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Zé Roberto, was ver­missen Sie an Deutsch­land am meisten?
Brat­kar­tof­feln. Apfel­schorle. Ein paar Gerichte. Vor allem die Sicher­heit. Raus­zu­gehen, ohne nach­zu­denken.

Wie leben Sie in Sao Paulo?
Hinter hohen Mauern. In einer bewachten Wohn­sied­lung, die man hier Alpha­ville nennt, etwas außer­halb von Sao Paulo.

Fehlt Ihnen Deutsch­land?
Natür­lich. Wir wollen auch wieder zurück. Wir waren ins­ge­samt zwölf Jahre dort. Ich glaube, ich bin immer noch der Bra­si­lianer mit den meisten Bun­des­li­ga­ein­sätzen, vor Dedé. Wir haben das Leben dort geliebt, und ich will dort wieder etwas auf­bauen nach dem Ende meiner Spie­ler­kar­riere, viel­leicht in zwei Jahren.

In zwei Jahren?
Oder auch in fünf.

Sie wollen spielen, bis Sie 45 Jahre alt sind?
Wer weiß. Solange mein Körper das mit­macht.

Sie sind 40. Und Ihr Körper macht mit?
Ich wurde im Alter immer besser, ab 30. Erst bei Bayern, danach bei Santos, dann wieder in Deutsch­land beim HSV und ein Jahr in Katar. Es war unglaub­lich. Nor­ma­ler­weise geht deine Leis­tung nach unten. Die Schnel­lig­keit nimmt ab, die Wen­dig­keit. Aber bei mir blieb sie stabil oder wurde noch besser.

Sie fühlen sich noch wie 20?
Na ja, viel­leicht wie 25.

Kein Zwi­cken, kein Zwa­cken?
Ich dachte, jetzt musst du es irgend­wann spüren, aber ich spüre nichts.

Beim Auf­stehen? Im Rücken?
Nein. Höchs­tens mal nach einem harten Spiel. Dann brauche ich eine etwas län­gere Rege­ne­ra­tion. Ich küm­mere mich dann um jeden Muskel, aber nein, nichts schmerzt.

Sie scheinen alle Gesetze des Pro­fi­fuß­balls zu wider­legen. Gerade wurden Sie als bester Links­ver­tei­diger der Liga aus­ge­zeichnet. Was ist Ihr Geheimnis?
Gott sei Dank hatte ich keine schwere Ver­let­zung in 21 Pro­fi­jahren. Damit geht es los. Ich habe gute Gene.

Das reicht ja nicht.
Und meine Dis­zi­plin. Das geht weit zurück. Bis in meine Kind­heit in Sao Miguel. Ich hatte immer diese Idee: Wie werde ich fitter? Was kann ich noch für meinen Körper machen?

Woher kommt die Dis­zi­plin?
Von meinen Eltern. Und von der Fuß­ball­schule. Ich träumte davon, Fuß­ball­profi zu werden. Ich wusste: Mein Körper ist mein Kapital. Ich muss ihn pflegen.

Wie machen Sie das?
Ich habe immer anders gelebt. Das beginnt mit dem Früh­stück. Nicht zu viel essen. Joghurt. Mit­tags Pasta. Abends viel­leicht Corn­flakes mit fri­schem Saft. Ich esse fast alles, aber nicht viel.

Alkohol?
Nein, oh nein, auf keinen Fall. Auch nicht rau­chen. Dafür Schlaf, viel Schlaf. Und Wasser, viel Wasser.

Es gibt dieses Kli­schee: der Bra­si­lianer, der zu spät aus den Ferien ins Trai­nings­lager kommt, mit Über­ge­wicht. Er hat zu viel Fleisch und Fei­joada gegessen, den bra­si­lia­ni­schen Boh­nen­ein­topf, er hat zu viele Frauen gehabt, fal­sche Freunde.
Ich glaube, das ist eher vorbei, eher die Aus­nahme. Für mich gilt das Gegen­teil. Schauen Sie sich um.

Was meinen Sie?
Die Pünkt­lich­keit. Ich bin als Erster hier. Zwei Stunden vor Trai­nings­be­ginn. Ich gehe in den Fit­ness­raum, arbeite an Arm­mus­keln, Bauch­mus­keln. Ich suche immer nach etwas Neuem, um auf dem Platz besser zu werden. Das macht den Unter­schied: meine Pro­fes­sio­na­lität.

Haben Sie Ihre Spiel­weise geän­dert?
Ich renne nicht blind nach vorne, son­dern habe immer einen Blick für das Gesamt­ge­schehen. Das habe ich in Deutsch­land gelernt. In Bra­si­lien hatte ich eher noch die bra­si­lia­ni­sche Men­ta­lität: Ich bin nach vorne gerannt und habe mal geschaut, was pas­siert. Heute bin ich ein ganz anderer Spieler. Talent hatte ich schon immer, aber in Deutsch­land habe ich Zwei­kampf­ver­halten gelernt und immer zu schauen: Wo ist mein Gegen­spieler? Du atta­ckierst und musst dich sofort wieder defensiv ori­en­tieren. Des­halb bin ich heute ein kom­pletter Spieler.

Welche Zeit in Ihren 21 Jahren als Profi war die schönste?
Bei Santos. Da habe ich nur zehn Monate gespielt, aber einmal in meinem Leben hinter den Spitzen. Mein Trainer war Van­derlei Luxem­burgo, einer der bekann­testen Trainer Bra­si­liens. Er hat gesagt: Zé, ich habe eine neue Posi­tion für dich. Ich kenne dich von der Natio­nalelf, von Bayern, aber bei mir spielst du auf der 10.

Und in Deutsch­land?
Bei Bayern war ich am liebsten. Sechs Jahre lang. Dort habe ich immer sehr viel Spaß gehabt, auf dem Platz und danach. Du kommst mit Bayern ins Sta­dion und merkst: Das wird schwer, du hast alle gegen dich. Bei Bayern habe ich alles gespielt, linker Ver­tei­diger, linkes Mit­tel­feld, zen­tral vor der Abwehr mit Mark van Bommel, das war sehr schön.

Das schönste Spiel? Cham­pions League?
Nein, das war in Ulm.

In Ulm?
Mit Lever­kusen. Das war 2000.

Vor 16 Jahren? So gut erin­nern Sie sich?
Lever­kusen gegen Ulm. Wir haben, glaube ich, 9:1 gewonnen. Ich habe ein oder zwei Tore geschossen und drei, vier Vor­lagen gegeben. Dieses Spiel habe ich immer in meinem Kopf.

Zé Roberto, wann hören Sie denn nun wirk­lich auf?
Min­des­tens zwei Jahre noch. Mit 42.