Fin Bartels hat in seiner Karriere noch keinen Titel gewonnen und ist viermal abgestiegen. Im Alter von 34 Jahren hat er mit seinem Heimatverein plötzlich Chancen auf den Aufstieg und das Pokalfinale. Viel besser kann es gar nicht laufen, oder?
Fin Bartels, am Samstag treffen Sie mit Holstein Kiel im DFB-Pokal-Halbfinale auf Borussia Dortmund. Welche Erinnerungen haben Sie ans Westfalenstadion?
Es ist ein geiler Verein. Die Spiele in Dortmund waren immer absolute Highlights. Gerade mit Werder hatte ich gegen den BVB sogar einige Erfolgserlebnisse. Von daher ist es eine Mannschaft, gegen die ich sehr gerne spiele – auch wenn die Kulisse am Samstag natürlich nicht so beeindruckend sein wird wie sonst.
Erwarten Sie ein ähnliches Spiel wie in der zweiten Runde gegen Bayern München?
Sind wir ehrlich: Um so etwas wie gegen die Bayern zu wiederholen, muss wieder alles zusammenkommen: Wir müssen absolut ans Limit gehen und Dortmund einen vielleicht nicht ganz so guten Tag erwischen. Dann ist etwas möglich. Aber wir glauben daran.
Wie wollen Sie die Partie angehen?
Mutig. Wir dürfen uns nicht einigeln, sondern müssen Dortmund auch selbst vor Probleme stellen. Ich habe schon einige Spiele erlebt, in denen wir gegen Dortmund oder Bayern hinten drin standen und uns am Ende dann doch sechs Stück gefangen haben. Es geht darum, sie zu beschäftigen. Auch Dortmund spielt gerne nach vorne. Jedenfalls viel lieber, als dass sie hinterherlaufen. Wenn sich Räume bieten, wollen wir die nutzen. Das geht nur, wenn wir mutig spielen und den Ball nicht jedes Mal nur hinten raus schlagen. Wir werden ins Risiko gehen müssen, vielleicht sogar in Bereiche, in die wir in der Liga manchmal nicht gehen. Da wittern wir unsere Chance
Gegen die Bayern und Darmstadt haben Sie sich im Elfmeterschießen durchgesetzt. Spekulieren Sie auch gegen Dortmund darauf?
Wenn man das Pokalspiel isoliert betrachtet, würde ich sagen: Wir machen es wieder so. Allerdings haben wir ja noch ein paar andere Spiele vor der Brust. Da wären 120 Minuten natürlich elend lang. Aber wir nehmen es, wie es kommt. Wenn es ein geiler Fight wird und wir im DFB-Pokal-Halbfinale in Dortmund über 120 Minuten gehen müssen, dann würde ich das auch sofort unterschreiben – um dann im Elfmeterschießen zu sehen, was passiert.
Vor dem Spiel gegen die Bayern hat Ihr Torwarttrainer Patrik Borger für Ihre Torhüter ein Dossier über jeden Münchner Schützen vorbereitet. Haben Sie sich schon mit Marwin Hitz beschäftigt?
Nö. Ich habe mich aber auch mit den anderen Keepern nicht beschäftigt. Ich schieße ja auch gar nicht so häufig Elfmeter. Gegen Bayern und Darmstadt musste ich jeweils als sechster Schütze ran. Mal sehen wie es dieses Mal wird.
„Die zweite Quarantäne hat uns noch enger zusammenwachsen lassen“
Besonders viel Zeit, sich vorzubereiten hatten Sie nicht. Erst am vergangenen Wochenende endete die fast dreiwöchiger Quarantäne-Pause für Sie mit einem 3:1‑Sieg gegen Osnabrück. Wie lief der Restart aus Ihrer Sicht?
Erstaunlich gut. Ich denke, man hat gemerkt, dass wir wieder große Lust auf Fußball hatten. Die Freude, wieder kicken zu dürfen, war riesig.
Für Holstein Kiel war es bereits die zweite Quarantäne binnen weniger Wochen. Wie frustriert waren Sie, als Sie erfahren haben, dass Sie sich wieder isolieren müssen?
Natürlich haben wir damit gehadert, das zweite Mal binnen weniger Wochen nur zuhause sitzen zu können. In so einer Phase gibt es dann auch mal ein Tief, wenn man schon wieder alleine zuhause vor dem Fernseher trainieren muss. Da gab es schon Momente, in denen ich mich gefragt habe: Wofür mache ich den Kram hier eigentlich? Umso glücklicher sind wir, jetzt wieder draußen sein zu dürfen. Und dann gibt so ein positiver Start, wie wir ihn hatten, natürlich nochmal einen Schub für das Selbstvertrauen.
Nach der letzten Zwangspause gab es direkt zwei Niederlagen. Was läuft dieses Mal anders?
Die zweite Quarantäne hat uns noch enger zusammenwachsen lassen. Wenn man vier von sechs Wochen nur zuhause trainieren kann, gibt es natürlich Defizite in manchen Bereichen. Deshalb müssen wir nun noch mehr über den Willen kommen. Wir wollen uns hinterher nicht vorwerfen lassen, die Flinte ins Korn geworfen zu haben.
Wie schafft man es denn, in der Quarantäne zusammenzuwachsen, wenn man sich höchstens in ein paar Videoschalten sieht?
Das ist vor allem passiert, als wir wieder zusammen auf dem Platz standen. Da hat man wirklich jedem einzelnen die Freude darüber angesehen. Wir sind ein guter Haufen, der gerade auch so eine Situation meistern kann.
Während Sie in der Quarantäne waren, konnten die anderen Mannschaften in der Liga teilweise davonziehen. Sie haben nun ein paar Spiele in der Hinterhand, um den Vorsprung wieder aufzuholen. Ein Vorteil?
Zusehen zu müssen, wie die anderen davonziehen, während man selbst nur auf der Couch sitzen kann, war schon eklig. Aber jetzt macht der Blick auf die Tabelle Mut, weil wir sehen: Es gibt noch ein paar Spiele, die wir auf einige Mannschaften in der Hinterhand haben. Und zu wissen, wo wir stehen können, wenn wir die gewinnen, spornt natürlich enorm an.