Best of 2018: Lukas Podolski ist ein Tausendsassa. Sein neuestes Projekt: Ein Dönerladen mitten in Köln. Warum macht er das? Und, viel wichtiger: Wie schmeckt das? Eine Stilkritik – mit Salat komplett.
Wenn in Köln ein neuer Dönerladen eröffnet, kräht kein Hahn danach. Am Eröffnungstag hängen vielleicht ein paar bunte Luftballons an der Markise. Auf den Fensterscheiben steht in knallgelben Buchstaben „Neueröffnung“ geschrieben. „Aktionspreis: 2,99€!“ Anwohnern fällt das neue Lokal auf, manche freuen sich vielleicht kurz, denken sich: Hey super, endlich muss ich die Straßenseite nicht mehr wechseln.
Sobald die Luftballons und die Aufkleber aber entfernt sind und sich der Laden in die lange Riege an Dönerläden in Köln einreiht, vergessen alle, wie lange das Etablissement überhaupt schon existiert. Oder gab es den Laden nicht schon immer?
Nicht so bei der Eröffnung von „Mangal Döner“. An der Markise des äußerlich unscheinbaren und kleinen Lokals, flankiert von Bäcker und Supermarkt, hängen keine bunten Luftballons, auch keine knallgelben Buchstaben. Stattdessen die schlichten Initialen „LP“ und eine als Potenzzahl geschriebene 10. Und schon ist alles anders.
Köln folgt seinem Prinzen
Nach seinem Modehaus „Strassenkicker“, inklusive eigenem Label, und einer Eisdiele, ist das Dönerfenster am traditionsreichen Chlodwigplatz in der belebten Südstadt bereits die dritte Anlaufstelle für all diejenige, die den Geist von Lukas Podolski, nach wie vor Kölns Lieblingssohn, spüren wollen. Zählt man den Effzeh dazu, der ja auch irgendwie immer ein bisschen Poldi sein wird, sind es sogar vier.
Zur Eröffnung seines neuen Projekts hat der Prinz persönlich gerufen. Und sein Volk ist gekommen. Schon Stunden vor der offiziellen Eröffnung blockiert eine 50 Meter lange Schlange den Eingang des bemitleidenswerten Supermarkts nebenan. Die ersten zehn Fans in der Pole Position, Teenies, Typ Bravo-Sport-Leser, stehen seit 12:00 Uhr hier. Startschuss ist um 16:00 Uhr. Sie singen kölsche Lieder als Zeitvertreib und stehen sich geduldig die Füße in den Bauch.
Döner als Wegbegleiter
Denn bevor er sich seinen treuen Fans hingibt, lädt Podolski zum Pressegespräch. Warum Döner? „Ein Fünf-Sterne-Restaurant passt nicht zu mir. Ich bin kein Anzugträger“, schmunzelt er. „Der Döner begleitet mich dagegen schon mein Leben lang.“ Er trägt Jogginghose und Kapuzensweater. Straßenkicker trifft Dönerspieß.
Nicht zu vernachlässigen ist seine Leidenschaft für die türkische Kultur und ihrer kulinarischen Spezialitäten, die durch seine Zeit bei Galatasaray geprägt wurde. Und die Tatsache, dass Podolski das schafft, wovon unsereins nur träumen kann: Er sieht beim Döneressen richtig gut aus. Keine von Joghurtsoße getränkte Nase nach dem beherzten Biss in die üppige Mahlzeit. Kein Krautsalat, der aus dem Mundwinkel lugt und wie eine Spaghetti eingesogen werden muss.
Klar, der Döner ist eine wunderbare Erfindung. Aber seien wir ehrlich: Er ist weder appetitlich, noch verzehrfreundlich. Doch Poldi wirkt mit Döner im Mund wie mit dem Ball am Fuß: Lässig, stilecht, cool, sexy. Das alles zusammengefasst erklärt die „spontane Idee“, zusammen mit den türkischen Brüdern Salih und Metin Dag, zwei in Köln bekannten und erfahrenen Restaurantbesitzer, Podolskis Faible in einem neuen Lokal umzusetzen.
Ohne Projekte wie dieses wäre dem Ex-Nationalspieler schnell langweilig: „Andere packen nach dem Training ihre Golftasche und hängen den ganzen Tag am Golfplatz herum. Ich verkaufe dafür Eis, Döner, Klamotten, habe Spaß dabei und jeder hat etwas davon.“
Und wo Podolski drauf steht, da ist auch Podolski drin. „Ich stehe zu 100 Prozent hinter dem Projekt und bringe mich ein, wo ich kann. Ich will informiert sein und das Projekt weiterentwickeln. Ich gebe immer Vollgas“, betont er. Er beteiligte sich an dem Konzept, der Marke, dem Produkt und dem Design. Und er hat Ansprüche.
Podolski legt besonders viel Wert auf ein qualitativ hochwertiges Produkt. Wenn man nicht gerade um 7:00 Uhr morgens aus dem Late-Night-Club gestolpert kommt, ist Döner schließlich nicht gleich Döner. So wird der Dönerspieß hier selbst gemacht, das Brot in eigener Backstube frisch gebacken. Industrielle Produkte, tiefgekühlt vom Großhandel geliefert, kommen hier nicht ins Sandwich. Ein Merkmal, das bereits in Podolskis Eisdiele, seit Sommer 2017 im Betrieb, deutlich wurde. Kein Mainstream, stattdessen Kreativität, Eigenkreation und Engagement. Gerade beim schnelllebigen Kebap-Geschäft ist das von Nöten, die Konkurrenz ist schließlich nur einen Zebrastreifen entfernt.
Genuss für fairen Preis
Und, was soll man sagen: Podolski hat es geschafft. Der Döner schmeckt fantastisch. Das Brot, außen kross, innen fluffig. Das Fleisch, wunderbar gewürzt, schön scharf. Der Salat knackig. Erstaunlich, was ein bisschen Minze im Tomaten-Gurken-Salat und ein Spritzer Zitronensaft bewirken können. Jegliche kritische Distanz geht da schnell mal verloren. Und ein eigentlich objektiv gedachter Artikel wird urplötzlich zum Marketingtext.
Gebratenes Gemüse wie Auberginen, Zucchini und Paprika stehen ebenfalls zur Verfügung, verfeinern das Angebot und unterstreichen das Alleinstellungsmerkmal. Denn wer dachte, das Potential des Döners sei mit Zwiebel, (Kraut)Salat und Sauce ausgeschöpft, der irrt sich gewaltig.
4,50 Euro kostet die großzügige Portion. Jedem Studenten, dem nun vor Schreck der Kochlöffel in den Nudeltopf gefallen ist, dem sei gesagt: Es ist ein vollkommen angemessener und fairer Preis, berücksichtigt man die Qualität und die Konkurrenz in Köln, die auf der Preisleiter mittlerweile zum Teil auf fünf Euro geklettert ist.
Vom Straßenkicker für Straßenkicker
Die wartende Meute vor der Tür interessiert der Preis sowieso am wenigsten. Um 16.10 Uhr ist es endlich soweit: Podolski setzt sein schönstes Poldi-Lächeln auf und reißt das Papier von der Fensterscheibe. Knapp 1.000 Menschen, die sehnsüchtig auf ihren Prinzen gewartet haben, lächeln zurück, jubeln, kreischen.
Die ersten Gäste bekommen ihren Döner von ihrem Helden persönlich überreicht. Mädchen mit Schnappatmung weinen und machen diese fächernde Handbewegung vor ihrem Gesicht, Jungs in Jogginghosen strahlen über beide Ohren. Straßenkicker trifft Straßenkicker.
Während der Essensausgabe nimmt sich Podolski über eine Stunde Zeit für seine Fans, schreibt fleißig Autogramme und macht Fotos, wie immer gut gelaunt und volksnah, so groß das Gedränge auch ist. Er ist und bleibt ein Star zum Anfassen. Und was er wiederum anfasst, das wird in Köln zu Gold. Ganz ohne bunte Luftballons und knallgelbe Buchstaben.