Marcel Risse streichelt, Anthony Modeste möldert und Eintracht Frankfurt lebt – stirbt tausend Tode: unsere 11 des Spieltags.
Marcel Risse
Umfragen auf dem Redaktionsklo und in der Raucherecke haben ergeben: Der Außenrist ist die erogenste Zone von Männern zwischen 21 und 50 Jahren, die ihren Lebensmittelpunkt in Berlin haben und für ein Magazin für Fußballkultur arbeiten. In diesem Sinne wollen wir Kölns Marcel Risse danken, für den wohligen Schauer, den er uns mit seinem sensationellen Außenrist-Chip zum 3:1 gegen Darmstadt auf den Schlappen zauberte. Es gibt Kollegen, die heute in Satin-Bademantel zur Arbeit erschienen sind und in deren Büro noch immer Barry White läuft.
Anthony Modeste
Ach, wir vermissen Sascha Mölders. Irgendwie ist die Liga nicht mehr das gleiche ohne diesen Sturmbüffel, der einerseits einen so zutraulichen Eindruck macht, nur um dann im nächsten Moment loszusprinten und blaue Flecken an Gegner zu verteilen. Gut also, dass mit Anthony Modeste ein Stürmer derzeit die Liga aufmischt, der in seinen besten Momenten alles Saschamölderige vereint, das wir so lieben. Die Wucht, die Ochsigkeit, das melodische Klingeln seiner Kuhglocke, wenn er sprintet, die Schmerzensschreie der Gegner, wenn ihnen Modestes Kantigkeit ein lebenslang bleibendes Hämatom aufs Becken getackert hat. Danke dafür.
Änis Ben-Hatira / Marco Russ
Die schönsten Dinge tut man ja im Sitzen: Essen zum Beispiel, oder Fernsehen, oder auch Sitzen. Umso toller, dass Frankfurts Änis Ben-Hatira und Marco Russ dieser im Fußball sträflich unterrepräsentierten Tätigkeit zu Glanz verhalfen, als sowohl die Vorlage Ben-Hatiras als auch Russ’ Torschuss zum 1:1 im Sitzen erfolgten. Beziehungsweise im Aufstehen, was ja schon wieder nicht mehr so viel Spaß macht. Aber gut, man kann nicht alles haben.
Stefan Bells Rücken
Das heißersehnte Siegtor der Eintracht ging übrigens auf das Konto von Stefan Bells Rücken, von wo eine Flanke Ben-Hatiras abgefälscht den Weg über Loris Karius hinweg ins Netz fand. Sollte dieser so unglaublich wichtige Sieg also zum Klassenerhalt der Eintracht führen, überlegt sich der Autor dieser Zeilen und Eintracht-Fan seit ca. 1528, sich Stefan Bells Rücken auf den Rücken tätowieren zu lassen. Wenn neben dem Porträt von Bernd Nickel noch Platz ist.
Daniel Brosinski
Zwischen all den Rückentoren und Sitz-Slapstickeinlagen des Spiels ging ein wenig Daniel Brosinskis Superfreistoß unter, mit dem er seine Mainzer 1:0 in Führung geschossen hatte. Aus knapp 25 Metern zwirbelte Brosinksi den Ball mit Schmackes und ordentlich Drall über die Mauer in den linken Winkel, wahrscheinlich würde der Ball noch immer im Stadion seine Runden drehen, hätte das Tornetz ihn nicht aufgehalten.
Leon Balogun
Gut, wenn wir gegen Carlos Zambrano spielen müssten, würden wir auch wütend werden. Allerdings in sicherem Abstand, wahrscheinlich weinend an der Eckfahne oder zu Hause in Klamotten unter einer kalten Dusche sitzend. Anders Leon Balogun, der in der Schlussphase der Partie seinem Frust freien Lauf ließ und Carlos Zambrano nach einem eigentlich recht normalen Zweikampf mit dem Knie in den Bauch trat. Ein Foul, so asozial, dass RTL2 eine Reality Soap darüber in Auftrag gegeben hat.
Matthias Sammer
Dass ein Hitzkopf wie Matthias Sammer an einer Durchblutungsstörung im Gehirn leidet, könnte man getrost als Pointe stehen lassen, wäre das ganze nicht so fürchterlich. Glücklicherweise ist die Prognose gut, Sammer wird vollständig gesund werden. An dieser Stelle machen wir ja gerne Gags über Münchens Feuerkopf, darüber, wie er selbst bei einem 7:0 noch zur Ruhe mahnt oder kalten Hass über all jene ausschüttet, die auch nur daran denken, sich zwischen Sammer und den Erfolg zu stellen. Heute jedoch zünden wir nachdenklich ein Streichholz an und wünschen Matthias Sammer alles Gute und eine schnelle Genesung. Auf dass er bald wieder gesund zurückkommt und Leute an der Seitenlinie zusammenscheißt.
Daniel Stendel
Man kann Hannovers Daniel Stendel eigentlich nichts vorwerfen, außer vielleicht das schlechteste Timing der Welt zu haben. Unter dem Interimstrainer holte Hannover fünf Punkte in drei Spielen, eine Bilanz, die in Thomasschaafistan locker für das Double gereicht hätte. Dumm nur, dass der Trainerwechsel derart spät kam, dass man Stendel in Hannover ab und an schon mit der Deutschen Bahn verwechselt. Aber vielleicht kann er seine gute Arbeit ja in der Zweiten Liga fortsetzen.
Pierre-Michel Lasogga
Aus der Tiefe einer monatelangen Formkrise bombte sich Pierre-Michel Lasogga am Freitag zurück ins Rampenlicht. Mit zwei Toren, die lasoggahafter kaum hätten sein können, entschied Hamburgs fußballspielende Betonmischmaschine das Nordderby quasi im Alleingang. Insbesondere sein zweiter Treffer, bei dem er den mit Hanteln und Backsteinen gefüllten Fleischsack, den er seinen Körper nennt, mit Wucht in eine Flanke warf, war aller Sturmtankehren wert. Man hat schon Abrissbirnen zögerlicher in ein Haus einschlagen sehen.
Claudio Pizarro
Normalerweise steht Bremens lebender Strandurlaub Claudio Pizarro in der 11 des Spieltags, weil er Cocktailtrinkend Dreierpacks schießt oder mit Werder Bremen die Beachsoccer-Championsleague aufmischt, während er nebenher den Hang-Loose-Gruß perfektioniert. In dieser Woche allerdings findet er sich in dieser Liste, weil er gegen den HSV tatsächlich einen Elfmeter verschoss, der den Bremern vielleicht doch noch zu den so dringend benötigten Punkten verholfen hätte. Immerhin: Verlorene Coolnesspunkte sammelte Pizarro indes direkt nach Spielende, als er im Sportschauinterview die Ursache für den verschossenen Elfer erklärte: „Ich habe eben einfach verschossen.“ So einfach kann das Leben sein, wenn man Claudio Pizarro ist.