Jagdszenen, Schläge, Drohungen – auf Schalke gingen Fans nach dem Abstieg auf die eigenen Spieler los. Was war genau passiert? Die Hintergründe zu einer fatalen Nacht.
Darüber kursieren verschiedene Versionen: In einzelnen Medienberichten heißt es, dass die Schalker Anhänger in Rage gerieten, weil rivalisierende Ultras aus Dortmund und Essen in Gelsenkirchen ein Feuerwerk als Ausdruck ihrer Freude über den Schalker Abstieg zündeten. Dies geschah aber viel früher und an einem anderen Ort.
Eine weitere Version lautet, dass ein lapidarer Satz aus dem Spielerkreis nach der Rede des Ultra-Vorsängers für die Wut des Mobs sorgte: „Seid ihr jetzt endlich fertig?“ In einer dritten Version verschärfte sich die Situation, als Eier flogen und ein Bengalo brannte. Daraufhin liefen Mark Uth und weitere Spieler davon, um sich in Sicherheit zu bringen. Teile der Fans verfolgten die flüchtenden Spieler und demolierten ihre Autos, andere attackierten jene Spieler und auch Co-Trainer Mike Büskens, die vor dem Bus stehen geblieben waren. Gerald Asamoah schilderte später in einer Medienrunde: „Ein Mitarbeiter lag auf dem Boden und wurde getreten.“ Trainer Dimitrios Grammozis soll ebenfalls angegriffen worden sein – entgegen anderslautender Berichte blutete er aber nicht und trug auch keine Platzwunde davon.
Asamoah selbst soll nicht angegangen worden sein. Zudem soll jemand aus der Gruppe der Fans gerufen haben, dass Ralf Fährmann und Klaas-Jan Huntelaar verschont werden sollten. Um 1:36 Uhr, sieben Minuten nach Ankunft des Mannschaftsbusses, fuhr die Polizei vor. Die Fans flohen umgehend – es gab seitens der Polizei keine Festnahmen oder Identitätsfeststellungen. Ein Polizeisprecher bestätigte auf Nachfrage, dass später in der Nacht mehrere Personen Suat Serdar bis zu seinem oder dem Haus eines Bekannten hinterhergefahren waren und sich erst bei Eintreffen der Polizei entfernt hatten. Diese Personen sollen nicht Teil der Menge am Stadion gewesen sein. Serdar war wohl der einzige Schalker Spieler, der in jener Nacht im Hotel übernachtete. Die anderen meldeten sich beim Verein, dass sie sicher zu Hause seien.
Die Mannschaft bekam für den Mittwoch und Donnerstag trainingsfrei, am Freitag trafen sich Mitarbeiter, Funktionäre und Spieler zu einer Sitzung. Dabei sprach Vorstand Peter Knäbel zu den Spielern und Mitarbeitern. Knäbel sagte am Freitag gegenüber „Sky“: „Ich habe mich stellvertretend für Schalke 04 für die Geschehnisse bei den Mitarbeitern und Spielern entschuldigt. Unsere Mitarbeiter waren in Gefahr, der Verein übernimmt in diesem Moment die Verantwortung.“
Er habe den Spielern nun freigestellt, ob sie in den nächsten Spielen auflaufen wollen. Zwar habe keiner größere Blessuren davongetragen, aber die mentalen Schäden seien groß. Das Training soll erst wieder am Montag weitergehen – unter verschärften Sicherheitsmaßnahmen.
Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, dass der Verein Polizeischutz beantragt habe. Die zuständige Behörde in Gelsenkirchen sagte am Freitag, dass es eine solche Anfrage bisher nicht gegeben habe. Derzeit plant der Verein die Maßnahme auch nicht. Er kündigte jedoch an, Strafanzeige zu erstatten. Am Wochenende hat Schalke spielfrei, weil sich Gegner Hertha BSC in Quarantäne befindet. So hat der Verein noch etwas Zeit, die Nacht von Dienstag auf Mittwoch aufzuarbeiten – und zu verarbeiten.