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Seite 2: Meistertrainer Seoane

Spy­cher hat aber vor allem bei der Trai­ner­frage sein Fin­ger­spit­zen­ge­fühl bewiesen. Als sich Adi Hütter, der Meis­ter­trainer aus der Saison 2017/18, für einen Wechsel zu Ein­tracht Frank­furt ent­schied, fiel die Wahl auf Gerardo Seoane als seinen Nach­folger. Der damals erst 39-Jäh­rige war ein recht unbe­kannter Trainer. Vor seiner Ankunft in Bern war er ein halbes Jahr als Chef­trainer beim FC Luzern, den er vom zweit­letzten Tabel­len­platz auf Rang drei geführt hatte. Wäre ein so uner­fah­rener Trainer in der Lage, die Arbeit von Hütter vor­zu­führen? Für Spy­cher lau­tete die Ant­wort: Ganz ein­deutig. Er strahlt eine natür­liche Auto­rität aus, hat einen starken Cha­rakter, ist ehr­geizig, ambi­tio­niert sowie team­ori­en­tiert“, sagte Spy­cher über Seoane damals. Seitdem hat der Trainer die Mann­schaft zu drei wei­teren Meis­ter­schaften und einen Pokal­siege geführt, und steht inzwi­schen auch bei meh­reren Bun­des­li­gisten hoch im Kurs. Die Über­gabe von Adi zu mir lief aus meiner Sicht nicht als Erbe ab, son­dern als naht­loser Über­gang zum Wohle des Klubs. Es gibt bei Young Boys sehr viele Experten, die her­vor­ra­gend arbeiten. Da wird alles mit Team­ar­beit erle­digt.“

Team­ar­beit ist auch ein Stich­wort für seinen Erfolg mit Young Boys. Er ist ein intel­li­genter, junger, auf­stre­bender Trainer. Er ist kom­mu­ni­kativ sehr stark“, sagte der ehe­ma­lige Schweizer Tor­wart Jörg Stiel über Seoane gegen­über ran​.de. Der junge Trainer gilt näm­lich als guter Kom­mu­ni­kator und als Sprach­ta­lent. Neben seinen Mut­ter­spra­chen Spa­nisch und Deutsch kann er auch Ita­lie­nisch, Fran­zö­sisch, Eng­lisch und Por­tu­gi­sisch flie­ßend. So hat der Sohn spa­ni­scher Migranten eine Mann­schaft mit starkem Zusam­men­halt auf­ge­baut. Der Team­spirit bei Young Boys ist außer­ge­wöhn­lich“, sagt Mit­tel­feld­spieler Gian­luca Gau­dino gegen­über die Bild. So hat sich der Trainer häufig auf Ersatz­spieler ver­lassen, um selbst in dieser hoch­in­ten­siven Pan­de­mie­saison mit einer Drei­fach­be­las­tung rotieren zu können, Kräfte zu schonen und somit ganz oben zu bleiben. Seoane stellt seine Mann­schaft oft in einem klas­si­schen 4−4−2 auf und lässt sie atem­be­rau­benden Offen­siv­fuß­ball spielen. In seiner ersten Saison schoss die Mann­schaft 99 Tore in 36 Spielen, und im Winter wurde Bayer Lever­kusen mit 4:3 und 2:0 aus der Europa League geschossen.

Das Chaos des FC Basel

Der Auf­stieg Young Boys‘ zur Spit­zen­mann­schaft hängt aller­dings auch mit der Ent­wick­lung beim FC Basel zusammen. 2017, als der Verein seine achte Meis­ter­schaft in Folge gewonnen hatte, wurde der Verein von Bern­hard Heusler und Georg Heitz an den Schweizer Medi­en­un­ter­nehmer Bern­hard Bur­gener ver­kauft. Die Stim­mungs­lage am Rhein war durchaus positiv, die Aktion wirkte gut geplant und über­legt. Doch das ent­sprach nicht der Wahr­heit, die Basler gerieten schnell ins Chaos. Bur­gener fehlte das Füh­rungs­ge­schick, zudem ver­schwanden wich­tige Füh­rungs­per­so­na­lien wie etwa der Sport­di­rektor und der Finanz­chef.

In dieser Saison ist Basel von einem Besit­zer­streit zwi­schen Bur­gener und dem Ex-Spieler des Ver­eins David Degen – kürz­lich wurde seine Über­nahme von Bur­ge­ners Akti­en­an­teilen bekannt gegeben – zer­rissen worden. Das Chaos auf der Füh­rungs­ebene hat die Leis­tungen auf dem Platz geprägt. So war der einst so erfolg­reiche Verein in den letzten Jahren kein ernst­zu­neh­mender Kan­didat für den Titel. Ver­gan­gene Saison kam der FC St. Gallen den Ber­nern am nächsten, konnte aber nach der Coro­na­pause nicht mehr mit­halten.

Wird Young Boys‘ Domi­nanz zu seinem Pro­blem?

Nun stellen sich viele in der Schweiz die Frage, ob Young Boys eine ähn­liche Sie­ges­serie wie die des FC Basel auf­bauen kann. Die aktu­elle Domi­nanz der Berner und die Her­aus­for­de­rungen der Kon­kur­renten spre­chen dafür. Doch der Erfolg könnte auch für den frisch­ge­krönten Meister zum Pro­blem werden. Denn Trainer Gerardo Seoane galt vor zwei Monaten als ein heißer Kan­didat für die Nach­folge von Marco Rose in Glad­bach, dann als Peter Bosz’ Thron­erbe in Lever­kusen und zuletzt war er bei Ein­tracht Frank­furt im Gespräch. Die Frage ist also eher, wann es Seoane ziehen wird, als dass er geht.

Auch zen­trale Spieler haben Inter­esse bei grö­ßeren Ver­einen geweckt. Der Tor­wart David van Ball­moos sowie die bereits erwähnten Chris­tian Fass­nacht und Jean-Pierre Nsame könnten alle im Sommer den Verein ver­lassen. Doch vor allem die Zukunft von Chris­toph Spy­cher könnte ent­schei­dend werden. Der Sport­di­rektor steht bei einigen Bun­des­li­gisten hoch im Kurs, sagte aber zuletzt Ein­tracht Frank­furt ab. Sein Ver­trag läuft Ende kom­mender Saison aus. Spä­tes­tens bis dahin muss sich die Haupt­figur hinter des Berner Erfolgs dafür ent­schieden haben, ob sie lang­fristig in der Schweizer Haupt­stadt bleiben oder ob sie neue Her­aus­for­de­rungen suchen möchte.