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Wir haben einen bedeut­samen Punkt in den Annalen der Fuß­ball­ge­schichte erreicht“, mel­dete ESPN ges­tern. Nach mehr als vier Jahr­zehnten, die die beiden gemeinsam ver­bracht haben, hat sich Vicente del Bosque von seinem wun­der­vollen Schnauz­bart getrennt.“ Selbst der L’Équipe war dieser Akt der Kör­per­pflege eines sich längst im Ruhe­stand befind­li­chen Ex-Spie­lers und Ex-Trai­ners eine Schlag­zeile wert: Vicente del Bosque a rasé sa moustache!“

Schöne neue Medi­en­welt“, wird der eine oder andere Gegner des modernen Fuß­balls da seufzen und empört fragen: Was sind das für Themen? Seit wann pro­du­ziert die Gesichts­be­haa­rung von Fuß­bal­lern Schlag­zeilen?“ Die Ant­wort lautet: Schon sehr, sehr lange – und nicht zuletzt in Deutsch­land, wo vor fast einem halben Jahr­hun­dert etwas tobte, was nicht nur von der Bild-Zei­tung – aber natür­lich auch von ihr – als Bart­krieg“ bezeichnet wurde.

Nacken und Gesicht müssen frei bleiben“

Das Drama begann ent­weder mit der Ver­fil­mung eines Romans von Boris Pas­ternak oder mit einem 1:1 zwi­schen der deut­schen und der tür­ki­schen Natio­nalelf am 17. Oktober 1970 in Köln. Ers­teres erscheint etwas unwahr­schein­lich, denn Doktor Schi­wago“ kam schon 1965 in die Kinos, lange vor dem Bart­krieg. Aber der Film brachte zwei Stars hervor: Omar Sharif und seinen Ober­lip­pen­bart. Und den, so behaup­tete die Bild-Zei­tung später, hätten sich zwei berühmte deut­sche Spieler zum Vor­bild genommen.

Einer der beiden bestritt das. Als Franz Becken­bauer im Dezember 1970 gefragt wurde, warum er seit einiger Zeit einen Bart trage, erwi­derte er: Unmit­telbar nach dem Tür­ken­spiel stand für mich fest, dass ich mir einen Schnauzer wachsen lassen werde. Als wir im Flug­zeug nach Mün­chen saßen, sagte ich zu Gerd: ›Ich lasse mir jetzt einen Schnauzer wachsen.‹ Darauf ant­wor­tete er: ›Ich lassen mir auch einen wachsen.‹ Aber inzwi­schen hat er ihn ja wieder weg.“

Damit war natür­lich Gerd Müller gemeint. In der Tat begannen beide Spieler zu selben Zeit, den Flaum sprießen zu lassen. Und es musste sich einiges an Tes­to­steron in ihnen auf­ge­staut haben, denn kaum fünf Tage nach besagtem Län­der­spiel waren die baju­wa­ri­schen Rotz­bremsen schon so prä­gnant, dass sie es auf die Titel­seite der Bild-Zei­tung schafften. Das Blatt mel­dete, dass Bay­erns Prä­si­dent Wil­helm Neu­de­cker seinen beiden Stars den Krieg erklärt“ habe, denn: Nacken und Gesicht eines deut­schen Fuß­bal­lers müssen frei bleiben!“