison, in der sie nur zwischen Platz acht und zwölf pendelt. Mit diesen drei Faktoren habe ich die ersten Versuche gestartet.
Tristan Strothmann kommt aus Bielefeld (40) geht seit 25 Jahren auf die Alm. In seiner Freizeit experimentiert er gerne mit Statistiken im Zusammenhang mit verschiedensten Bundesligathemen. Die daraus resultierenden Arbeiten finden sich hier.
Was kam dabei raus?
Wenig überraschend standen die Bayern und der BVB immer ganz vorne. Weil bei ihren Spielen viele Tore fallen und sie sich in der Regel immer unter den ersten vier Plätzen befinden und damit um den Titel spielen. So tat sich eine weitere Frage aus: Ist es, trotz des vermeintlichen Erfolgs, noch spannend, wenn der eigene Klub immer auf dem gleichen Platz landet? So kam der Faktor Monotonie ins Spiel. Dazu gibt es praktische Gründe: Ich musste diese Daten ja irgendwo herkriegen und zum Glück gibt es mit transfermarkt.de eine Unterseite, auf der ich so gut wie alles finden konnte. Auch die Trainer, die in den jeweiligen Jahren im Amt waren, listet die Seite auf. Dementsprechend habe ich den Faktor Trainerwechsel noch miteingebaut. Klar ist aber: Das alles ist nur ein erster Versuch. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich gerne noch weitere Faktoren miteinbeziehen. Zum Beispiel Platzverweise, die Zeitpunkte, zu denen die Tore fallen und die Verläufe der einzelnen Spiele. Und sowieso: Jeder Fan tickt anders, das ist mir bewusst.
Sie meinen, dass Aufregung eben Geschmacksache ist.
Genau. Deswegen ist die Clusterung, die ich am Ende des Versuchs durchgeführt habe, auch extrem wichtig. Denn jeder Fan würde die einzelnen Faktoren für sich als unterschiedlich wichtig einstufen.
„Überall mit einem Dezibelmesser vor Ort zu sein, geht natürlich nicht“
Was sich in der Studie bislang noch nicht findet, sind Faktoren, die sich mit den äußeren Bedingungen und dem Umfeld des Vereins auseinandersetzen.
Das stimmt. Den Faktor Publikum würde ich sehr gerne noch einbauen. Der Zuschauerschnitt ist natürlich einfach zu messen, dafür gibt es Daten. Anders sieht es dann schon mit der Stimmung aus. Da müsste ich mir genau überlegen, wie ich die messe und standardisiere. Und auch dieses Thema ist wahnsinnig subjektiv. Die einen sagen nach dem Spiel: „Wir hatten wieder die geilste Stimmung überhaupt.“ Die anderen sagen: „Das war ja wieder nur Kinderchor.“ Und überall mit einem Dezibelmesser vor Ort zu sein, geht natürlich nicht. Was dagegen messbar und spannend wäre, sind Faktoren wie der Abstand der Fans zum Spielfeldrand und welche Auswirkung, das haben könnte.