Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: „Als Kind fand ich Besiktas gut"

Sie sind im Rhein­land als Sohn tür­ki­scher Eltern auf­ge­wachsen. Hand aufs Herz: Hatten Sie keinen Istan­buler Klub als Lieb­lings­verein?
Bei den Türken ist es so: Du hältst immer zu deinem lokalen Klub – und dann hast du einen Lieb­lings­verein in Istanbul. Meine Eltern, die aus Gazi­antep stammen, unter­stützen Gazi­an­tep­spor. Mein Vater mag außerdem Bes­iktas und meine Mutter Gala­ta­saray. Ich fand als Kind Bes­iktas gut, aber das hat sich gelegt, als ich Profi wurde.

Sie haben aber früher nicht in Siv­asspor-Bett­wä­sche geschlafen?
Siv­asspor ist ein Tra­di­ti­ons­klub, den ich natür­lich kannte. Aber ich gebe zu: Wie alle tür­ki­schen Nach­wuchs­fuß­baller träumte ich auch davon, eines Tages bei einem der drei großen Istan­buler Klubs zu spielen.

Sie ver­suchten es erst mit einer Kar­riere in Deutsch­land.
Es begann sehr sto­ckend. In der E‑Jugend war ich mal bei einem Pro­be­trai­ning von Bayer Lever­kusen, wurde dort aber abge­lehnt. Bis zu meinem 17. Lebens­jahr spielte ich für lokale Verein wie den SC Enzen-Dür­scheven und TSC Eus­kir­chen, danach in der A‑Ju­gend-Bun­des­liga für den Bonner SC. Profi wurde ich bei Arminia Bie­le­feld, später war ich noch bei Ein­tracht Trier und beim MSV Duis­burg. Aber weiter als Dritte Liga habe ich es in Deutsch­land nie geschafft.

Imago14220529h

Yesi­lyurt (hier mit Duis­burgs Trainer Karsten Bau­mann) spielte in Deutsch­land u.a. für Arminia Bie­le­feld, Ein­tracht Trier und den MSV Duis­burg. Die Bilanz: 15 Dritt­li­ga­spiele, 16 in der Regio­nal­liga, 9 in der Ober­liga.

Imago Images

Und dann haben Sie sich in der Türkei umge­schaut?
Eigent­lich wollte ich erst mit Mitte 20 in die Türkei wech­seln, dann aber stand eines Tages ein Scout bei einem Ober­liga-Spiel an der Sei­ten­linie.

Der für ein Ober­liga-Spiel aus der Türkei ange­reist war?
Einige tür­ki­sche Klubs haben freie Scouts in Deutsch­land. Auch Altin­ordu Izmir, ein Zweit­li­gist, der einen Mit­ar­beiter aus Hamm zur zweiten MSV-Mann­schaft geschickt hatte. Ich war aber etwas skep­tisch, die Zweite Liga in der Türkei wirkte damals sehr ama­teur­haft auf mich. Als ich aber drüben war, gefiel es mir, und weil es in Deutsch­land nicht wei­ter­ging, dachte ich mir: Ver­such es!

Sie haben in der tür­ki­schen Zweiten Liga 116 Spiele gemacht, 19 Tore geschossen und 36 Treffer vor­be­reitet. Und jetzt sind Sie auf Cham­pions-League-Kurs.
Ver­rückt, oder?

Klopfen mitt­ler­weile die großen Ver­eine an?
Als ich bei Altin­ordu war, gab es schon mal ein vages Inter­esse von zwei Istan­buler Klubs, aber die Ablö­se­summe war ihnen zu hoch. Und jetzt? Mag sein, dass es Anfragen gibt, aber ich habe meinem Berater gesagt, dass ich davon nichts hören möchte. Denn Cham­pions League kann ich hof­fent­lich auch mit Siv­asspor spielen. Es ist auch toll zu sehen, wie sich Sivas ver­än­dert. Früher kamen kaum mehr als 10.000 Zuschauer, aber jetzt wird es langsam voller. Trotz Minus­graden. Ich glaube, wenn wir im letzten Heim­spiel wirk­lich Meister werden können, macht sich die ganze Stadt auf zum Sta­dion.

Das Sta­dion fasst nur 28.000 Zuschauer, Sivas hat aber 250.000 Ein­wohner.

Glauben Sie mir: In der Türkei geht das schon, die werden irgendwie rein­kommen. Zur Not setzen sie sich aufs Dach. (Lacht.)

Siv­asspor führt die Tabelle seit dem 12. Spieltag an. Momentan liegt Ihr Team mit vier Punkten vor Fener­bahce. Was waren die Schlüs­sel­mo­mente der Saison?
Sehr wichtig war das Spiel gegen Gen­cler­bir­ligi, als wir Herbst­meister geworden sind. Wir schossen erst in der 97. Minute den Aus­gleich zum 2:2. Der 2:1‑Sieg gegen Bes­iktas in Unter­zahl war auch gran­dios.

Und Ihr schönstes Tor?
Mein Tor aus­wärts Gala­ta­saray war krass. Auf einmal war das ganze Sta­dion mucks­mäus­chen­still! Das schönste Tor war aber das gegen Kay­se­ri­spor aus spitzem Winkel. Mit dem Sieg haben wir die Tabel­len­füh­rung über­nommen.

Manchmal hat man schon das Gefühl, dass die großen Ver­eine aus Istanbul bevor­teilt werden.“

Erdogan Yesilyurt

Herr Yesi­lyurt, seit Grün­dung der Süper Lig im Jahr 1959 gelang es nur Trab­zon­spor in den Sieb­zi­gern und Acht­zi­gern sowie Burs­aspor 2010, die Domi­nanz der großen Drei zu durch­bre­chen. Eine Ver­schwö­rungs­theorie lautet: Am Ende wird eh ein Klub aus Istanbul Meister. Wie denken Sie dar­über?
Siv­asspor hatte ja schon mal eine große Chance auf die Meis­ter­schaft, 2009 war das. Meister wurde aber Bes­iktas, mit zwei Punkten Vor­sprung. Ich darf jetzt nichts Fal­sches sagen, aber manchmal hat man schon das Gefühl, dass die großen Ver­eine aus Istanbul bevor­teilt werden. Wir bekommen unglaub­lich viele Karten. Doch wir sollten uns nicht darum küm­mern. Wenn unsere Schüsse rein­gehen, dann kann nie­mand was machen – dann gehen sie halt rein.