Karim Benzema ist der beste Vorlagengeber in der Geschichte von Real Madrid. Mit einem Außenrist-Assist auf Lucas Vazquez verbesserte der Franzose am Wochenende die bisherige Bestmarke von Cristiano Ronaldo auf 132 Torvorlagen. Bernd Schuster, Ex-Spieler und Trainer bei den Königlichen, erklärt, was Benzema so einzigartig macht.
Bernd Schuster, nach elf Jahren bei Real Madrid schreibt sich Karim Benzema endgültig in die Geschichtsbücher der Königlichen ein: Mit 132 Torvorlagen verbessert er den bisherigen Rekord von Cristiano Ronaldo. Was macht ihn so besonders?
Er kam im Sommer 2009 gemeinsam mit Cristiano Ronaldo zu Real – und er hat sehr früh verstanden, was das für ihn bedeutet.
Nämlich?
Dass es keinen Zweck hat, ihm Konkurrenz zu machen, sondern dass er zusehen muss, neben einem Super-Egoisten wie Ronaldo seinen Platz zu finden. Für einen guten Fußballer wie ihn ist das sehr schwer. Aber Benzema hat von Beginn an akzeptiert, dass Ronaldo der Torjäger Nummer Eins ist und er sich zurücknehmen und sein eigenes Spiel spielen muss.
Wie hat er das geschafft?
Ich glaube, es war glückliche Fügung. Benzema ist ein introvertierter Typ. Sein zurückhaltendes Wesen hat perfekt zu der Extrovertiertheit von Ronaldo gepasst. Der Portugiese ist eine klassische Tormaschine, der hat Benzema ja teilweise aus dem Sturmzentrum weggeschickt, damit er noch mehr Dinger machen kann. Aber der hat das akzeptiert und auf die Weise sind die beiden richtig gute Freunde geworden. Anders geht es mit Typen wie Ronaldo auch nicht, die muss man nehmen, wie sie sind. Und so ist es Karim am Ende gelungen, Cristiano bei Real sogar zu überleben.
Was die Sache nicht einfacher macht, was das Abschneiden von Real Madrid in den zurückliegenden Monaten beweist.
Der Weggang von Ronaldo war für ihn ein zweischneidiges Schwert. Es war natürlich ein Nachteil, dass die Mannschaft im Angriff nicht mehr so durchschlagskräftig war und sich alles auf ihn fokussiert. Real hat gegenwärtig außer ihm keinen echten Torjäger. Heißt: Er muss nun die Spiele für den Klub gewinnen, da ist keiner mehr außer ihm, der mal eben zwei, drei Tore macht. Andererseits bedeutet es: Jetzt ist Benzema der uneingeschränkte Star und er bekommt die Wahrnehmung, die er verdient.
Was zeichnet den Franzosen fußballerisch aus?
Er ist gar kein reiner Torjäger, er könnte ohne weiteres auch auf der Zehn spielen, das beweist auch seine Statistik als Vorbereiter. Er ist ständig in Bewegung, er hat eine beschlagene Technik, ein ziemlich kompletter Fußballer: Kopfball, linker und rechter Fuß, das passt alles. Und er kann den Ball auch halten, ruhig machen und verteilen, wenn es sein muss.
Wenn es bei Real Madrid gut läuft, werden die internationalen Stars hochgejubelt, wenn nicht, sind gerade die Legionäre schnell im negativen Fokus. Warum steht Benzema schon so lange hoch im Kurs bei den Königlichen?
Florentino Pérez mag ihn. Und das verlängert die Lebenszeit bei diesem Klub enorm. Gerade nach der Affäre in der Nationalelf…
…im Oktober 2015 wurde Karim Benzema wegen des Verdachts auf Erpressung des Profis Mathieu Valbuena mit einem Sex-Video vor den Untersuchungsrichter zitiert und in der Folge aus der Nationalelf ausgeschlossen…
…hat der Klub und in vorderster Front der Präsident ihm den Rücken gestärkt. Das hat er nicht vergessen und versucht, es dem Verein mit jedem Spiel zurückzuzahlen.
Welches Image hat Benzema in Spanien?
Bei Real hat er sich nie etwas zu Schulden kommen lassen, deswegen sind diese juristischen Dinge eher in Frankreich ein Thema gewesen als hier. Und er ist auch kein Lautsprecher, der ständig aneckt oder sich übermäßig in den Vordergrund spielt. Deswegen ist aus spanischer Sicht auch nicht ganz nachvollziehbar, dass Didier Deschamps ihn nicht mehr in der Nationalelf haben will.
Sein Werdegang spricht eine deutliche Sprache: In 496 Spielen für Real Madrid hat er 240 Tore gemacht, 132 Torvorlagen gegeben und insgesamt 18 Titel gewonnen, darunter vier Champions-League-Titel. Welchen Platz wird Benzema in der Ahnengalerie der großen Spieler dieses Klubs irgendwann einnehmen?
Er ist doch schon ein bedeutender Spieler. Allerdings glaube ich nicht, dass er einen Stellenwert wie Emilio Butragueño, Raúl, Zidane oder Cristiano Ronaldo erreichen wird.
Weil?
Weil er schlichtweg zu introvertiert ist.
Har er aus Ihrer Sicht trotz seiner 32 Jahre noch eine Zukunft bei Real Madrid?
Ich denke schon. Der Klub ist auf seine Tore angewiesen. Allerdings hoffe ich, dass Eden Hazard den Erwartungen noch mehr gerecht wird und mit seinen Toren den Druck ein bisschen von Benzema nimmt.