Wenn Cristiano Ronaldo heute im EM-Viertelfinale mit Portugal auf Polen trifft, ist ihm die Ablehnung der Zuschauer sicher. Über einen genialen Fußballer, der einfach nicht gemocht wird.
Alex Ferguson hat mal gesagt, es gebe nur zwei Möglichkeiten, Ronaldo zu stoppen: „Plan A: eine Machete! Plan B: ein Maschinengewehr!“ Der Trainer Ferguson hat Ronaldo auf die Weltbühne geholt, im Sommer 2003, als er mit Manchester United zu einem Testspiel bei Sporting Lissabon gastiert.
United ist gerade zum 15. Mal Meister geworden, aber der 18-jährige Ronaldo schert sich einen Dreck um große Namen und englische Grätschen. 90 grandiose Minuten lang narrt er Uniteds Verteidigung mit seinen Finten, und noch auf dem Rückflug nach Manchester besteht Ferguson darauf, das Bürschlein aus der portugiesischen Sonne in den nordenglischen Regen zu holen.
Cristiano Ronaldo kommt über England wie ein Kulturschock
Für 1,7 Millionen Euro wechselt Ronaldo ein paar Wochen später nach Manchester. Die Premier League von 2003 ist noch nicht das Spektakel von heute, sondern eine eher körperlich geprägte Veranstaltung, in der Grätschen mehr gefragt sind als kunstvolle Dribblings. Cristiano Ronaldo kommt über England wie ein Kulturschock. Bei seinem Debüt gegen Bolton sitzt er erstmal auf der Bank.
Wer sich den Ronaldo von damals anschaut, sieht einen anderen Menschen, einen anderen Fußballspieler. Das Haar ist noch nicht gegelt, sondern lockig und mit blonden Strähnchen durchsetzt. Babyspeck und Pubertätspickel zeichnen seine Pausbacken, das Trikot fällt weit über die noch schmalen Schultern, über den schwarzen Stutzen trägt er weiße Tennissocken.
Nach einer Stunden kommt Ronaldo für Nicky Butt ins Spiel, er kaut aufgeregt auf einem Kaugummi. Gleich nach ein paar Sekunden wird er wüst umgegrätscht. Ronaldo schüttelt sich kurz, aber schon ein paar Sekunden später schiebt er sich den Ball durch die eigenen Beine, touchiert ihn dabei mit der Ferse, lässt zwei Gegner ins Leere laufen, und das Publikum rast vor Begeisterung.
Cristiano Ronaldo hüpft über den Platz wie Bugs Bunny und legt gleich los mit seinen Übersteigern, bei denen seine Beine in langen Schlaufen über den Ball kreisen. Die Gegner wissen nicht wohin, sie versuchen ihn zu treffen und kommen doch immer zu spät, denn Ronaldo führt seine Zirkustricks in atemberaubender Geschwindigkeit vor.
Der BBC-Reporter japst: „Absolutely sensational!“ Der „Guardian“ verpackt seine Ehrerbietung in die schöne Formulierung: „Der Mann hat mehr Tricks drauf als ein Fass voller Zirkusaffen.“