Alexander Nübel hat sich in Monaco zu einem der besten Keeper der Ligue 1 entwickelt. Beim FC Bayern dürfte er in Zukunft dennoch kaum eine Chance auf Einsätze haben. Denn Manuel Neuer soll seinen Vertrag schon bald verlängern. Wie geht es für Nübel also weiter?
Es gibt im Fußball wohl wenig, was so frustrierend ist, wie die Nummer zwei hinter einem Weltklasse-Torwart zu sein. Marc-André ter Stegen wird hinsichtlich der deutschen Nationalmannschaft jedem davon ein Lied singen können. Bei den Bayern verhält es sich wie beim DFB: Du kannst noch so gut sein – an Manuel Neuer ist kein Vorbeikommen.
Das musste auch Alexander Nübel anerkennen, als er vor knapp zwei Jahren ablösefrei vom FC Schalke 04 zum Rekordmeister wechselte. Unter Ex-Schalke-Coach Domenico Tedesco noch ein Shootingstar, musste sich Nübel bei den Bayern in seiner ersten Saison mit einer Reservistenrolle abfinden – und floh 2021 per Leihe direkt weiter ins Fürstentum zur AS Monaco.
Nübel hatte sich mit dem Bayern-Wechsel für das Risiko entschieden und gegen jegliche Sicherheit. Klar war, dass er sich bis auf weiteres hinter Neuer würde einordnen müssen. Sein zukünftiger Kontrahent hatte sich im Zuge der Ankündigung des Wechsels damals sichtlich verärgert gezeigt. Berichten zufolge hatten die Verantwortlichen des FCB Nübel mindestens 15 Einsätze in der Saison versprochen.
Auch wenn es am Ende nur vier wurden, sagte Neuer, der Konfrontationen nie scheut, damals: „Ich bin kein Hintergrundschauspieler, ich bin ein Protagonist und will immer spielen.“ So kam es dann auch. Und Nübel wechselte zum AS Monaco.
Inzwischen hat der 25-Jährige 35 Partien für die Monegassen bestritten und dabei elf Mal eine weiße Weste gewahrt. Sein Team steht auf Platz vier der französischen Ligue 1 und hat drei Spieltage vor Saisonende immer noch Chancen auf die direkte Champions-League-Teilnahme. Sogar Platz zwei ist noch in Reichweite. Im Schnitt hat Nübel dabei in der Liga pro Spiel nur einen Ball passieren lassen. Eine solide Quote.
Im Januar veranlassten Alexander Nübels Leistungen Monacos Sportdirektor Paul Mitchell zu einem Loblied. Im Interview mit Sky sagte er: „Zuletzt haben wir einen Nübel in Bestform gesehen. So, wie wir ihn von Schalke 04 kennen. Damals haben ihn viele Vereine gescoutet, auch die Red-Bull-Organisationen hatten Interesse an ihm.“ Monaco machte das Rennen.
Jetzt hat sich Nübel zu einer möglichen Rückkehr zu den Bayern nach Ende seiner Leihfrist geäußert – und eine klare Aussage getroffen. Der Bild sagte er: „Wenn Manu noch da sein sollte, wenn ich zurückkomme, wird das wohl nichts mehr. Wenn Manu noch da ist, macht es keinen Sinn.“
Seine Leihe nach Monaco läuft noch bis Sommer 2023. Manuel Neuers Vertrag läuft zeitgleich aus, eine Vertragsverlängerung um weitere zwei Jahre ist laut Medienberichten nur noch Formsache. In dem Fall wird sich Nübel, wenn er an seinen Worten festhält, einen anderen Verein suchen.
Warum sich die Bayern damals Nübel sicherten, hatte mehrere durchaus nachvollziehbare Gründe. Zum einen, rein wirtschaftlich: Nübel galt als der deutsche Torwart mit dem größten Potential und war ablösefrei zu haben. Zum anderen: Neuer und Nübel sind sich vom Spielertyp her ähnlich. Beide strahlen eine grundlegende Ruhe und Selbstvertrauen im Strafraum aus. Und da wären auch noch Nübels Reflexe, die an einen jungen Neuer erinnern. Wenn die langjährige Nummer eins irgendwann ihre Karriere beendet, hätten die Bayern mit Nübel einen Thronfolger, der nahtlos ins Spielgefüge des Rekordmeisters hineinpassen könnte.
Nübel ist zwar offen für eine Verlängerung der Leihperiode. Er sagt aber auch, dass er grundsätzlich dafür sei, einen anderen Weg einzuschlagen, sollte Neuer bleiben. Wenn er die Möglichkeit hätte, bei Bayern die Nummer eins zu sein, würde er aber niemals nein sagen, so Nübel weiter. Seine Sichtweise sei jetzt eine andere. Andere Vereine, auch aus der Bundesliga, seien eine Option.
Den Schritt zum FC Bayern bereut Nübel, der bei den Münchnern einen Vertrag bis Sommer 2025 besitzt, nicht. Er sagt: „Das eine Jahr bei Bayern war kein verschenktes Jahr. Ich würde den Schritt immer wieder gehen.“
Nübels Wechsel zu den Bayern könnte sich langfristig gesehen sogar noch als richtige Entscheidung erweisen. Ohne ihn wäre sein Schritt ins Ausland nicht passiert. Keeper wie Marc-André ter Stegen, Bernd Leno oder Kevin Trapp haben – jeder auf seine Weise – von diesem Schritt enorm profitiert.
Ter Stegen ist bei Barca zum Weltklasse-Torwart gereift, Leno war bei Arsenal zwischenzeitlich Stammkraft. Trapp wurde bei PSG zwar nie zur Nummer eins, hat aber – das hat er mittlerweile bewiesen – durch seine Zeit in Frankreich eine positive Entwicklung genommen. Bei Eintracht Frankfurt spielt er seit seiner Rückkehr besser als je zuvor. Und Alexander Nübel? Ist schon jetzt einer der besten Torhüter der Ligue 1. Nun braucht er Geduld, dann hält er im best case alle Karten in der Hand. Auch, was den FC Bayern betrifft.
Trotzdem: Stand jetzt ist es schwer vorstellbar, dass Nübel beim FCB zur neuen Nummer eins wird. Er hat den Anspruch zu spielen. Viel wahrscheinlicher ist ein Wechsel zu einem Top-Klub im Sommer 2023. Auch in der Bundesliga gibt es Interessenten: Sowohl RB Leipzig als auch Dortmund wurde nach Informationen von transfermarkt.de Interesse an Nübel nachgesagt.
Ein vorzeitiges Ende seiner Leihperiode zieht er nicht in Erwägung: „Da müsste schon sehr viel passieren“, sagt der gebürtige Paderborner. Was die Schalker Fans freuen dürfte: Eine Rückkehr zu seinem Ex-Klub schließt Nübel nicht aus, wenn auch erst Richtung Karriereende. Er „liebe diesen Verein“ nach wie vor.
Der nächste Karriereschritt dürfte aber ein anderer sein. Dabei spiele nicht nur der neue Klub eine Rolle. Das Gesamtpaket aus Verein und Torwarttrainer müsse stimmen, sagt der Keeper. Da sei es auch egal, ob der Verein in der Champions League spiele oder nicht. Auf eine Rückkehr zum FC Bayern stehen die Zeichen eher nicht.