Erst mit 17 Jahren kam Hans-Peter Briegel zum Fußball, nur wenig später war er Europameister. Hier spricht er über sein Leben als Volksheld in Verona, Weihnachtskarten von Diego Maradona und Kinder, die „Briegel“ heißen.
Hans-Peter Briegel, in Ihrer Vita stehen der Europameistertitel, die italienische Meisterschaft, der italienische Pokal, aber keine Deutsche Meisterschaft. Genaugenommen stimmt das aber gar nicht, oder?
Richtig, schließlich war ich neunfacher Deutscher Jugendmeister in verschiedenen Leichtathletik-Disziplinen. (Lacht.) Vor kurzem habe ich einen jungen Mann aus der Pfalz getroffen, der im Weitsprung 7,40 Meter geschafft hatte. Der tat mir echt leid, ich bin vor 45 Jahren nämlich 7,44 Meter gesprungen. Das ist immer noch Rheinland-Pfalz-Rekord.
Wie wird man denn Fußballprofi, wenn man erst mit 16 Jahren im Verein anfängt?
Ich habe natürlich schon gekickt, bevor ich beim SV Rodenbach anfing. Koordination, Beweglichkeit und Athletik kamen von der Leichtathletik, das Ballgefühl vom Fußballspielen mit den Freunden. Auch wenn mir später oft nachgesagt wurde, ich hätte gar keins gehabt. Beim SV spielte ich im Sturm und wurde Torschützenkönig der A‑Klasse, damals immerhin die fünfte Liga. Dadurch wurde Erich Ribbeck auf mich aufmerksam, der den 1. FC Kaiserslautern trainierte. Und holte mich in die Reserve.
Von der Reserve in die Bundesliga ist es aber trotzdem noch ein weiter Weg.
1975 war Klaus Toppmöller unumstrittener Stammspieler im Sturm. Dann hatte er seinen legendären Autounfall, nach dem er eine Nacht lang im Wald verschollen war. Ribbeck holte mich als Ersatz zu den Profis. So machte ich meine ersten Bundesligaspiele. Ein glücklicher Umstand. Also für mich, nicht für Toppi. Aber wir hatten ein gutes Verhältnis. Ich habe ihn sogar im Krankenhaus besucht.
Ihr Start beim FCK war trotzdem nicht einfach, oder?
Die Fans mochten mich zu Beginn nicht. Ich kam aus einer anderen Sportart, wog über hundert Kilo und bewegte mich dementsprechend. Ich musste erstmal zehn Kilo abnehmen und mich an das Niveau gewöhnen. Manchmal dachte ich ans Aufhören. Einmal spielten wir gegen Rot-Weiss Essen. Zur Pause stand es 1:1, das Publikum pfiff mich aus und ich wurde ausgewechselt. Ohne mich gewannen wir 7:1. Das gab mir zu denken.
Wie schafften Sie dennoch den Durchbruch?
Ich verhandelte bereits mit Eintracht Trier, damals Zweitligist. Aber dann wurde Kalli Feldkamp Trainer und stellte mich als Vorstopper auf. Und ich wurde innerhalb eines Jahres Nationalspieler.
Warum haben Sie mit dem FCK eigentlich nie einen Titel geholt?
Wir spielten meist vorne mit, 1978/79 lagen wir sogar vom ersten bis zum 27. Spieltag auf Platz eins. Aber die Konkurrenz war riesig. Es war die goldene Ära des HSV, die Bayern und auch Stuttgart waren ebenfalls stark. Aber im Uefa-Cup hätte es klappen können.
Was war passiert?
Wir wurden verpfiffen. Im Halbfinale 1981/82 spielten wir gegen IFK Göteborg. Nach einem 1:1 in Schweden kamen sie zum Rückspiel auf den Betzenberg. Ich schoss ein reguläres Tor, der Ball war einen halben Meter hinter der Linie. Aber der Schiri gab den Treffer nicht. Für IFK pfiff er dann einen absoluten Witzelfmeter. Der Schiri war Russe, das Spiel altersbedingt seine letzte Partie. Ich habe damals schon gesagt: Wahrscheinlich hat er zum Abschied einen schönen Volvo dafür bekommen. Mit dem fährt er bestimmt immer noch rum. (Lacht.)