Der chinesische Innenverteidiger Feng Xiaoting wurde aus seinem Erstliga-Team verbannt. Der offizielle Grund: sein schlechter Auftritt für die Nationalmannschaft. Inoffiziell sieht die Sache anders aus.
So unbekannt sein Name hier in Deutschland sein mag, Feng Xiaoting ist ein großer Mann des chinesischen Fußballs. Seit 2004 lief der Innenverteidiger regelmäßig für sein Land auf, dort ist er Ersatzkapitän. Als Spieler von Guangzhou Evergrande wurde er 2017 ins Allstar-Team der asiatischen Champions League gewählt. Doch nun, im Alter von 33 Jahren, steht am Tiefpunkt seiner Karriere.
Seit gestern darf Feng Xiaoting vorerst nicht mehr mit der ersten Mannschaft von Guangzhou Evergrande trainieren, sondern muss sich in der Reserve fit halten. Ursache soll Xiaotings Auftritt beim Viertelfinalspiel des Asia-Cups sein. So begründet es zumindest der Verein.
Suspendierung statt Medaille
Die entscheidende Szene, die Xiaoting die Karriere kostet, geschieht in der 18.Spielminute im Spiel zwischen China und dem Iran. Chinas Defensive steht hoch, da segelt ein langer Pass über die Köpfe der Verteidiger. Xiaoting läuft hinterher, muss nur noch zurück zu seinem Torwart spielen, doch er wartet zu lange und Irans Sardar Azmoun stibitzt ihm den Ball, legt quer. 1:0 für den Iran. Chinas Trainer Marcello Lippi ist außer sich, zehn Minuten später wechselt er Xiaoting aus.
Kaum war die chinesische Mannschaft wieder in der Heimat gelandet, setzte sich der Verein Guangzhou mit seinen Nationalspielern zusammen, um deren Turnierleistung zu diskutieren. Ergebnis: die drei Spieler Zheng Zhi, Zhang Linpeng und Gao Lin bekamen die Medaille „Evergrandes Spieler für die Nationale Ehre“ verliehen – Feng Xiaoting wurde degradiert.
Was zunächst nach einer harten Strafe aussieht, wird erst auf den zweiten Blick merkwürdig. Denn China verlor nicht 0:1 gegen den Iran, sondern 0:3. Die anderen beiden Gegentore entstanden ebenfalls durch individuelle Fehler. Einmal grätschte Verteidiger Liu Yiming daneben, einmal konnte sein Nebenmann Shi Ke den Ball nicht richtig kontrollieren. Feng Xiaoting ist also nicht der einzige Buhmann gewesen. Nach der Partie schimpfte Marcello Lippi über sein gesamtes Team. „Solche Aussetzer sind inakzeptabel. Ich danke meinen Spielern für ihren Einsatz, aber nicht für das, was sie heute abgeliefert haben.“
Steckt also doch mehr hinter der Suspendierung? Es geistert das Gerücht herum, Xiaoting selbst hätte vor dem Viertelfinale auf seinen Gegner, den Iran gewettet. Der Beleg dafür sollen laut dem Internetportal Wild East Football Screenshots aus einem privatem Chat sein. Sie stammen von einem unbekannten Spieler vom chinesischen Erstligisten Jiangsu Suning. Er schreibt einem Freund, er wüsste sicher, dass Hao Junmin (ein Ex-Schalker), Wu Xi, Shi Ke (machte den Fehler vor dem 0:3) und eben Feng Xiaoting auf den Iran gesetzt haben. Möglicherweise seien es aber noch mehr Nationalspieler. Das Gerücht sorgte für einen großen Aufschrei im Land. Von offizieller Seite gab es dazu noch keine Äußerung.
155.000 Euro, ein entzogener Pass und eine gebrochene Nase
Dass es in China verwunderliche Strafen gibt, ist nichts Neues. Im Dezember wurde publik, dass dem Belgier Yannick Carrasco der Pass entzogen wurde – er durfte nicht ausreisen, die Belgische Nationalmannschaft musste in den Spielen gegen Island und die Schweiz auf ihn verzichten. Carrasco, Spieler von Dalian Yifag, hatte zuvor seinem Kollegen Pengxiang Jin die Nase gebrochen. Erst als er eine Entschädigungssumme von 155.000 Euro gezahlt hatte, war der Streit wieder bereinigt.
Wie es genau mit Feng Xiaoting weitergeht, ist derzeit noch offen. Vor dem Iran-Spiel sagte er noch: „Der Iran ist stark, aber wir werden entschlossen dagegen halten. Jeder in unserem Team ist top motiviert“. Damals lobte ihn die Presse noch, unter anderem für seinen starken Auftritt gegen Thailand. Und eigentlich war Xiaoting wegen Fieber und einer Erkältung für das Viertelfinale krank gemeldet. Nur dank der Einnahme von Schmerzmitteln konnte er sein 73. Länderspiel machen. Es war wohl sein letztes.