Der eine war bei den Ultras Frankfurt, der anderer feiert noch immer Jay Jay Okocha als Heiland. Celo & Abdi, Rap-Duo aus Frankfurt am Main, im Interview.
Celo & Abdi, vor uns sitzen zwei Musiker, beide in Frankfurt am Main geboren, beide Hardcore-Fans der Eintracht. Es geht nicht anders: Bitte singt uns euren liebsten Fan-Gesang.
Celo: Lass ihn mal machen (zeigt auf Abdi), der war Supporter bei den Ultras.
Abdi: (singt) OFC, du bist ein Scheißverein! Ihr wart noch nie erste Liga und ihr werdet’s niemals sein.
Du warst bei den Ultras?
Abdi: Zwei Jahre, so von 2009 bis 2011! Krasse Zeit.
Celo: Und neulich saßen wir zusammen in einer Loge, das war schon ein anderes Gefühl.
Abdi: Am Ende vom Tag ist es im Block schöner. Ich bin da mal fast mit Gipsbein vom Zaun gefallen.
Gips?
Abdi: Ich hatte mir den Fuß gebrochen. Besoffen gegen eine Mülltonne getreten (lacht).
Was fasziniert euch an der Ultra-Kultur?
Celo: Die Liebe zum Verein, darum geht es doch. Und die Jungs wissen wirklich, wie man das feiert. Am Wochenende wird durchgedreht, alles für den Klub unternommen und am Montag geht es wieder zur Arbeit.
Abdi: Der Zusammenhalt ist einmalig. Wir haben damals alles zusammen gemacht: Geburtstage, Hochzeiten, Partys. Überall waren die Ultras Frankfurt am Start.
Du warst 2009 noch kein prominentes Gesicht. Wie hast Du Dir Respekt in der Kurve verschafft?
Abdi: Ich habe einfach die fettesten Blunts gebaut, da waren die begeistert (lacht). Die Zeit war richtig geil. Und was da alles an Organisation hinter steckt: Choreos, Fahnen, Auswärtsfahrten und so weiter. Überragend ist das auch, wenn die Jungs aus Bergamo kommen (die Ultras Frankfurt pflegen eine Fanfreundschaft mit den Ultras von Atalanta Bergamo, d. Red.), die machen dann noch mal zusätzlich Randale. In Italien ist das dann wiederum noch mal eine andere Nummer: Die Italiener sind so gastfreundlich, die lassen die ganze Zeit die Hüte durch die Reihen gehen. Und jeder legt rein, was er eben gerade hat.
Ist die Ultra-Kultur missverstanden?
Celo: Teilweise schon. Sieh mal, wenn richtig Mist gebaut wird und der Verein Strafen bekommt, dann ist das wirklich scheiße. Aber ansonsten feiern doch auch die Zuschauer das Ultra-Ding, die eigentlich immer dagegen sind. Die sind dann stolz drauf, wenn ein paar tausend Frankfurter in jedem Stadion Europas die Stadt und den Verein vertreten.
Der Verein als Stellvertreter der Stadt?
Celo: Natürlich! Wie geil ist das denn, dass viele tausend Menschen zusammen kommen, arm und reich, aus allen Schichten, und zusammen durchdrehen, wenn der Schiri gegen den eigenen Verein pfeift? Da wird dann zusammen die Sau rausgelassen und das wiederum rückt die Menschen aus deiner Stadt doch nur noch mehr zusammen.
Eure Meinung zu Bengalos?
Abdi: Die findet wirklich jeder geil. Selbst die, die offiziell das Gegenteil behaupten, glaub mir.
Ist Gewalt Teil der Ultra-Kultur?
Celo: In Deutschland eigentlich nicht, jedenfalls sollte es nicht dazu gehören. Aber man kann es nun mal nicht unterbinden. Meine Eltern kommen aus Bosnien, und auf dem Balkan geht es ja noch mal ganz anders zur Sache.
Abdi: Frag mal nach in Marokko, speziell bei den Tifoso aus Casablanca! (Abdis Eltern stammen aus Marokko, d. Red.) Dagegen ist das, was ab und an mal uns passiert, doch noch Kinderkram.
Wie sehr überschneiden sich Rap und Ultra-Kultur?
Abdi: Da gibt es schon einige Gemeinsamkeiten – angefangen bei der Vorliebe für Weed (lacht).
Celo: Das sind zwei Leidenschaften, die aber auch nicht unbedingt was miteinander zu tun haben müssen. Ein Typ wie Vega (Rapper aus Frankfurt, d. Red.), der mit seiner Musik aus der Kurve kommt und das auch noch drauf hat, ist eher selten.
Abdi: Wir hatten ja schon unseren großen Moment, als die Ultras von St.Pauli im Winter 2011 ein Banner entrollten. „Ich bin auf Haze Joints, was geht bei Dir?“. Celo & Abdi auf St. Pauli, Mann! (Die Zeile stammt aus dem Track „Meine Stadt (Frankfurt), d. Red.)
Was ist wohl schöner: von einem vollbesetzten Stadion abgefeiert zu werden oder auf der Bühne zu stehen und die Menschen singen die eigenen Texte mit?
Celo: Ich bekomm schon Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie es sein müsste, wenn das ganze Waldstadion meinen Namen schreit. Aber das wird in diesem Leben nicht mehr passieren (lacht).
Abdi: Auf der Bühne lässt es sich auch ganz gut aushalten…
Wenn ihr die Wahl hättet: welches Tor würdet ihr schießen, um die Kurve zum Kochen zu bringen?
Celo: Ganz klar: aus der Distanz Vollspann direkt unter die Latte!
Abdi: Und dann einfach abgehen, nicht so ein verschissener einstudierter Jubel. Obwohl: der Robot-Dance vom langen Crouch damals war überragend!
Die Eintracht wird in der kommenden Saison wieder von Armin Veh trainiert. Wohin geht der Weg der SGE?
Abdi: Wir gehören mindestens in die Europa League. Und wenn man sich da mal einige Jahre hält, warum soll dann nicht mal mehr drin sein?
Geht das mit einem Sparfuchs wie Heribert Bruchhagen an der Spitze?
Celo: Hey, zumindest sind wir schuldenfrei! Real Madrid ist das nicht.
Abdi: Und einen Scheich haben wir auch nicht. Noch nicht.
Wer ist der beste Fußballer der Welt?
Celo&Abdi: Jay Jay Okocha!
Unter den Aktiven?
Celo: Wahrscheinlich Messi. Aber Zlatan (Ibrahimovic, d. Red.) hat dazu noch Charakter, der baut in seiner alten Hood in Rosengard einen Bolzplatz und einen ganzen Verein auf. Messi ist nur ein Fußballer, Zlatan ist mehr.
Gibt es einen Spieler, der zu eurer Musik passt?
Abdi: Schwierig. Vielleicht Wayne Rooney? Krasser Kicker, geiler Typ.
Celo: Wisst ihr, was der macht: Der liebt es, mit ausgeschnittenen Rabattmarken einkaufen zu gehen. Der Typ ist Millionär, aber freut sich wahrscheinlich noch immer über jedes Schnäppchen. Den kriegst du nie aus seiner alten Gegend raus. Das hat doch was.
Celo&Abdi, folgendes Szenario: Jeder von euch wird Vater, irgendwann kommt der Nachwuchs mit Bayern-Schal nach Hause. Was tun?
Celo: Das wird nicht passieren.
Warum?
Celo: So etwas regelt man doch, bevor die Wichte überhaupt laufen und sprechen können!
Abdi: Außerdem, kein Scheiß, hat eine Studie bewiesen, dass Bayern-Fans später mehr Probleme mit Misserfolgen haben werden als Fans anderer Klubs!
Irgendwelche Tipps für angehende Väter?
Celo: Vielleicht paar Einschlaflieder aus dem Eintracht-Liedgut, oder ein Trikot von Alex Meier als Kuscheldecke.
Abdi: Ich zeig meinem Jungen das Okocha-Tor gegen Kahn. Wenn er sich das dreimal reingezogen hat, wird er nie einen anderen Klub lieben als die SGE!
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Ganz frisch im Handel: Das neue Album „Bonchance“ von Celo & Abdi! Hier kann man schon mal reinhören.