Patrick Bamford von Leeds United ist der spektakulärste Spätstarter im englischen Fußball seit Jamie Vardy – und der lebende Beweis, dass man auch als „Intellektueller“ Tore schießen kann.
Und so sahen viele nur das Label, das dem „Jungen mit dem silbernen Löffel im Mund“ (O‑Ton Sean Dyche, Bamfords Ex-Trainer beim FC Burnley) anhaftete. Zwar hatte der Linksfuß schon mit 19 den Sprung aus dem Nachwuchs von Nottingham Forest zum FC Chelsea geschafft, doch dort wurde er schnell weiter dirigiert in die „Loan Army“: jene kuriose Kompanie von Leihspielern, die zwar dem Abramovich-Klub gehören, jedoch auf Wanderschaft durch verschiedenste Klubs geschickt werden. In Bamfords Fall waren dies meist englische Zweitligisten, für die er zwar ordentlich, aber nicht beängstigend oft traf. Seine Gesamtbilanz in der Championship: 61 Tore in 167 Partien.
Erst Leeds-Coach Marcelo Bielsa erkannte, was wirklich in Bamford steckte: ein Premier-League-Torjäger der Extraklasse. Als der argentinische Taktiktüftler im Sommer 2018 den damaligen Zweitligisten von der Elland Road übernahm, war „Bam“ einer seiner ersten Transfers: Der damals 24-Jährige hatte in den letzten 14 Partien der vorangegangenen Zweitliga-Saison zehn Tore für Middlesbrough erzielt – darunter einen Dreierpack gegen Leeds. Bielsa überwies 7,9 Millionen Euro für Bamford und erklärte diesen zu seinem ersten Bordschützen bei der geplanten Überfahrt in Richtung Erstklassigkeit.
„Es wird immer Zweifler geben“
Für diesen Vertrauensvorschuss ist „Bam“ dem Trainer bis heute zutiefst dankbar: „Für Marcelo sind die wichtigsten Fragen: Bist du ein guter Mensch, hast du eine gute Einstellung, bist du demütig, bist du bereit, hart zu arbeiten und zu lernen? Alles andere, was in deinem Leben passiert oder schon mal geschehen ist, ist völlig unbedeutend, solange du bereit bist, alles zu geben.“ Nur: Blöderweise riss dem Neuzugang schon im sechsten Spiel für Leeds (ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub Middlesbrough) das Kreuzband – knapp sechs Monate Pause. Auch aus dem geplanten Aufstieg wurde nichts. Vorerst.
In der vergangenen Saison aber rechtfertigte Patrick Bamford mit 20 Scorerpunkten (16 Tore, vier Assists) das in ihn gesetzte Vertrauen. Leeds kehrte zurück in die Premier League – nach 16 langen Jahren. Als die „Whites“ am 9. Juli 2020 mit 5:0 gegen Stoke City gewannen, sangen die Fans: „Wir kehren zurück, und Bamford fährt den Bus!“ Wie es aussieht, geht die gemeinsame Erfolgstour noch ein ganzes Stück weiter. Für den lange verkannten Stürmer ist das eine Genugtuung: „Es wird immer Zweifler geben“, sagt Bamford. „Mein Ziel ist es nicht, denen zu zeigen, dass sie falsch lagen. Ich will nur mir selbst beweisen, dass ich richtig lag.“
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