Seit seiner Kindheit ist Campino Fan des FC Liverpool. Hier spricht er über die erstaunlichen Parallelen zwischen Popstars und Fußballspielern, die Freundschaft zu Jürgen Klopp und den FC Liverpool als Dorfklub.
Und das Publikum projiziert viel in Stars.
Als Musiker oder Sportler solltest du nicht in die Falle tappen, zu glauben, der zu sein, für den die Leute dich halten. Das gilt im Guten wie im Schlechten. Heißt es etwa über die Toten Hosen, dass wir „alte Säcke“ oder „Kommerzschweine“ sind, beißen wir auf die Zähne und geben die Antwort auf dem Platz. Wenn wir also mit 250 anderen Bands bei „Rock am Ring“ spielen, wollen wir, dass die Leute nach Hause gehen und sagen: „Verdammt, die Toten Hosen gehörten zu meinen Top Drei, die haben wieder richtig Spaß gemacht.“ Da haben wir auch was Wettkampfmäßiges. Wenn man lange in der Öffentlichkeit steht, wird man außerdem aufmerksamer für Dinge, die einem anfangs nicht auffallen.
Was denn?
Man muss unterscheiden lernen zwischen Leuten, die nur nett zu einem sind, weil man prominent ist, und denen, die es aufrichtig meinen. Und dass es teilweise für die Menschen in unserem Umfeld nicht leicht ist, mit dieser ständigen Öffentlichkeit umzugehen.
Bekommt es eigentlich was Dorfklubmäßiges, wenn man mit den Spielern seiner Mannschaft befreundet ist?
Ja, die Bindung zum Team wird eine andere. Du erfährst am Telefon, wie schwer die Verletzung eines Spielers wirklich ist, er aber trotzdem auf den Platz geht. Dann weißt du auch, warum er vielleicht nicht gut performt hat, die anderen im Stadion wissen es aber nicht und man hört gehässige Sprüche. Du kriegst also auch die unschöne Seite mit.
Sind Sie inzwischen mit Jürgen Klopp richtig befreundet?
Ja, ich denke schon. Es gibt auch eine Ebene, wo Liverpool keine Rolle spielt. Wenn wir uns in den Ferien sehen, kann es sein, dass von Liverpool und Fußball gar nicht groß die Rede ist. Die Freundschaft besteht aber nicht nur zu ihm, sondern auch zu seiner Frau Ulla und den beiden Söhnen. Da sie im Buch vorkommen, habe ich es ihnen vorab zu lesen gegeben. Sie fanden es in Ordnung.
Man hatte von Beginn das Gefühl, dass es mit Klopp und dem Klub auf besondere Weise passt. Warum?
Jürgen spricht aus, was die Leute in Liverpool hören wollen, aber nicht, weil er ihnen gefallen will. Er agiert intuitiv und äußert manchmal sogar Dinge, die man gerne vom Premierminister hören würde, sei es zum Thema Brexit oder Coronavirus. Der Liverpool FC ist nicht der beliebteste Club in England, trotzdem treffe ich immer wieder gegnerische Fans, die sagen: „Aber dieser Klopp ist wirklich großartig.“
Welches Talent offenbart sich da?
Er hat eine unglaubliche emotionale Intelligenz, aber es geht auch um eine Haltung. Er ist schnell, und das kann man nur bringen, wenn man ehrlich ist. Sonst hältst du das nicht lange durch. Es ist wirklich erstaunlich, wie selten er etwas sagt, bei dem man im Nachhinein denken würde: „Hier hast du aber ganz schönen Unfug erzählt.“
Was haben Sie von Spielern oder Trainern über Fußball gelernt?
Meine größte Erkenntnis: Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich vom Fußball keine Ahnung habe. Was solche Leute wie Jürgen oder Pete Krawietz, sein Co-Trainer, alles aus einem Spiel lesen, ist unglaublich. Da kann man als Fan ein Leben lang zum Stadion latschen und bekommt nichts davon mit.