So, das wäre geschafft. Nach exakt 280 Tagen hat dieser WM-Countdown sein natürliches Ziel erreicht – das Ende.
Aber das heißt natürlich nicht, dass die Arbeit nun erledigt wäre. Im Gegenteil, die härteste Aufgabe steht uns allen noch bevor. Vier Wochen lang Fußball-Overkill, vier Wochen lang Live-Übertragung an Live-Übertragung, vier Wochen lang das große Latinum rauf und runter.
Einfaches Spiel, schwere Sprache
Ja, das Latinum. Hört man sich die Sprache unserer Fußball-Reporter nämlich genauer an, dann fällt einem auf, dass sie seltsam hochgestochen ist. Für ein so einfaches Spiel wie Fußball werden erstaunlich viele Ausdrücke benutzt, die der Duden mindestens als gehoben, oft sogar als bildungssprachlich einstuft.
Damit ist jetzt nicht der moderne Trainer-Jargon gemeint (Domenico Tedesco: „Die Kopfballduelle, die Naldo für sich entscheiden konnte, haben wir nicht mehr magnetisiert“), sondern all die Ausdrücke, die schon seit Jahrzehnten wie selbstverständlich von den Lippen der Berichterstatter purzeln, obwohl man sie in einer normalen Unterhaltung niemals benutzen würde.
Agierende Akteure
So spielen Spieler ja gar nicht. Stattdessen „agieren“ sie. Oder sie „absolvieren“ eine Partie. In dieser schießen sie dann nicht etwa den Ausgleich, sondern „egalisieren“. (Oder „markieren“ eben jenen Ausgleich.) Unter Verletzungen leiden Fußballer seltsamerweise nur sehr selten, meistens „laborieren“ sie an ihnen. Ihre Mittel sind „probat“, ihre Schüsse „fulminant“. Passiert ihnen ein Fehler, ist das ein „Lapsus“. In der Regel ist dieser sogar „eklatant“. Vielleicht liegt es daran, dass sie Dinge nicht mehr voraussehen können, sondern „antizipieren“ müssen.
Besonders gelehrt geht es zwischen den Spielern – Entschuldigung: den „Akteuren“ – und der Person zu, die als Schiedsrichter „fungiert“. Denn Fußballer meckern und jammern nicht, sie „monieren“ und „lamentieren“. Haben sie ein Spiel gewonnen, war das „eminent“ wichtig. Etwas neueren Datums, aber inzwischen ebenso etabliert, ist das Ableben der herausgespielten Torchancen. Denn diese werden inzwischen „kreiert“.