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Als der offi­zi­elle Teil der Vor­stel­lung vorbei ist, stellen sich Michael Preetz und Bruno Lab­badia noch für ein Foto vor die Wand mit den Logos der Spon­soren von Hertha BSC. Ohne Hand­schlag und unter Ein­hal­tung der gel­tenden Abstands­re­geln selbst­ver­ständ­lich. Nach mehr als andert­halb Jahr­zehnten als Trainer ahnt Lab­badia schon, wofür dieses Foto eines fernen Tages einmal ver­wendet werden wird. Wenn die Bezie­hung zwi­schen ihm und Hertha in die Brüche gehe, sagt er, dann werde man dieses Foto wieder her­vor­holen. Bruno Lab­badia lacht.

Ja, auch dieses Enga­ge­ment wird irgend­wann zu Ende gehen. Das ist so bei Trai­nern. Und natür­lich weiß Bruno Lab­badia das. Viel span­nender ist für ihn im Moment aber eine ganz andere Frage: Wann fängt es eigent­lich richtig an?

Lab­badia ver­zichtet auf Teile seines Gehalts

Es ist für alle eine unge­wohnte Zeit“, sagt Manager Preetz, als er am Oster­montag Her­thas vierten Chef­trainer der Spiel­zeit 2019/20 vor­stellt. Dass alles anders ist, das sieht man schon beim Blick in den Medi­en­raum des Ber­liner Fuß­ball-Bun­des­li­gisten. Vor dem Podium tut sich ein großer Graben auf, die Stühle für die Jour­na­listen stehen in gebüh­rendem Abstand zuein­ander, nur sechs sind besetzt. Bei Jürgen Klins­mann war mehr los“, scherzt jemand, kurz bevor es los­geht.

Bruno Lab­badia, der am Nach­mittag sein erstes Trai­ning mit der Mann­schaft lei­tete, hatte eigent­lich nicht vor, mitten in der Saison einen Klub zu über­nehmen. Er hätte sich auch nicht vor­stellen können, dass dies noch in dieser Spiel­zeit pas­siert. Es ist ein unüb­li­cher Zeit­punkt“, sagt auch Preetz. Aber es sind eben auch unüb­liche Zeiten, die unüb­liche Lösungen erfor­dern.

Ideal sind die Umstände des Starts nicht

Seit vier Wochen pau­siert die Fuß­ball-Bun­des­liga wegen der Coro­na­virus-Pan­demie. Viel­leicht geht der Spiel­be­trieb im Mai wieder los. Viel­leicht auch nicht. Aber wie auch immer: Wir werden keine regu­läre Som­mer­pause haben, wie wir sie gewohnt sind“, glaubt Michael Preetz. Und damit auch keine nor­male Vor­be­rei­tung auf die neue Saison. Vor diesem Hin­ter­grund hat sich Her­thas Manager dazu ent­schlossen, den für den Sommer geplanten Wechsel auf der Trai­ner­po­si­tion vor­zu­ziehen und Alex­ander Nouri, der ohnehin nur aus­hilfs­weise ein­ge­sprungen war, schon jetzt durch Lab­badia zu ersetzen.

Ideal ist die Kon­stel­la­tion für den neuen Trainer nicht. Ich kann keinem Spieler die Hand geben, ich kann nie­manden in dem Arm nehmen“, sagt Lab­badia. Aber – egal. Wir haben keine Alter­na­tive dazu.“ Ange­sichts der Umstände sei es ein ganz logi­scher Schritt“ gewesen, die Auf­gabe jetzt zu über­nehmen.

Schon bei seiner Vor­stel­lung erhält man einen Ein­druck davon, was für einen Trainer Hertha bekommt. Lab­badia ist keiner, der mal eben aus einem Traum­reich ein­schwebt und von künf­tigen Titeln schwa­dro­niert. Lab­badia steht mit beiden Beinen auf der Erde. Dem Verein hat er laut Preetz ange­boten auf weite Teile seines Gehalts“ zu ver­zichten, solange die Coro­na­krise nicht über­wunden ist. Eine tolle und bemer­kens­werte Geste“ sei das, sagt Her­thas Manager. Und ein Beleg dafür, dass Lab­badia mit der aktu­ellen Situa­tion sehr reflek­tiert umgehe.

Über­haupt gibt sich der 54-Jäh­rige bei seiner Vor­stel­lung unauf­ge­regt. Und trotzdem ist er klar in seinen Ansagen, tat­kräftig und aus­rei­chend ehr­geizig. Preetz erin­nert daran, dass Lab­badia ein Trainer sei, der vor allem eine Mann­schaft ent­wi­ckeln und Poten­ziale heben kann“.

Hertha muss zunächst in Gruppen trai­nieren

Zuletzt ist ihm das beim VfL Wolfs­burg gelungen, den er im Februar 2018 auf Platz 14 über­nommen und knapp andert­halb Jahre später nach der Qua­li­fi­ka­tion für die Europa League wieder ver­lassen hat. Hertha belegt der­zeit Platz 13 und hat sich längst noch nicht aller Abstiegs­sorgen ent­le­digt. Natür­lich sehe er Poten­zial im Klub und in der Mann­schaft, sagt Lab­badia. Aber: Ich halte nicht viel davon, große Ankün­di­gungen in den Raum zu stellen. Ich finde, dass man erst mal arbeiten sollte, bevor man zu viel erzählt.“

Diese Arbeit wird anders aus­sehen als alles, was Lab­badia auf seinen bis­he­rigen sieben Sta­tionen bei sechs Ver­einen erlebt hat. Das Spiel, das er irgend­wann einmal spielen lassen will, hat Lab­badia mit seinen beiden Co-Trai­nern Eddy Sözer und Olaf Janßen immer weiter aus­ein­an­der­ge­pflückt, so dass sie selbst für Kleinst­gruppen noch mög­liche Trai­nings­formen ent­wi­ckelt haben.

Erst einmal wird der Kader in drei Ach­ter­gruppen auf­ge­teilt und getrennt von­ein­ander arbeiten. Wir werden nicht nur auf dem Platz trai­nieren“, kün­digt Lab­badia an. Wir werden auch sehr viel Ein­zel­ana­lysen machen, Grup­pen­ana­lysen, Mann­schafts­ana­lysen.“

Wir jam­mern nicht, wir hadern nicht.“

Bruno Labbadia

Zwei Wochen haben Her­thas Spieler in häus­li­cher Qua­ran­täne ver­bracht, vier Wochen ins­ge­samt nicht mit dem Ball trai­niert. Das ist eine halbe Ewig­keit“, sagt Lab­badia, der sich daher zunächst einmal eine Über­sicht über den Zustand des Teams ver­schaffen will. Für seine Art des Fuß­balls mit vielen Sprints und Tem­po­läufen brauche die Mann­schaft aus­rei­chend Power. Aber man darf das Men­tale nicht außer Acht lassen“, sagt Lab­badia. Was ist in der Mann­schaft los? Wie fühlt sie sich?“

Die nächsten Wochen sieht der neue Trainer als eine Art kleine Vor­be­rei­tung“. Mit dem Unter­schied, dass nie­mand den Zeit­punkt kennt, auf den man sich vor­be­reitet. Wir müssen die Mann­schaft relativ schnell in einen Wett­kampf­modus bekommen, ohne dass wir Wett­kämpfe bestreiten dürfen“, sagt Bruno Lab­badia. Aber wir jam­mern nicht, wir hadern nicht.“

Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Koope­ra­tion mit dem Tages­spiegel.