Das Gericht des Norddeutschen Fußballverbandes hat einen Berufungsantrag des SV Babelsberg nach den Ausschreitungen im Derby gegen Energie Cottbus und einem haarsträubenden Urteil abgelehnt. Der Grund: eine Formalie.
An dieser Stelle wird es – zumindest für Hobbyjuristen – interessant. Denn Lischewski beruft sich auf die Zivilprozessordnung, nach der bei Sportgerichten entschieden werde. Nur: Davon ist in der Verfahrensordnung des NOFV nichts zu lesen. Und auch ein Hinweis, dass eine Unterschrift, noch dazu von einer Privatperson, geleistet werden muss, ist nicht auffindbar.
„Das Postfach ist passwortgeschützt und nur autorisierten Mitarbeitern des Vereins zugänglich“, sagt Babelsbergs Präsident Horlitz, und: „In meinen vier Jahren als Präsident hat der Verein circa fünf-sechs Mal diesen Weg der Einreichung bei Sportgerichtsverfahren genutzt. Nie war das ein Problem.“ Jetzt schon, sagen die Richter. Fest steht: es ist eine realitätsgewordene Paragraphenreiterei. Richter Lischewski sagt: „Schauen Sie in die Zivilprozessordnung. Schauen Sie ins BGB.“
Was im BGB steht
Und genau dort, im BGB, direkt bei Paragraf 26 steht: „Der Verein muss einen Vorstand haben. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.“ Und Paragraf 164 verdeutlicht: „Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen.“ Es ist in diesem Zusammenhang schon die Frage erlaubt, warum dann die Grußformel „Mit blauweißbunten Grüßen, SV Babelsberg 03 e.V. Vorstand“ diesmal – ausgerechnet diesmal – einfach nicht ausreicht. Oder besser: zurückgewiesen wurde.
Horlitz redet sich in Rage: „Dieses Urteil ist ein Treppenwitz der Geschichte.“ Er meint, dass sein Verein für Zivilcourage mit einer Geldstrafe belegt wurde. Und das härter als die Nazis aus dem Cottbuser Block. Denn während das NOFV-Verbandsgericht die Babelsberger Berufung ablehnte, wurde über das Cottbuser Urteil neu verhandelt. Mit einem erstaunlichen Ergebnis: aus 10.000 Euro und einem Geisterspiel machte die übergeordnete Instanz eine Auswärtsfahrersperre beim nächsten Babelsberg-Besuch und 4.000 Euro Strafe – auf Bewährung!
Wie viel sieht das rechte Auge?
Eine Unverhältnismäßigkeit? Richter Lischewski, der abseits des Verbandes Anwalt in einer Berliner Kanzlei ist, betont: „Wir haben es uns in beiden Fällen nicht einfach gemacht. Bei Rassismus verstehen wir keinen Spaß.“
Babelsbergs Anwälte haben nun eine Gegendarstellung beim Präsidium eingereicht, das am 21. September darüber entscheiden möchte. Ob das erfolgreich ist? Immerhin sitzen im Präsidium ausgerechnet auch Lischewski und Oberholz – die Richter der ersten beiden Verfahren.
Der NOFV wird tagen, überlegen und diskutieren. Vielleicht findet er eine Möglichkeit. Denn ganz bestimmt möchte er sich den folgenden Vorwurf von Babelsbergs Präsident Horlitz nicht gefallen lassen: „Urteile wie diese lassen befürchten, dass der NOFV auf dem rechten Auge blind ist“.