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Nein, sagt Max Eberl, das Aktu­elle Sport­studio hat er am Samstag nicht gesehen, aber er weiß schon, warum die Frage jetzt kommt. Ich hab’s inzwi­schen gehört“, sagt der Sport­di­rektor von Borussia Mön­chen­glad­bach. Uli Hoeneß war am Samstag im Sport­studio zu Gast, und bei dieser Gele­gen­heit hat der Prä­si­dent des FC Bayern Mün­chen kund­getan, dass er den Glad­ba­chern zutraut, die Über­ra­schungs­mann­schaft der Saison zu werden; ja, selbst den Titel hält Hoeneß für mög­lich. Es ist doch schön, dass wir so positiv gesehen werden“, sagt Eberl. Aber davon würden sie sich nicht beein­träch­tigen lassen. Wir werden so logisch wei­ter­ar­beiten wie bisher.

Logisch? Was ist denn logisch an dieser Geschichte?

In der vorigen Saison hat Borussia Mön­chen­glad­bach erst in der Rele­ga­tion den Abstieg in die Zweite Liga ver­hin­dert; die Mann­schaft war zwi­schen­zeit­lich so weit abge­schlagen, dass Trainer Lucien Favre den Klas­sen­er­halt im Nach­hinein offi­ziell zum Wunder erklärt hat. Aber was ist dann das, was die Glad­ba­cher im Moment erleben? Nach vier Siegen hin­ter­ein­ander liegen sie auf Platz zwei der Fuß­ball-Bun­des­liga, vor Bayern und punkt­gleich mit Spit­zen­reiter Dort­mund, der am Samstag in Mön­chen­glad­bach zum Spit­zen­spiel gas­tiert. Ich glaube, die Leute wissen auch nicht, was im Moment mit uns pas­siert“, sagt Borus­sias bra­si­lia­ni­scher Ver­tei­diger Dante.

Gründe für den Auf­schwung: Leiden und Lernen

Das ganze Ausmaß des Wun­ders wird einem erst bei einem Ver­gleich mit der Vor­saison bewusst: Vor einem Jahr hatten die Glad­ba­cher noch kein ein­ziges Heim­spiel gewonnen; jetzt liegen sie in der Heim­ta­belle nur einen Punkt hinter Dort­mund und Bremen auf Platz drei, kein Bun­des­li­gist ist zudem zu Hause länger unge­schlagen (zehn Spiele). Vor einem Jahr hatte Borussia nach 14 Spiel­tagen 40 Gegen­tore kas­siert, jetzt sind es gerade neun. Und mit 29 Punkten hat Favres Mann­schaft schon jetzt so viele Punkte wie in der Vor­saison erst drei Spiel­tage vor Schluss.

Es gibt gute Gründe für den Auf­schwung“, sagt Sport­di­rektor Eberl. Die Mann­schaft hat in der vorigen Saison gelitten und gelernt.“ Vor allem hat sie das Selbst­be­wusst­sein aus der erfolg­rei­chen Ret­tung über die Som­mer­pause gerettet. Trainer Favre warnt trotzdem vor Über­schwang. Seine Mann­schaft spiele schließ­lich mit exakt der­selben Elf, die in der vorigen Saison bei­nahe abge­stiegen wäre. Doch das ist nur die halbe Wahr­heit.

Es stimmt zwar, dass kein ein­ziger der im Sommer ver­pflich­teten Spieler bisher einen Platz in Favres Stammelf gefunden hat. Exakt diese Mann­schaft aber hat auch schon in der Rück­runde der vorigen Saison 26 Punkte geholt. Das ist der Schnitt eines Euro­pacup-Teil­neh­mers.

Max Eberl will sich trotzdem nicht auf große Ziele kon­zen­trieren, solange wir die kleinen nicht geschafft haben“. Das nächste kleine Ziel heißt Dort­mund, und das ist für die Glad­ba­cher ohnehin groß genug. Eberl hat schon mit­be­kommen, dass wir bei einem Sieg aus eigener Kraft Herbst­meister werden können – das geis­tert hier gerade umher“. Aber mit sol­chen Wenn-dann-Sze­na­rien beschäf­tigt sich die Mann­schaft nicht. Sie hat in der vorigen Saison gelernt, Spiel für Spiel abzu­ar­beiten. Wie einen Akten­stapel.

Wir haben einen klaren Plan“

Es ist kein Zufall, dass wir so spielen“, sagt Marco Reus, dessen Ein­satz gegen den BVB wegen eines gebro­chenen Zehs nach wie vor frag­lich ist. Die Glad­ba­cher ver­fügen inzwi­schen über eine extrem trag­fä­hige Defen­sive. Die Mann­schaft ist eine Ein­heit, es ist es schwer, gegen uns eine Lücke zu finden“, sagt Favre. Auf dieser sta­bilen Basis tragen die Borussen ihre Angriffe vor: Nach Bal­ler­obe­rung geht es rasend schnell nach vorne. Genauso aber beherrscht die Mann­schaft den behut­samen Aufbau, die gedul­dige Anbah­nung des Tor­ab­schlusses. Wir haben einen klaren Plan“, sagt Mit­tel­feld­spieler Roman Neu­städter, der mit der Mann­schaft gewachsen ist. Jeder weiß, was er zu tun hat.“ Ball­si­cher­heit, Spiel­in­tel­li­genz, Lern­willen – das sind die Koor­di­naten des Erfolges.

Und Lucien Favre. Im Februar hat der Schweizer die Mann­schaft in scheinbar aus­sichts­loser Situa­tion über­nommen. Was sich im Nach­hinein als äußerst schlüssig her­aus­ge­stellt hat, brachte Sport­di­rektor Eberl anfangs eine Menge Kritik ein. Wie kannst du den holen?“, musste er sich immer wieder anhören: einen soge­nannten Kon­zept­trainer, der Zeit braucht, um ein Team zu ent­wi­ckeln.

Ein gegen­sei­tiges Grund­ver­trauen von Anfang an

Eberl war trotzdem über­zeugt, dass Favre der rich­tige Mann für diese Mann­schaft ist – weil sie näm­lich durchaus Qua­lität besaß, sich aber durch kleine Fehler mit großer Wir­kung immer wieder um den Lohn ihrer Mühen gebracht hat. An diesen Details hat Favre erfolg­reich gear­beitet.

Die Zusam­men­ar­beit war von Anfang an von gegen­sei­tigem Grund­ver­trauen geprägt. Das ist der Unter­schied zu Favres Zeit bei Hertha BSC. In Berlin dau­erte es fast ein Jahr, bis die Skepsis über­wunden war. Favre ver­traute dem vor­han­denen Kader nicht, die Spieler waren im Gegenzug nicht voll­ends von seiner Spiel­idee über­zeugt. In Glad­bach war das anders. Lucien Favre sagt: Ich hatte das Glück, dass die Mann­schaft mich sofort ver­standen hat.“