Seit seiner Kindheit ist Campino Fan des FC Liverpool. Hier spricht er über die erstaunlichen Parallelen zwischen Popstars und Fußballspielern, die Freundschaft zu Jürgen Klopp und den FC Liverpool als Dorfklub.
Campino, hätten Sie nicht Fan des FC Burnley werden müssen, der Stadt, aus der Ihre Mutter stammt?
Das hat schon mein zwölf Jahre älterer Bruder John übernommen und ist mit Burnley in der Tischfußballliga bei uns zuhause auch immer Meister geworden. Er ist als Fan aber verhaltener als ich, weil er mit der deutschen Seite unserer Familie stärker verbunden ist, obwohl er einen englischen Vornamen hat und sogar in Burnley geboren ist.
Warum sind Sie letztlich beim FC Liverpool gelandet?
In unserer Verwandtschaft gab es zwar niemanden, der den Verein besonders gut fand, aber es war als kleiner Junge toll, LFC-Fan zu sein. Die haben ja immer was gewonnen, unter anderem zehn englische Meisterschaften in den siebziger und achtziger Jahren, einige FA-Cups und viermal den Europapokal der Landesmeister. Für mich war aber besonders wichtig, dass sie erfolgreich gegen einen deutschen Klub gespielt haben: 1973 im Finale des UEFA-Cups gegen Borussia Mönchengladbach. Meine Schulkameraden haben vorher gesagt: „Wir schlagen euch Engländer!“ Das stimmte zwar für das Rückspiel am Bökelberg, aber weil Liverpool das Hinspiel höher gewonnen hatte, konnte ich trotzdem triumphieren. Da wusste ich: Ich werde für immer Liverpool-Fan sein.
Damals gab es kaum internationalen Fußball zu sehen, blieb da nicht vieles imaginär?
Eigentlich habe ich jede Woche auf „Sport aus aller Welt“ in der „Sportreportage“ des ZDF gewartet. Da gab es meistens nur zwanzig Sekunden vom Spitzenspiel aus England zu sehen, aber oft mit der Beteiligung von Liverpool. Ansonsten lief bei uns im Radio immer BFBS, wo samstags die Fußballübertragung der BBC übernommen wurde, und meine Mutter hatte eine englische Sonntagszeitung abonniert, in der es Berichte und vor allem Tabellen gab. Der Rest war Phantasie, ich habe mich da hineingeträumt. Wenn wir mit dem Tischfußball fertig waren, habe ich oft noch Sportsendung gespielt, Reportagen gemacht und Interviews mit mir selbst geführt.
„Nach dem ersten Stadionbesuch wusste ich, dass Anfield für mich kein Traum bleiben muss“
Sie erzählen in Ihrem neuen Buch „Hope Street. Wie ich einmal englischer Meister wurde“, dass Sie 1994 zum ersten Mal an der Anfield Road waren. Warum so spät?
Das lag in der Jugend an Geldmangel und den fehlenden familiären Verbindungen nach Nordengland, und als Ende der siebziger Jahre Punkrock aufkam, stand Fußball bei mir eindeutig auf Platz zwei. Aber nach dem ersten Stadionbesuch wusste ich, dass Anfield für mich kein Traum bleiben musste, sondern real erreichbar war. Von da an ging ich regelmäßig, auch zu Auswärtsspielen. Über die deutschen Spieler in Liverpool entwickelten sich zudem persönliche Kontakte, erst zu Kalle Riedle, dann hatte ich eines Tages Markus Babbel am Telefon: „Du, hier ist der Babbel Markus. I weiß, mit Bayern kannst nix anfangen, aber ich spiel ja jetzt in Liverpool, willst’ mich nicht mal besuchen?“ Der Anfang einer langen Freundschaft.
Gut sind Sie auch mit Didi Hamann befreundet. Stimmt es, dass Sie ihn mal zu Fortuna Düsseldorf lotsen wollten, Ihrer zweiten Liebe?
Ja, das stimmt. Ich hatte ihm immer gesagt: „Bevor du die Karriere an den Nagel hängst, musst du vorher aber noch die Fortuna hochschießen.“ Düsseldorf war zu der Zeit Drittligist. Als er 2009 bei Manchester City aufhörte, habe ich ihn noch mal ernsthaft gefragt und er fand das auch interessant. Die Toten Hosen hätten die Bezahlung geregelt, aber Fortuna war gerade in die zweite Liga aufgestiegen, und die ganze Sache war dem Verein wohl nicht so geheuer. Wir wiederum wollten keinen Druck machen und drängelten uns nicht weiter auf. Letztlich war alles gut so, denn Fortuna ist im Jahr darauf eh in die Bundesliga aufgestiegen.
Sie sind mit etlichen anderen Spielern befreundet, auch mit Sami Hyypiä, Peter Crouch oder Jens Jeremies. Gibt es etwas, das den Sänger einer Band und den Spieler einer Fußballmannschaft miteinander verbindet?
Wenn ich darüber nachdenke, gibt es tatsächlich erstaunlich viele Ähnlichkeiten. Der Versuch, auf den Punkt genau zu liefern, wenn man rausgeht, und die Erlösung, wenn es geklappt hat, ist sehr vergleichbar. Oder: Wir sind nur so gut wie das letzte Konzert, und die Spieler sind nur so gut wie das letzte Spiel.