Vor dem Duell mit Meister Magdeburg hat Eintracht Braunschweig den Aufstieg in der eigenen Hand. Gleichzeitig werden böse Erinnerungen wach – denn beim letzten Mal folgte auf den Aufstieg die Depression. Doch heute ist vieles anders als im Sommer 2020.
Natürlich musste gefeiert werden. Trotz Geisterspiel, trotz Corona. Ein Aufstieg kommt schließlich nicht alle Tage. Und so verlagerte sich das Geschehen nach dem entscheidenden 3:2 gegen Mannheim eben vor das Eintracht-Stadion. Nach und nach fanden sich die Fans ein, oben, an der Außenseite der Tribüne, ließ die Mannschaft das Bier spritzen. Ein paar Bengalos beleuchteten die Szenerie – und plötzlich schien die Welt in Braunschweig wieder in Ordnung. Die bittere Schmach des Abstiegs von 2018? Ausgewetzt. Die Angst vor dem Absturz in den Amateurfußball aus der Vorsaison? Vergessen. „Nie mehr, nie mehr – 3. Liga, nie mehr.“
So zumindest der Plan, den nicht nur die euphorisierten Fans, sondern auch die Verantwortlichen um Sportdirektor Peter Vollmann verfolgten. Damals, im Sommer 2020, machte sich Vollmann umgehend daran, die Mannschaft für die 2. Bundesliga umzurüsten. Sogar Aufstiegscoach Marco Antwerpen musste gehen: Der Vertrag wurde nicht verlängert. Der eigensinnige Trainer könne die Mannschaft nicht weiterentwickeln, klang es durch. Doch das, was sie dann in Braunschweig zusammenzimmerten, stand auch ohne Antwerpen für vieles, nur nicht für Weiterentwicklung. Das Ende der Geschichte: direkter Wiederabstieg. Und also war der Sommer 2021 in Braunschweig wieder ein trauriger.
Ein Jahr später könnte es abermals in die andere Richtung gehen. Gewinnt die Eintracht ihre letzten drei Spiele, darf sie sich Zweitligist nennen. So viel ist sicher. Doch bleiben Zweifel. Hat der Verein die Schatten der jüngeren Vergangenheit diesmal wirklich überwunden?
Vor der laufenden Saison haben sie sich Gedanken gemacht in Braunschweig. Fahrstuhlmannschaft? Nein, danke. „Wir haben einen Zweijahresplan, an dessen Ende wir ganz vorne mitspielen wollen“, sagte der neuverpflichtete Trainer Michael Schiele kurz nach Vertragsunterschrift. Im ersten Jahr gehe es erst einmal um die Stabilisierung des ins Wanken geratenen Klubs. Wie richtig der Neue mit dieser Prognose gelegen hatte, schien sich wenige Wochen darauf zu zeigen. Am zweiten Spieltag ging Braunschweig im Heimspiel gegen Aufsteiger Viktoria Berlin mit 0:4 baden. Doch die Eintracht fing sich, reihte drei Siege aneinander und setzte sich oben fest. Schon zur Winterpause präsentierte sich Michael Schiele angriffslustiger – und nun, im Frühling, lebt er immer noch, der Traum von Liga zwei.
Vor zwei Jahren war die Situation eine ähnliche. Zumindest auf den ersten Blick. Auch damals hatte Braunschweig eine Seuchensaison hinter sich, auch damals durften sie im Winter in Richtung 2. Bundesliga schielen. Dann jedoch brach der BTSV ein – und das Coronavirus ins Land. Letzteres sorgte für eine Unterbrechung des Ligabetriebs und wirbelte auch sonst so einiges durcheinander.
Ganz augenscheinlich machten Geisterspiele, Coronaerkrankungen und Terminverschiebungen den Braunschweigern aber weniger zu schaffen als der Konkurrenz. Während Duisburg, Unterhaching und 1860 München die Puste ausging, punktete Braunschweig kontinuierlich. Dahinter steckte keine ausgeklügelte Spielidee oder besondere individuelle Klasse. Eher war es der breit Kader und die Schwäche der anderen, die Blau-Gelb nach oben spülte und in der speziellen Aufstiegsfeier mündete.
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