Heute Nacht bestreitet Didier Drogba sein letztes Spiel als Fußballprofi. Er wird in die Geschichte eingehen als einflussreichster Spieler seiner Generation. Weil er seine Meinung sagte, als es wirklich zählte.
Die Szene, die fast alles über Didier Drogba erzählt was man wissen muss, findet in einer Umkleidekabine statt, die so oder so ähnlich auch als Umkleidekabine von Ballrechten-Dottingen durchgehen würde. Also als die der zweiten Mannschaft. Es ist der Abend des 08.10.2005, vor wenigen Minuten hat sich die Elfenbeinküste mit Superstar Didier Drogba zum ersten Mal in der Geschichte für eine Weltmeisterschaft qualifiziert. Jetzt quetschen sich Drogbas Teamkollegen um den Stürmer, quetschen sich in die winzige Kabine von Khartoum, wo auf dem Platz gerade der historische 3:1‑Sieg gegen den damals noch ungeteilten Sudan eingetütet worden war.
Sie quetschen sich, damit möglichst viele der prominenten Gesichter von der Kamera eingefangen werden können, die sich auf Didier Drogba richtet. Dem Star und seiner Mannschaft haben grade fast alle der 23 Millionen Einwohner der Elfenbeinküste zugeschaut, sie saßen, trotz all der Gewalt, all der Toten, all der Gräuel des tobenden Bürgerkriegs, vor ihren Fernsehern und jubelten ihrer Mannschaft zu. Jetzt wollen sie hören, was Drogba zu sagen hat. Der nimmt ein Mikrofon in die Hand und richtet seine Wort an das ivorische Volk.
16 Tore in 25 Spielen – mit 40 Jahren
13 Jahre später ist Drogba noch immer einer, der in Fußballkabinen den Ton angibt. Klar, nicht mehr in denen von internationalen Spitzenteams wie Marseille oder Chelsea oder Galatasaray, aber, immerhin noch in der von Phoenix Rising. Der US-Klub spielt in der zweitklassigen USL, Drogba schloss sich dem Team im April 2017 an und schoss seitdem 16 Tore in 25 Einsätzen. Zur Erinnerung: Didier Drogba ist seit diesem März 40 Jahre alt.
Heute Nacht um 02:00 Uhr deutscher Zeit wird er ein letztes Mal in seiner Karriere vor dem Spiel eine Ansage machen, vor dem gegen Louisville. Auch wenn zweite US-Liga und Louisville danach klingt, unbedeutend ist die Partie nicht. Es geht in dem als Cup-Finale deklarierten Spiel um den Aufstieg in die MLS. Man könnte sagen: Eine Situation, in der man sich auf einen wie Drogba verlassen kann.
„Wenn ich einen Spieler wählen müsste, mit dem ich in die Schlacht ziehe, wäre es Didier“
Der war schon immer dann besonders stark, wenn sich die Kameras in großen Spielen auf ihn richteten. In seinem ersten League-Cup-Finale etwa, als er Chelsea mit einem Traumtor in der Verlängerung gegen Liverpool zum Sieg schoss. Oder im Mai 2012, in München, in der Nachspielzeit, als die Bayern nur noch diesen einen Eckball verteidigen mussten, um endlich die Champions-League zu gewinnen. Oder ein paar Minuten später, nach seinem Kopfballtor zum 1:1 und zum Graus aller Finale-Dahoam-Jünger, als er das Nervenspiel im Elfmeterschießen gegen Neuer eiskalt für sich entschied. Oder, oder, oder.
Insgesamt kommt Drogba auf elf Tore (ohne Elfmeter) in Finalspielen. Allein für seine Vereinsmannschaften. Er gewann die englische Meisterschaft, viermal, genauso oft den FA Cup, wurde dreimal League-Cup-Sieger, gewann die Champions League, wurde Türkischer Meister, in Frankreich und England Torschützenkönig, zweimal – trotz Samuel Eto’o – Afrikanischer Fußballer des Jahres. Manchesters Nemanja Vidic nannte ihn den härtesten Gegenspieler seiner Premier-League-Laufbahn, Frank Lampard verglich Drogbas Körper mit einer Maschine. José Mourinho sagte: „Wenn ich einen Spieler wählen müsste, mit dem ich in die Schlacht ziehe, wäre es Didier.“