Bayern München zieht nach einem 3:0 gegen Olympique Lyon ins Finale der Champions League ein. Dabei zeigten die Franzosen, dass die Münchner durchaus verwundbar sind. Fünf Beobachtungen.
Der Wendepunkt der Partie kam in der 18. Minute. Nach einer Verlagerung kam Serge Gnabry am rechten Flügel frei an den Ball. Sein Solo veredelte er am Strafraum mit einem strammen Schuss in den Winkel. Auch den zweiten Treffer des Abends erzielte Gnabry.
In der Anfangsviertelstunde mögen die Bayern geschwommen haben; spätestens nach dem 1:0 zeigten sie wieder ihre gewohnte Stärke im Ballbesitzspiel sowie im hohen Pressing. Der Bayern-Kader ist gespickt mit Spielern, die den Unterschied ausmachen können. Selbst wenn Stürmer Robert Lewandowski vor dem Tor mal einen schwachen Tag erwischt, steht eben Serge Gnabry bereit. Oder Thomas Müller…
Die Bayern-Offensive zeichnet vor allem eine hohe Teamfähigkeit aus: Vor Gnabrys erstem Treffer zogen Lewandowski und Müller Gegenspieler auf sich, um den Raum für den Torschützen zu öffnen. Gnabrys Solo beweist zudem: Individuell ist die Bayern-Offensive nicht schlechter besetzt als die Millionen-Truppe von Finalgegner Paris St. Germain.
Spätestens nach dem 2:0 schlug die Stunde des Bayern-Mittelfelds. Mit der Führung im Rücken mussten die Bayern nicht mehr so riskant aus der Abwehr eröffnen. Mehr und mehr Bälle kamen zu Thiago und Leon Goretzka. Der wechselwillige Thiago riss nun die Partie an sich. Er hatte die meisten Ballkontakte aller Spieler auf dem Feld (116), über 90 Prozent seiner Pässe kamen an.
Nicht immer gelang es dem Bayern-Mittelfeld, das Spiel zu beruhigen. Nach der Pause stellte Lyon auf ein 3−4−3 um. Lyons Mittelfeld übte nun einen hohen Druck auf die Münchener Doppelsechs aus. Diese blieb nicht fehlerfrei. Goretzka brachte nur 75 Prozent seiner Pässe zum Gegenspieler, auch Thiago lud mit Fehlern den Gegner zu Kontern ein. Das Gegenpressing der Bayern griff zwar in vielen Situationen, aber nicht immer. So gelang es den aggressiven Franzosen, selbst nach einem 0:2‑Rückstand im Spiel zu bleiben.
In der letzten halben Stunde schlich sich eine weitere Schwäche in das Bayern-Spiel: Ihr sonst so kraftvolles Pressing funktionierte nicht mehr. Zuvor hatten die Bayern noch zahllose Fehlpässe von Lyon-Torhüter Anthony Lopes provoziert. Nun liefen sie den spritziger wirkenden Franzosen hinterher.
Lyons Schwächen im Ballbesitzspiel relativierten die Bayern-Fehler im Pressing; Lyon kam trotz mehr Spielkontrolle nicht vor das Bayern-Tor. Doch es beweist auch, dass die Bayern in diesem kurzen, aber höchst intensiven Champions-League-Turnier an ihre Grenzen gehen. Erst nach dem 3:0 durch Lewandowski (88.) war die Partie endgültig beendet.
Diese Schwächen bedeuten allerdings nicht, dass die Bayern als Außenseiter ins Finale gehen. Auch gegen Lyon war ihr Pressing griffig, ihre Spielweise flexibel und die Spielkontrolle hoch. Lyon bewies jedoch, dass die Bayern nicht gänzlich unschlagbar sind. Gerade die Konterabsicherung wird im Finale besser funktionieren müssen. Kylian Mbappe und Neymar werden sicher auf Ballverluste lauern. Und diese dann zu bestrafen wissen.