Everton, Leeds und Aston Villa in der Spitzengruppe, Manchester United, Chelsea und Manchester City in der unteren Tabellenhälfte. Was ist eigentlich gerade in der Premier League los?
Beim Blick auf die aktuelle Tabelle der Premier League mag sich manch ein Fan vielleicht fragen, ob er sich wirklich im Jahr 2020 befindet. Tabellenführer ist der FC Everton – das weckt Erinnerungen an die Saison 1986/87, als der Klub seine letzte Meisterschaft gewinnen konnte. Aber auch Teams wie Aston Villa oder Aufsteiger Leeds United hätte man vor der Saison nicht unbedingt unter den ersten sechs erwartet. Dem gegenüber stehen eine große Klubs mit großen Problemen.
Höchste Zeit, der Sache mal auf den Grund zu gehen. Hier sind die positiven und negativen Überraschungen der bisherigen Premier-League-Saison.
Die letzte Saison verlief für den FC Everton enttäuschend. Phasenweise kämpfte der Verein gegen den Abstieg und wurde am Ende nur 12. Dass die „Toffees“ eigentlich ganz woanders hin wollen, zeigten sie schon mit dem Trainerwechsel im vergangenen Winter: Mit dem ehemaligen Bayern-Coach Carlo Ancelotti übernahm ein Trainer von internationalem Format. Und auch in der Sommerpause setzte der Klub eindeutige Zeichen, indem er knapp 48 Millionen Euro investierte. Allein fürs Mittelfeld kamen der Brasilianer Allan, der Franzose Abdoulayeu Doucouré sowie der Kolumbianer James Rodriguez. Derlei Transfers führen naturgemäß zu gestiegenen Erwartungen. Doch bislang gelingt es dem Klub, diese zu erfüllen: Nach sechs Spieltagen ist der FC Everton Tabellenführer. Neben den Neuzugängen überzeugte bisher vor allem Stürmer Dominic Calvert-Lewin. Sieben Tore erzielte er in den sechs Spielen. Was der starke Saisonstart wert ist, wird sich jedoch erst noch zeigen. Denn bisher spielte der Verein – mit Ausnahme des Merseyside-Derbys gegen den FC Liverpool – vor allem gegen kleinere Vereine wie West Brom, Crystal Palace und Brighton.
Qualität statt Quantität lautete das Motto bei Aston Villa auf dem Transfermarkt in diesem Sommer. Nachdem die „Villains“ vor der letzten Saison 159 Millionen Euro für 16 Spieler ausgaben, setzt der Club aus Birmingham diese Saison mehr auf Qualität. Und das hat seinen Grund: Denn trotz der großen Investitionen schaffte Villa als 17. erst am letzten Spieltag den Klassenerhalt. Dieses Jahr war der Verein vorsichtiger und investierte „nur“ knapp 80 Millionen. Einer der Neuen ist der 24-jährigen Ollie Watkins, der letzte Saison 25 Mal für Brentford in der Championship traf. Mittlerweile kennt man ihn auch in Liverpool, denn beim 7:2 von Aston Villa gegen die „Reds“ traf er gleich dreimal. Trainer Dean Smith und sein Assistent, die Chelsea-Legende John Terry, können mit dem Saisonstart sehr zufrieden sein. Die „Villains“ sind Dritter, haben aber ein Spiel weniger absolviert als Tabellenführer Everton. Der Grund dafür ist, dass das Spiel von Villa gegen Manchester City zum Saisonstart verschoben wurde, um City nach seiner Europapokal-Teilnahme eine längere Pause zu gewähren.
Der Aufsteiger startete mit spektakulären Spielen in die Saison und zeigte sofort, dass er eine große Bereicherung für die Premier League ist. Einer 3:4‑Niederlage zum Auftakt gegen Liverpool folgte ein 4:3‑Heimsieg gegen Fulham. Das Spektakel hat jedoch seinen Preis: Auch Leeds United hielt sich auf dem Transfermarkt nicht zurück. Die „Whites“ investierten 92 Millionen Euro in 8 Spieler – darunter Robin Koch vom SC Freiburg. Der überzeugt bislang mit guten Leistungen, steht jedoch etwas im Schatten von Stürmer Patrick Bamford, der bereits sechs Tore erzielt hat. Doch der eigentliche Star sitzt auf der Trainerbank: Marcelo Bielsa. Sein Kollege Pep Guardiola bezeichnet ihn als „besten Trainer der Welt“. Der Argentinier ist auch als „El Loco“ (auf Deutsch: der Verrückte) bekannt. Warum das so ist, wird unter anderem an Aktionen wie dieser deutlich: Kurz nach seinem Amtsantritt in Leeds ließ er seine Spieler drei Stunden lang Müll sammeln, weil er herausfand, dass ein durchschnittlicher Leeds-Fan drei Stunden lang arbeiten muss, um sich eine Eintrittskarte leisten zu können.