Manuel Neuer
Wirkt ja oft so, als sei es ihm eigent­lich ein biss­chen pein­lich, hier und jetzt und für alle sichtbar dabei zu sein. Ges­tern wurde klar: Er hat sein Leben lang für dieses Spiel geprobt. Und sollte es stimmen, was Oliver Kahn einst als TV-Experte in die Welt stellte, näm­lich, dass man einen Ball immer halten kann, wenn man auch nur einen Finger dran hat, dann, ja dann wäre das 0:1 even­tuell irgendwie haltbar gewesen. Und wenn der alte Spruch, dass der Keeper an den Ball kommen muss, wenn er denn sein Tor ver­lässt, eben­falls stimmt, dann können wir Neuer auch beim zweiten Tor nicht von jeder Schuld frei­spre­chen. Ansonsten, und das macht den Abend noch etwas bit­terer, wie ein Wal­dorf-Schüler: ohne große Prü­fung.

Mat­thias Ginter
Ungarn wollte, dass die DFB-Elf über Ginter auf­baute und die DFB-Elf baute über Ginter auf. Schlug auch des­halb mehr Halb­feld-Flanken in den Abend als auf eine Willy-Sagnol-Best-Of-VHS (long­play) passen. Hob vor dem 0:1 das Abseits auf und ver­tei­digte Tor­schütze Adam Szalai im Ver­bund mit Mats Hum­mels im klas­si­schen Nimm Du ihn, ich hab ihn sicher.“ Ins­ge­samt ein Abend wie eine Stadt­füh­rung durch Mön­chen­glad­bach: Braucht man nicht zweimal.

Mats Hum­mels
Spielte Außen­rist-Pässe, war zu langsam, sah super aus dabei, setzte einen Kopf­ball an die Latte, spit­zelte in letzter Sekunde einen Ball aus der Gefähr­dung, sah super aus dabei, gab bei Rück­stand und in der 75. Minute erst­mals den Stürmer, machte beim 0:1 keine gute Figur, sah super aus dabei. Kurzum: Wenn einer den späten Jogi Löw ver­kör­pert, dann Mats Hum­mels.

Antonio Rüdiger
Wollte Bälle und den Gegner fressen. Die tief ste­henden Ungarn ent­hielten ihm beides vor. War dar­über offenbar derart ver­dat­tert, dass er beim 0:1 Irgendwo im Nir­gendwo stand. Ansonsten unauf­fällig. Was bei Män­nern, die so wie Rüdiger dunkle (Gesichts-)Masken tragen, selten ein Kom­pli­ment ist.

Zwi­schen Bar­sing­hausen und Bier­de­ckel

Joshua Kim­mich
Hatte ein Herz für den Gegner, stellte sich von der ersten Minute als Pun­ching Ball zur Ver­fü­gung. Sports­ka­merad Attila Fiola nahm das Angebot dan­kend an. Rückte Kim­mich noch mehr auf die Pelle als dessen eigener Ehr­geiz. In der zweiten Halb­zeit rückte Kim­mich dann ins zen­trale Mit­tel­feld. Wirkte dabei wie ein Welt­rei­sender, der nach vier Jahren zurück in seine 1,5‑Zimmer-Wohnung in Bar­sing­hausen kommt: Das soll mein Zuhause sein?“.

Robin Gosens
Trotz klei­nerer Unge­nau­ig­keiten im direkten Zwei­kampf passte die Abstim­mung mit Neben­mann Rüdiger. Offensiv wie Kim­mich in Mann­de­ckung genommen und also wie ein U‑Boot, kurz bevor die Inspek­tion ansteht: abge­taucht. Immerhin: Drib­belte in der 63. und auf dem Bier­de­ckel seinen stärksten Gegen­spieler an diesem Abend aus – sich selbst.