Über 30 Jahre nach der Hillsborough-Katastrophe wird es in den englischen Top-Ligen wieder Stehplätze geben. Fünf Vereine dürfen das sogenannte „Safe Standing“ testen. Für die Zukunft der englischen Fanszene ist das Projekt richtungsweisend.
In der Folge argumentierte beispielsweise die FSA, dass ein sicheres Stadionerlebnis auch mit Stehplatzbereichen möglich sei – wenn nur die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen würden. Ein Aspekt, den unter anderem Ken Scott von der Sports Grounds Safety Authority (SGSA) aufgriff und in eine Reihe von Anforderungen an Stehplätze in Englands Stadien umformulierte. Darunter: Klappsitze, Barrieren und Geländer, eine vollständige Videoüberwachung, die Schulung des Ordnungspersonals, der Aushang eines Verhaltenskodex sowie die strikte Kapazitätsbegrenzung der Stehplatzbereiche. Gerade der letzte Punkt auf der Liste scheint von Bedeutung. Denn mit der nun genehmigten Rückkehr der Stehplätze werden die Kapazitätsgrenzen der Stadien nicht nach oben verschoben. Ein Sitzplatz wird schlicht durch einen Platz im Safe Standing-Bereich ersetzt. Zum Vergleich: In Deutschland entspricht ein Sitz- fast zwei Stehplätzen.
Es geht bei dem Projekt also nicht um eine Rückkehr zum Zustand früherer Tage: Die berühmten Terraces, weitläufige Stehplatzbereiche, wird es in England nicht mehr geben. Doch trotzdem soll einer positiv verlaufenen Testphase eine Wiedereinführung der Stehplätze im kompletten Profibereich folgen. Zumindest, wenn es nach Fanorganisationen geht. Langfristig könnten auch die Stadien der Bundesliga als Vorbild dienen. Scott sagt: „In den kommenden Jahren könnten sich die englischen und walisischen Klubs durchaus am Beispiel Deutschlands orientieren, wo ein Drittel der Stadionkapazität mit Safe Standing-Bereichen abgedeckt ist. Das Stadion von Borussia Dortmund hat zum Beispiel 53.675 Sitz- und 27.589 Stehplätze.“
Für Fanvertreter Kevin Miles von der FSA ist die Rückkehr der Stehplätze selbst im übersichtlichen Rahmen der Testphase richtungsweisend. Schließlich bedeutet der Schritt, dass die Stimme der Stadiongänger im englischen Fußball gehört wird – ein Umstand, der über Jahrzehnte ernsthaft bezweifelt werden musste. „Das ist ein weiterer Erfolg für die Fans, die lange argumentiert haben, dass das Stehen im Stadion auf sichere Weise möglich ist. Wir gratulieren den fünf Klubs dazu, dass sie sich bemüht haben und den Fans nun eine wirklich Wahl lassen, wie sie Fußball schauen wollen.“
Künftiger „Safe Standing“-Bereich an der Stamford Bridge