Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Flo­rian Kringe, Bayern Mün­chen gegen Borussia Dort­mund im DFB-Pokal­fi­nale – das gab es schon einmal. Im End­spiel 2008 standen Sie bei der 1:2‑Niederlage in Dort­munds Startelf. Welche Erin­ne­rungen haben Sie daran?
Flo­rian Kringe: Die Vor­aus­set­zungen waren im Ver­gleich zu heute völlig unter­schied­lich. Damals hieß es im Vor­feld, dass die Bayern das Spiel deut­lich gewinnen werden. Wir hatten eine weniger gute Saison gespielt, doch in dieses Spiel fanden wir immer besser rein. Als Mladen Petric in der 90. Minute das 1:1 gemacht hat, waren wir uns sicher, dass wir es packen!

Warum hat es nicht geklappt?
Flo­rian Kringe: Luca Toni hat bei den Bayern damals wirk­lich aus den unmög­lichsten Posi­tionen getroffen. Beim 2:1 in der Ver­län­ge­rung wusste er wahr­schein­lich selbst nicht, wie er den rein­ge­macht hat. Das besie­gelte die Nie­der­lage, obwohl wir noch ein paar gute Chancen hatten. Oliver Kahn etwa hat einen Ball von mir pariert. Da frage ich mich heute noch, wie ihm das gelungen ist.

Was überwog nach diesem Spiel: Ent­täu­schung über die Nie­der­lage oder Stolz, dass man über­haupt so weit gekommen war?
Flo­rian Kringe: Es war für uns alle eine tolle Erfah­rung, aber wenn man schon mal so weit kommt, will man natür­lich auch gewinnen. Es wäre damals der erste rich­tige Titel für mich gewesen. Da unsere Bun­des­li­ga­saison damals nicht so gelaufen ist, wollten wir einen ver­söhn­li­chen Abschluss finden. Leider hat es nicht gereicht.

Bei der Borussia hat sich seitdem viel ver­än­dert. Der BVB ist zweimal hin­ter­ein­ander Deut­scher Meister geworden. Gibt es den­noch Aspekte, die im Ver­gleich zum Finale 2008 am Samstag gleich bleiben?
Flo­rian Kringe: Die Unter­stüt­zung der BVB-Fans war damals schon gigan­tisch. Wir Spieler bekommen davon zwar nicht so viel mit, weil wir uns vor­be­reiten müssen, aber Berlin soll damals in schwarz-gelber Hand gewesen sein. Das wird diesmal nicht anders sein, es haben sich ja schon wieder etliche BVB-Fans ange­kün­digt. Wir sind da schon gewis­ser­maßen ver­wöhnt mit unseren Anhän­gern.

Im Pokal prä­sen­tierten sich die Dort­munder in dieser Saison nicht so sou­verän wie in der Bun­des­liga. In Düs­sel­dorf oder Fürth drohte gegen Zweit­li­gisten das Aus. Wie erklären Sie sich das?
Flo­rian Kringe: Ich würde nicht sagen, dass wir uns im Pokal schwerer getan haben. Man muss auch sehen, wie die Spiele ver­laufen sind. In Düs­sel­dorf sprach alles gegen uns. Wir haben ab der 30. Minute in Unter­zahl gespielt, gegen eine Mann­schaft, die die Zweite Liga in der Hin­runde nach Belieben domi­niert hat. Da muss man sich erstmal durch­setzen (Dort­mund gewann im Elf­me­ter­schießen, d. Red.). Und Greu­ther Fürth hat drei Spiel­tage vor Schluss den Auf­stieg per­fekt gemacht. Daran sieht man doch, was für eine starke Mann­schaft das ist. Klar waren die Spiele span­nend, doch ins­ge­samt haben wir uns doch recht sou­verän bis ins Finale gear­beitet. (In Fürth gewannen die Dort­munder nach Ver­län­ge­rung mit 1:0, d. Red.)

Sie selbst haben in dieser Saison kaum gespielt. In Düs­sel­dorf wurden Sie aller­dings über­ra­schen­der­weise nach 80 Minuten als Links­ver­tei­diger ein­ge­wech­selt. Hat Jürgen Klopp da noch etwas Spe­zi­elles zu Ihnen gesagt?
Flo­rian Kringe: Er meinte zu mir, dass gute Trai­nings­ar­beit am Ende immer belohnt wird und ich dazu bei­tragen soll, ein Fuß­ball­mär­chen zu schreiben. Kloppo hat nach dem Spiel ja selbst gesagt, dass es das Emo­tio­nalste war, was er in seiner Zeit bei Borussia Dort­mund erlebt hat, eben wegen dieser ganzen Begleit­um­stände, den vielen Ver­letzten und der Tat­sache, dass es bis ins Elf­me­ter­schießen gegangen war. Ich war natür­lich froh, dass ich mal wieder mit­spielen durfte.

In den letzten beiden Spiel­zeiten machten Sie ansonsten nur ein Bun­des­li­ga­spiel. Dabei waren Sie viele Jahre zuvor Leis­tungs­träger gewesen. Wie moti­vierten Sie sich immer wieder fürs Trai­ning, obwohl Sie wussten, dass Sie unter Klopp kaum noch eine Rolle spielen?
Flo­rian Kringe: Es ist mir natür­lich auch nicht immer leicht gefallen, top­mo­ti­viert zum Trai­ning zu fahren. Klar stellt man sich die Frage, wozu das alles noch gut sei, wenn man am Wochen­ende eh nicht spielt. Aber so schwer es manchmal auch fällt: Es macht defi­nitiv keinen Sinn, sich hängen zu lassen. Ich bin 29 und habe hof­fent­lich noch ein paar gute Jahre im Fuß­ball vor mir. Ich wollte in den Spiegel gucken und mir sagen können: Du hast dir nichts vor­zu­werfen, du hast alles getan. Außerdem tut man sich selbst einen Gefallen, wenn man im Trai­ning ver­sucht, alles zu geben. Man kann dem Team damit helfen, Impulse setzen und steht bereit, wenn man doch einmal gebraucht wird, so wie in Düs­sel­dorf. Und wenn es eben nicht zu langen Ein­satz­zeiten reicht, wie bei mir, ist man eben auf die Zeit danach vor­be­reitet.

Dass Sie ent­täuscht waren, hat man Ihnen nach dem 2:0‑Sieg gegen Mön­chen­glad­bach ange­sehen. Die Meis­ter­schaft war ent­schieden, die Stamm­spieler fei­erten vor der Süd­tri­büne, doch Sie blieben mit trau­riger Mine im Hin­ter­grund.
Flo­rian Kringe: Das war eine ganz ambi­va­lente Situa­tion. Auf der einen Seite habe ich mich für die Jungs richtig gefreut. Es fiel mir aber sehr schwer, den Schalter auf Party umzu­legen. In so einem Moment läuft ein Kopf­kino ab. Mir wurde bewusst, dass es mein vor­letztes Heim­spiel als Dort­munder war. Das war zuge­ge­be­ner­maßen ein sehr sen­ti­men­taler Moment. Als mich die Fans von der Süd­tri­büne gefor­dert haben, mit­zu­feiern, tat das aber den­noch gut. Das war Balsam für die geschun­dene Fuß­baller-Seele.

2001/02 und 2010/11 wurden Sie Meister mit dem BVB, ohne zum Ein­satz gekommen zu sein. In dieser Saison blieb es bei einer Ein­wech­se­lung am 33. Spieltag beim 5:2 in Kai­sers­lau­tern. Fühlen Sie sich über­haupt als Meister?
Flo­rian Kringe: Man darf nicht ver­gessen, was der Verein in den Jahren dazwi­schen durch­ge­macht hat, als die Insol­venz nur knapp abge­wendet werden konnte. Damals habe ich ent­schei­dend mit­ge­holfen, die Wende ein­zu­leiten. Gerade des­wegen fühle ich mich nicht unwohl dabei, wenn ich auf meine Erfolge schaue und die Meis­ter­titel ent­decke.

In der Saison 2008/09 hat Jürgen Klopp den BVB über­nommen und sie zunächst als Stamm­spieler ein­ge­setzt, danach waren Sie raus aus seinen Pla­nungen. Würden Sie sagen, dass er immer fair mit Ihnen umge­gangen ist?
Flo­rian Kringe: (über­legt lange) Dass ein Trainer nicht mehr mit einem Spieler plant, kommt im Fuß­ball vor. So läuft nunmal das Geschäft. Und mit mir kann man auch über sowas auch reden. Was mich damals störte: Es wurde nicht deut­lich kom­mu­ni­ziert, wie man mit mir plant. Das fand ich nicht in Ord­nung und habe es intern auch ange­spro­chen. Bis es dann end­lich zu einem klä­renden Gespräch kam, war die Zeit knapp geworden. Die Trans­fer­liste stand nur noch vier Wochen offen. Mitt­ler­weile ist das aber Schnee von ges­tern. Wie es danach in Berlin wei­ter­ging – dafür kann keiner was. (Anm. d. Red: Kringe spielte in der Saison 2009/10 bei Hertha BSC, brach sich zweimal den Mit­telfuß und stieg ab)

In den Jahren vor Klopp waren Sie in Dort­mund Füh­rungs­spieler. Konnten Sie diese Rolle weiter aus­füllen, obwohl Sie nicht mehr benö­tigt wurden?
Flo­rian Kringe: Nach meiner Rück­kehr war ich immer noch ver­letzt und ein drei­viertel Jahr in Köln in der Reha. Ich war also nicht nah dran an der Mann­schaft, als sie in der ersten Meis­ter­saison durch­star­tete. Da wäre es ver­messen gewesen, irgend­welche For­de­rungen zu stellen und mich als Füh­rungs­spieler auf­zu­drängen. Es ist ja auch ein ganz nor­maler Pro­zess, dass andere Spieler wie Mats Hum­mels oder Sven Bender in den Mann­schaftsrat nach­rü­cken. Die wirft man dann ja nicht ein­fach wieder raus. Wenn mir etwas auf­ge­fallen ist, habe ich das aber wei­terhin intern ange­spro­chen. Und ein gewisses Stan­ding in der Mann­schaft hatte ich nach wie vor. Das habe ich auch bis zuletzt genossen.

Distan­ziert man sich vom Fuß­ball­ge­schäft, wenn man zwei Jahre lang keine Rolle mehr spielt?
Flo­rian Kringe: Zumin­dest macht man sich andere Gedanken. Als ich ver­letzt war, musste ich mich zwangs­läufig mit einer mög­li­chen Inva­li­dität aus­ein­an­der­setzen. Wenn der Fuß nicht mehr zusam­men­ge­wachsen wäre, hätte es schnell vorbei sein können. Als Fuß­ball­spieler geht es einem sehr gut, doch es ist wichtig, sich nicht nur dar­über zu defi­nieren. Ich hatte immer vor­ge­habt, ein Stu­dium zu beginnen. Das habe ich aber Ewig­keiten vor mir her­ge­schoben. Mitt­ler­weile habe ich ein BWL-Stu­dium an der Fernuni Olden­burg ange­fangen.

Nach dem Pokal­fi­nale werden Sie den BVB ver­lassen. Wie sehen ihre wei­teren Pläne aus?
Flo­rian Kringe. Das ist momentan eine span­nende Zeit. Ich stehe ständig mit meinem Berater in Kon­takt und hoffe, dass sich schnell etwas ergibt, damit ich ent­spannt in den Urlaub fahren und danach mit Elan wieder Fuß­ball spielen kann. Ich würde am liebsten in Deutsch­land bleiben. Auch wegen der Fans. Von der Stim­mung her kann ohnehin nur Eng­land mit­halten.

Flo­rian Kringe, im Pokal­fi­nale werden Sie aller Vor­aus­sicht nach nicht auf dem Platz stehen. Wir möchten Sie den­noch um eine Pro­gnose bitten. Was erwartet uns für ein Spiel?
Flo­rian Kringe: Wir sind richtig gut drauf, die Bayern haben im Sai­son­end­spurt aber auch eine tolle Ver­fas­sung gezeigt. Wir haben bereits einen Titel. Die Bayern können in dieser Saison theo­re­tisch leer aus­gehen, was bei ihren Ansprü­chen fatal wäre. Sie werden auch darauf brennen, uns nach vier Nie­der­lagen end­lich mal wieder zu schlagen. Darauf sind wir ein­ge­stellt.