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Herr Dardai, mit Ben­fica Lis­sabon kommt heute Pro­mi­nenz ins Olym­pia­sta­dion. Fühlt sich das an wie Cham­pions League?

Vom Namen her ist das schön. Aber ich kann erst nach dem Spiel sagen, ob es wie Cham­pions League war. Wenn ich zum Warm­ma­chen ins Sta­dion komme und es sind keine fünf­zig­tau­send Leute da, ist das auch nicht anders als ein Bun­des­li­ga­spiel. Einen Fuß­baller kannst du mit Geld nicht moti­vieren, das Beste ist: Du spielst vor einem vollen Sta­dion gegen einen großen Gegner – das gibt dir einen Schub.



Wie viele Zuschauer erwarten Sie?

Ich weiß es nicht. Es wird immer weniger, aber das liegt nicht nur an unseren Fans. Die Leute haben weniger Geld. Berlin ist nicht gerade die reichste Gegend. Wenn du mit zwei Kin­dern ins Sta­dion gehst, bist du auf guten Plätzen schnell 60 Euro los. Dreimal im Monat macht 180. Und dann hast du noch keine Wurst gegessen.

Dort­mund und Schalke haben auch nicht die reichste Anhän­ger­schaft.


Aber dort haben viele Men­schen Arbeit. In Berlin kommt es mir manchmal so vor: Einer arbeitet, einer ist arbeitslos.

Woher wissen Sie als Fuß­ball-Mil­lionär, wie nor­male Men­schen leben?


Meine Nach­barn sind doch nor­male Leute. Letz­tens habe ich im Fan­shop Karten für Freunde gekauft. Vor mir standen eine Oma und ein Opa. Er wollte Karten für die Haupt­tri­büne haben. Als die Ver­käu­ferin den Preis genannt hat, hat seine Frau mit dem Kopf geschüt­telt. Dann wollte er etwas schlech­tere Plätze, die Ver­käu­ferin nannte den Preis, seine Frau schüt­telte wieder mit dem Kopf. Am Ende hatte er Plätze hinter dem Tor. Man hat richtig gesehen, wie ent­täuscht er war. Zu uns kommen nor­male Leute, Arbeiter, die ein wenig schimpfen und singen wollen. Wenn wir aber in der Cham­pions League gegen den AC Mai­land spielen, geben sie dafür auch Geld aus. Dann können sie in ihrer Kneipe oder beim Fri­seur erzählen: Ich war dabei.

Warum hat es Hertha, abge­sehen von der Saison 1999/2000, nie wieder in die Cham­pions League geschafft?


Zweimal sind wir knapp geschei­tert. Gegen Han­nover hat uns mal im letzten Heim­spiel nur ein Tor gefehlt. Ich will nie­manden kri­ti­sieren, aber ich hatte immer das Gefühl, dass wir zum Ende einer Saison eine gute Mann­schaft hatten, die richtig zusam­men­ge­wachsen ist. Dann beginnt die neue Saison, es kommen neue Spieler – und die müssen sofort spielen. Das ver­stehe ich nicht. Egal, wie­viel Geld sie gekostet haben, warum gibt man ihnen nicht die Zeit, sich besser ein­zu­finden?

Anders gefragt: Was hatte Hertha damals, was Hertha heute nicht hat?

Wir hatten eine andere Mann­schaft, mit anderen Typen. Es gab zwar zwei, drei große Cli­quen, trotzdem hatte die Mann­schaft einen großen Team­geist.

Fehlen Hertha diese Typen noch?

Das will ich so nicht sagen. Ich hoffe, dass sich einige unserer jungen Spieler dazu ent­wi­ckeln. Sie müssen es wollen. Damals war ein anderer Zug in der Mann­schaft, schon im Trai­ning. Das war sehr aggressiv, ohne dass es rüde zuging. Nach dem Trai­ning war alles wieder gut.

Wie fühlen Sie sich als Über­bleibsel einer großen Ver­gan­gen­heit?

Manchmal ist es komisch. Aber so lange ich noch dabei bin, bleibe ich auch jung. Das merke ich auch bei der Natio­nal­mann­schaft. Da nennen sie mich Vater, aber nach ein paar Tagen lachst du mit ihnen – dann bist du selbst wieder jung.

An welche Anek­doten aus der Cham­pions League erin­nern Sie sich noch?


An Istanbul. Wir waren gerade im Hotel ange­kommen, da fing die Erde an zu beben. Andy Thom ist in der Unter­hose aus seinem Zimmer zur Rezep­tion gestürzt. Sport­lich natür­lich an den Sieg gegen den AC Mai­land – wun­der­schön. Leider ist mir in diesem Spiel das Syn­des­mo­se­band gerissen – das war nicht so schön.

Der Plan des Mana­gers sieht vor, dass Hertha 2010 wieder Cham­pions League spielt.

Wenn die Mann­schaft noch um zwei richtig gute Spieler ergänzt wird, kann sich was bewegen. Am Samstag, in der zweiten Hälfte gegen Stutt­gart, hatte ich dieses Gefühl: Wenn wir so arbeiten, kann sich der Team­geist wieder ent­wi­ckeln und etwas in Fluss kommen. Dann werden Weih­nachten alle ganz über­rascht gucken: Ach, Hertha ist ja ganz oben dabei.

Fehlt es den jungen Spie­lern heute an Biss?


Das denke ich nicht, aber ich lese immer in der Zei­tung, wenn jemand neu zu Hertha kommt: Berlin ist eine geile Stadt. Ich habe noch nie von einem Spieler gelesen: Was für ein geiles Trai­nings­ge­lände. Bei mir war das anders. Ich kam aus Ungarn. Allein das große Sta­dion: Wow!

Haben Sie es je bereut, bei Hertha geblieben zu sein – trotz ver­lo­ckender Ange­bote?


Sie meinen Bayern Mün­chen. Ich hätte fast ja gesagt. Aber wir haben damals alle gedacht, dass wir mit dieser Mann­schaft und diesem Poten­zial in die Rich­tung von Bayern Mün­chen gehen könnten. Wir haben uns rasant ent­wi­ckelt, wir waren die Haupt­stadt, da passte alles. Ich habe damals die Spiele genossen, die Stadt, für mich gab es nichts Bes­seres. Nicht mal Milan. Die haben auch ange­fragt. Meine Ent­schei­dung war gut. Aber wenn einer meiner Söhne eines Tages mal vor einer sol­chen Ent­schei­dung stehen sollte, wüsste ich, was ich ihm rate.

Was raten Sie Ihren jungen Mit­spie­lern?

Rot­wein trinken.

Rot­wein trinken?

Ja. Ich bin in Ungarn Wein­ritter, ein Bot­schafter des unga­ri­schen Weins. Wissen Sie, bei Blut­un­ter­su­chungen sind bei mir noch nie schlechte Werte fest­ge­stellt worden. Das kann nur am unga­ri­schen Rot­wein liegen. Darin liegt die Kraft.

Aber nicht direkt vor dem Spiel?

Heute nicht mehr, aber das ist auch schon pas­siert. Einmal hat mein Vater Rot­wein aus Ungarn mit­ge­bracht. Ein paar Spieler, Dick van Burik, Bart Goor und Chris­tian Fiedler, waren zu Besuch, es gab Fisch­suppe und Rot­wein. Zwei Tage später haben wir Kai­sers­lau­tern 4:1 weg­ge­hauen. Da haben alle richtig gefightet. Ich sag’s euch: unga­ri­scher Rot­wein!