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Seite 3: Flamengo ist Brasilien und Brasilien ist Flamengo

Einmal, als ihm im Derby gegen Vasco die sel­tene Ehre eines erfolg­rei­ches Tor­schusses zuteil wurde, zele­brierte er seinen Jubel mit rudernden Armen und krei­senden Hüften exakt, so wie es Vascos Klub­le­gende Edmundo Ende der Neun­ziger nach einem berühmten Tor gegen Fla­mengo gemacht hat. Das Mara­cana tobte, und Raf­inha merkte später an, er habe nur den großen Edmundo preisen wollen: Ich war bei seinem Tor zwölf Jahre alt und fand ihn ein­fach cool.“ Ein anderes Mal, es ging gegen den FC Sao Paulo, gab er auf der Ersatz­bank den Capo. Den Ein­peit­scher unten am Rasen. Raf­inha funk­tio­nierte seine Schien­bein­schoner zu Trom­mel­stö­cken um, er wippte erst sit­zend mit dem Ober­körper im Takt, sprang dann auf und sang laut die Klub­hymne von den hel­den­haften Kämp­fern, den Cham­pions zu Land und zur See: Fla­mengo, Fla­mengo /​Tua gloria e lutar / Fla­mengo, Fla­mengo /​Campeao de terra e mar. Das Video vom trom­melnden, wip­penden, sin­genden Raf­inha ging in Bra­si­lien viral und ist bis heute ein Renner auf You­tube.

Fla­mengo steht für das schöne, das lie­bens­werte, das ras­sen­über­grei­fende Bra­si­lien. Seine Fans kommen aus dem ganzen Land und, wich­tiger noch, auch aus ganz Rio. Aus dem Finanz­di­strikt im Zen­trum, den Stränden von Copa­ca­bana und Ipanema und den Favelas auf den Hügeln mit­ten­drin. Wie zu Zicos Zeiten ist der Klub Bra­si­lien und Bra­si­lien Fla­mengo. Die Fla­men­gu­istas sind schwarz und weiß und braun und scheren sich nicht darum. Als vor ein paar Jahren der dama­lige US-Prä­si­dent Barack Obama nach Rio kam, schaute er wie selbst­ver­ständ­lich auch kurz bei Fla­mengo vorbei. Er wollte gerade wieder in seinen Hub­schrauber steigen, da trat die Klub­prä­si­dentin nach vorn, schlüpfte aus einem über die offi­zi­elle Gar­de­robe gestreiften Fla­mengo-Trikot und drückte es dem ver­blüfften Obama in die Hand: Für Sie, Mr. Pre­si­dent! Sie sind jetzt der neu­este Fla­mengo-Zugang!“

Helm-Hilfe von Petr Cech

Mag sein, dass Fla­mengo für Raf­inha am Anfang ein Aben­teuer war, ein Zuge­ständnis an die drei Kinder und seine Frau, die sich nach 14 Jahren in Europa nach der Heimat sehnten. Und wer hätte schon gedacht, dass sich alles so per­fekt fügt? Nach dem Abschied aus Mün­chen war keine Zeit für einen Urlaub, denn in Bra­si­lien wird fast immer gespielt. Begin­nend mit den Staats­meis­ter­schaften, an die sich nahtlos das Cam­peo­nato Bra­sileiro anschließt, und zwi­schen­durch ist da noch die Copa Libert­adores. In Deutsch­land stöhnen sie über 50 Spiele im Jahr“, sagt Raf­inha. In Bra­si­lien kommst du locker auf 80.“

Gleich am Anfang ver­wan­delte er im Copa-Ach­tel­fi­nale den ent­schei­denden Elf­meter gegen die ecua­do­ria­ni­schen Sports­ka­me­raden von CS Emelec. Und wurde auf dem Weg ins End­spiel dann bei­nahe noch gestoppt. Als er mit einem Stürmer von Atle­tico Par­an­aense zusam­men­ras­selte und einen dop­pelten Joch­bein­bruch davon­trug. Raf­inha war ver­zwei­felt. Auch wegen der Schwere der Ver­let­zung, vor allem aber, weil es nur noch zwei Wochen waren bis zum Halb­fi­nale. Da eilten David Luiz und Petr Cech ihm zu Hilfe. Luiz, der bra­si­lia­ni­sche Ver­tei­diger vom FC Arsenal, erzählte Raf­inha die Geschichte vom Ex-Mit­spieler Petr Cech, der seine Kar­riere nach einem Schä­del­ba­sis­bruch mit einem spe­ziell für ihn zuge­schnit­tenen Rug­by­helm fort­ge­setzt hatte. Hilft nicht bei der Hei­lung, hält aber den Kno­chen stabil, wenn sich viel­leicht doch ein Ellen­bogen in Rich­tung Kopf ver­irrt. Raf­inha kon­sul­tierte den Klub­arzt, ließ nach der Ope­ra­tion seinen Schädel ver­messen und über­mit­telte die Daten nach London. David Luiz gab auf Cechs Ver­mitt­lung eine Son­der­an­fer­ti­gung in Auf­trag und küm­merte sich um die Logistik. Zwei Wochen später stand Raf­inha wieder auf dem Platz, gewann mit Fla­mengo das Halb­fi­nale und schwor Luiz ewige Dank­bar­keit.

Wir haben gezeigt, dass wir wieder mit den besten Teams der Welt mit­halten können“

Rafinha

Der Rest war die Kür. Die Reise nach Lima und das Finale gegen River Plate, in dem Fla­mengo lange Zeit 0:1 zurücklag und durch zwei super­späte Tore von Gabigol“ doch noch die Wende schaffte.

Die schlei­chende Tri­umph­fahrt mit dem Par­tybus durch Rio de Janeiro samt nebenbei gewon­nener Meis­ter­schaft. Dass es bei der Klub-WM in Doha nur zu Platz zwei reichte, erst in der Ver­län­ge­rung denkbar knapp geschlagen vom FC Liver­pool – sei’s drum. Wir haben gezeigt, dass wir mit den Besten der Welt mit­halten können“, sagt Raf­inha. Und irgend­einen Anreiz müsse ja auch die neue Saison bieten, sie hat schon wieder begonnen, Mitte Januar mit dem Cam­peo­nato Carioca. Bra­si­lien ist, wo immer Fuß­ball gespielt wird.