Sebastian Kehl machte seine ersten Spiele in der Helmut-Kohl-Ära. Und als Claudio Pizarro nach Deutschland kam, telefonierten wir noch mit Antennenhandys. Jetzt ist für sie und viele andere Bundesligaprofis Schluss. Schade eigentlich.
Nikolce Noveski (1.FSV Mainz 05): Oh Captain, mein Captain!
Das Versprechen „Dir stehen bei uns alle Türen offen“ ist ein Klassiker am Karriereende. Meistens aber leider nur so viel wert wie „Lass uns Freunde bleiben“ nach der Trennung von der Freundin. Auch Nikolce Noveski wurde von Mainz-Manager Christian Heidel angeboten, künftig im Klub mitarbeiten zu dürfen. Weil sein Ende in Mainz ihm aber erst vor Kurzem mitgeteilt wurde, beantwortete er die Frage schön ironisch: „Vielleicht in der Kommunikationsabteilung!“ Noveski gehörte nie zu denjenigen, die den Mund weit aufrissen. „Viele Taten, wenige Worte“ schrieben die Mainzer Fans auf ein Banner zum Abschied und bedankten sich bei einem, der ihrem Verein elf Jahre lang treu blieb.
2004 kam der Mazedonier aus Aue. Im Sommer 2007 erreichte er Mainzer Heldenstatus, als er trotz Abstieg und Angebote anderer Vereine seinen Vertrag verlängerte. Jürgen Klopp machte ihn zum Kapitän. Noveski verkörpert den Wandel vom immer wieder gescheiterten Fast-Aufsteiger der zweiten Liga unter Klopp zum soliden Erstligisten heute. „Lebendige Tradition“ nannte Christian Heidel das. In der Bundesliga blieb ihm aber zuletzt meistens nur der Platz auf der Tribüne, nur zehn Mal stand er auf dem Feld. Es wurde Zeit zu gehen.
Der Verein ließ seine Karriere auf der Videowand vorbeiziehen, die Fans zeigten eine Choreographie mit „Oh Captain, mein Captain“ und skandierten minutenlang seinen Namen. Noveski weinte. Er ist Mainzer Rekordspieler, wird nun Ehrenspielführer und auch das wird ihm bleiben: Niemand schoss in der Bundesliga mehr Eigentore: sechs Stück.
Simon Rolfes (Bayer Leverkusen): Der Planer
Es geht ein Fußballer, den Spieler wie Bernd Schneider und Carsten Ramelow im Bundesliga-Alltag erzogen. Namen, die aus einer Zeit stammen, in der wir stolz auf unser graues Nokia 3210 waren und in denen es um Snake-Highscores ging.
Seitdem vollzog sich der Wandel vom Nokia zur Smartwatch für Rolfes zu schnell: „Das finde ich seltsam“, sagte er vor kurzem über die Art, sich vor allem digital zu unterhalten. Er beschritt eigene Wege, interessierte sich für Aktien von Toilettenfirmen und gründete eine Beraterfirma, in der er ab August arbeiten wird.
Rolfes plante sein Karriere versessen sorgfältig. Nachdem er sich im Bremer Doublesiegerteam von 2004 nicht durchsetzte, wechselte er nach Aachen und trainierte gemeinsam mit 400-Meter-Sprintern, um Wettkampfhärte zu erlangen. In Leverkusen verpasste er in seinen ersten Jahren kein einziges Bundesligaspiel, wurde 2008 Kapitän und spielte im gleichen Jahr bei der EM. Dort verdrängten ihn irgendwann Gündogan und Khedira, in Leverkusen aber blieb er bis zum Schluss Stammspieler einer Champions-League-Mannschaft: „Eine Karriere als Fußballer ist wunderbar und sollte wunderbar enden“, sagte er. Ein typischer Rolfes-Satz, der seine Worte in Interviews darauf prüfte, ob sie seiner Rolle als langfristigen Planer gerecht wurden. Es gab das Angebot von Rudi Völler, im Verein zu arbeiten, doch Rolfes möchte selbstständig sein, Profis am liebsten 30 Jahre lang durch die Karriere begleiten, wie er der „Bild“ erklärte. 30 Jahre, das wird spannend.
Das sind natürlich nur ein paar Spieler, die wir in Zukunft vermissen werden. Auch Rafael van der Vaart (Hamburger SV), Christian Pander, Jan Schlaudraff (beide Hannover 96), Filip Daems, Thorben Marx (beide Borussia Mönchengladbach), Pavel Krmas (SC Freiburg) und viele andere werden die Bundesliga am Ende dieser Saison verlassen.