Er verzauberte die Premier League und scheffelte Millionen. Doch sein wahres Fußballglück fand Alan Smith erst, als er in der 4. Liga spielte – für 500 Pfund pro Woche.
„Viele haben mich gefragt: Was willst du da, warum spielst du für 500 Pfund pro Woche?“, erzählt Smith und beantwortet die Frage gleich mit: „Die vielen charakterlich guten Menschen, die ich in den unteren Ligen kennengelernt habe, haben mich dazu bewogen, immer weiterzumachen“, verrät er. „Diese Jahre haben aus mir definitiv einen besseren Menschen gemacht und ich hätte nie, nie, nie freiwillig aufgehört. Die Zeit mit den Lads, die Auswärtsfahrten – all das wird mir so fehlen. Aber leider habe ich zuletzt gespürt, dass mir das Training mittlerweile mehr wehtut, als es mir gut tut.“
Die meisten seiner Mitspieler bei Notts County kannten Alan Smith noch aus dem Fernsehen, sahen ihn einst im Leeds‑, ManU- oder Nationaltrikot jubeln. Manche, gerade die Jüngeren, kannten seine Geschichte nur vom Hörensagen. Smith selbst ging nie mit Anekdoten aus der großen Zeit hausieren. Bei Notts County hieß er nur „Smudge“, wie in seinen Kindertagen, und war einer von den „Lads“. Die 500 Pfund pro Woche waren ihm wurscht. Smith hätte auch für lau gekickt. Vermutlich würde er sogar Geld bezahlen, wenn er noch eine weitere Saison dranhängen dürfte. Doch er muss einsehen, dass es vorbei ist: „Jeden Morgen nach dem Aufstehen ist mein Knöchel völlig steif“, erzählt er.
„Solange es gesundheitlich irgendwie geht, will ich dabei bleiben“
Irgendwann musste es so kommen. Das wusste Alan Smith und genoss seine letzten Jahre auf dem Platz wie warme Sonnenstrahlen im Spätherbst. „Ich dachte nur: Solange ich noch meinen Beitrag leisten kann und es gesundheitlich irgendwie geht, will ich dabei bleiben.“ Immerhin 64 Spiele absolviert er in drei Jahren für Notts County, seine persönliche Ausbeute: vier Assists, kein Treffer. „Ich hatte schon lange umgesattelt auf Mittelfeldspieler“, klärt Smith auf, „ganz vorne konnte ich nicht mehr spielen, dafür fehlte mir einfach die Spritzigkeit und die Wendigkeit.“ In seiner neuen, defensiveren Rolle konnte er mit anderen Qualitäten überzeugen: Erfahrung, Auge und Ruhe am Ball.
An jenen Moment im Februar 2006, als er nach einer Liverpooler Freistoßvariante mit gestrecktem linken Beim den Gewaltschuss von John Arne Riise blocken wollte, denkt Alan Smith nur noch selten zurück. Riise zog damals ungerührt durch, trat den Ball mit voller Wucht und anschließend das Bein des Gegenspielers durch. So ist Fußball. Smith hat dem Norweger nie einen Vorwurf gemacht. Er hatte wohl auch andere Sorgen damals: Schrecklich kompliziert waren die Frakturen, beängstigend zögerlich die Prognosen der Ärzte, viel zu schleppend der Heilungsprozess und die Reha.
„Ich musste mich jeden Tag über fürchterliche Schmerzen hinwegbeißen“, erinnert sich Smith. „Vielleicht wär’s leichter gewesen, aufzuhören und als Top-Premier-League-Spieler in Erinnerung zu bleiben. Aber das wollte ich nicht, weil ich den Fußball so liebe. Und für die Liebe nimmt man bekanntlich vieles in Kauf.“