Er nennt sich selbst einen Internet-Clown und erreicht mit seinen Sprüchen hunderttausende Menschen täglich: Sebastian „El Hotzo“ Hotz über schöne Trikots, Reichsflaggen bei der WM und Notifications von Mats Hummels.
Mit konkreten Sprüchen gegen ihn oder anderen prominente Spieler halten Sie sich im Internet trotzdem zurück.
Während der WM 2018 waren ein paar gegen Müller dabei. Da habe ich auch Mats Hummels für seine antifaschistische Arbeit gedankt, nachdem er den Ball gegen Südkorea übers Tor geköpft hatte. Aber stimmt schon, danach kam nicht mehr viel in die Richtung. Was auch daran liegt, dass es extrem anstrengend ist, sich mit Fußballfans im Internet zu streiten.
Auf Fans wiederum hauen Sie gerne drauf, meistens nicht sonderlich differenziert. Das dürfte auch für Streit sorgen.
Das passiert, ja. Aber meistens gibt es nur Streit, weil ich mit den Fans in der Regel die Leute in den Vereinsheimen, die Stammtische, die Party-Patrioten meine. Und nicht die aktiven Fans oder Ultras. Die sich dann aber leider manchmal von mir angesprochen fühlen, wenn ich in Tweets von Fußballfans schreibe. Ich weiß, wie wichtig viele Ultragruppen in den Kurven sind in Bezug auf antifaschistische Arbeit. Ich weiß, dass es Quatsch ist, Ultras generell Kriminalität oder Nähe zum rechten Rand vorzuwerfen. Wie gesagt: In meinen Tweets sind die nicht gemeint.
Wie ist generell Ihr Verhältnis zur Nationalmannschaft?
2006, beim Aus gegen Italien, habe ich geflennt. Aber da war ich auch erst zehn Jahre alt. Mittlerweile finde ich fast alles, was im Dunstkreis vom DFB passiert, grauenhaft. Den Umgang mit Mesut Özil und Ilkay Gündogan bei der WM 2018, das Totschweigen von Rassismus in der und um die Nationalmannschaft herum, all das fand ich schlimm und bedenklich. Aber als der zynische Wichser, der ich bin, habe ich mir die Spiele bei der WM dann natürlich trotzdem angeschaut. Das Spiel gegen Südkorea sogar im Kreise meiner Deutschland-Trikot tragenden Mitbewohner. Der eine hatte Oreos, Wassermelone und Ananas als Schland-Fahne auf dem Tisch dekoriert. Ich fand es zum Schreien witzig. Das Ausscheiden übrigens auch. Und richtig, wir wohnen nicht mehr zusammen. (Lacht.)
Gegen Oreos, Wassermelone und Ananas gibt es eigentlich nicht viel einzuwenden. Konnten Sie ihrem Mitbewohner seine Begeisterung nicht einfach lassen?
Heute, als etwas reiferer Mensch, würde ich mich vielleicht ein wenig zurückhalten. Aber zum Thema „Nationalmannschaft abfeiern“ hatte ich kurz vor dem Südkorea-Spiel ein sehr prägendes Erlebnis. Beim Schweden-Spiel. Ein Verwandter meiner damaligen Freundin hatte eingeladen, der hatte Geburtstag, und dort wurde in einer umgebauten Scheune gefeiert. Die war wiederum in zwei Räume aufgeteilt. Der erste Raum war komplett mit FC-Bayern-Merch ausgestattet, so richtig over the top, Bayern-Schals als Tapete, ausgeschnitzte Logos in Feuerkörben. Dort waren wir zuerst, und um 18 Uhr hieß es dann: Wir schauen das Länderspiel drüben im anderen Raum. Danach ging die Tür auf, und in der Scheune war alles ausgekleidet mit Flaggen. Mit normalen Deutschlandflaggen – aber auch mit Reichskriegsflaggen, schwarz-weiß-rot, Naziflaggen. Da habe ich auf dem Absatz kehrt gemacht und bin wortlos heimgefahren. Das war offen rechts. Da konnte ich nicht Fußball schauen. Diese Fans waren rechts und nationalistisch. Auch deshalb ist für mich das Abkulten und Abfeiern von Deutschland bei großen Turnieren kaum ertragbar.
Was ist mit Tweets wie diesem? Können Sie den ertragen?
Nein. Das ist rundum lachhaft. Dietmar Hopp als Hurensohn zu beschimpfen ist sexistisch, da müssen wir nicht drüber reden. Aber sich ausgerechnet dann gegen Rassismus und Diskriminierung zu positionieren, wenn es um einen der reichsten Männer des Landes geht, ist lachhaft. Das macht mich wütend. Wo war er, als Özil beleidigt wurde? Wo ist der Post von Thomas Müller, wenn Moria brennt? Wo ist der Post zu Black Lives Matter? Aber wenn Dietmar Hopp beschimpft wird, dann ist er da?
Was ist Ihnen als Experte lieber: Der erste Tweet?
Oder der zweite?
Zunächst zwei Sachen: Accounts mit blauem Haken finde ich grundsätzlich unsympathisch. Und dass Leon Goretzka Bock hat, seinen Körper zu zeigen, checke ich total. (Lacht.) Zu dem zweiten Post kann ich nur sagen, dass das ein stinknormaler Agentur-Tweet ist. Ein genau berechneter Gag, ohne Kante, total egal, Reiswaffel-Social-Media. Jeder Kommentar zu diesem Ding ist komplett vorhersehbar. 30 mal #miasanmia, ein paar vor Lachen weinende Smileys und einer, der möchte, dass Goretzka zu Fenerbahce wechselt.
Gibt es bei all den austauschbaren Accounts trotzdem einen Spieler, dem Sie gerne folgen?
Mats Hummels. Aber nur, weil der ab und zu meine Tweets liked, und ich das dann immer sofort wissen will. Also folge ich ihm, und wenn ihm was von mir gefällt, bekomme ich sofort eine Notification. Meistens macht er das zu ganz seltsamen Zeitpunkten, 20 Minuten vor einem Spiel zum Beispiel. Da denke ich mir immer: „Junge, was schaust du jetzt gerade bei Twitter rein? Solltest du dich nicht auf das Spiel vorbereiten?“ Ich frage mich, was passieren würden, wenn ich dem mal in die DMs slide. Ob ich dann mal in Dortmund übernachten dürfte?
Gibt es einen Spieler, mit dem Sie gerne mal ein Bier trinken würden?
Mit Marc Schnatterer. Der hat eine Prominenz in Heidenheim, die wird nie wieder jemand dort erreichen. Heidenheim ist zwar ein egaler Ort, aber mit Schnatterer dort durch die Kneipen zu ziehen, muss großartig sein. Allein schon, weil man nirgendwo zahlen müsste. Und ich würde mich gerne mal von Dieter Hecking anschreien lassen. Ich denke, das würde in mir ganz neue Kräfte freisetzen, das könnte mein Leben verändern.