Der SC Paderborn ist Tabellenletzter und trotzdem einer der Gewinner der Saison. Trainer Steffen Baumgart steht für die Devise: keine Pullis, keine Angst.
Steffen Baumgart wechselte beim Spiel gegen den FC Bayern wie erwartet nach nicht einmal einer Viertelstunde. Und zwar seine Oberbekleidung. Der Trainer des SC Paderborn schmiss seinen Pullover auf die Bank und coachte fortan den Rest des Spiels bei drei Grad im T‑Shirt weiter. Baumgart hechtete in seiner Coaching-Zone den Bällen nach, ging in die Knie, pfiff und wirbelte mit den Armen. Während alle um ihn herum dick eingemummelt das Geschehen verfolgten, sah Baumgart wieder mal so aus, als würde er sich gleich selbst zum Warmmachen schicken. Sein Outfit im winterlichen München mag diversen Hausärzten die Stirn in Falten legen, doch es symbolisiert die Unverfrorenheit dieses Trainers und seiner Mannschaft.
Der Marktwert des SC Paderborn liegt laut einschlägigen Portalen bei 31 Millionen Euro, jener des FC Bayern bei 933. Paderborn ist Letzter, die Bayern Erster. Am Freitag hielt Paderborn lange ein Unentschieden, bis Robert Lewandowski kurz vor dem Ende doch noch zum 3:2‑Sieg für die Bayern traf. Bereits im Hinspiel hatten die Paderborner mit exakt diesem Ergebnis knapp gegen den Rekordmeister verloren. Damit haben sie nicht nur gegen die Bayern vier Mal getroffen, sondern auch drei Mal gegen den BVB (3:3) und zwei Mal daheim gegen das Team aus Leipzig (2:3) – wie schwer Spiele gegen die Leipziger sind, lässt sich nun in Gelsenkirchen und London erfragen.
Natürlich bekommen Baumgart und der SC Paderborn für diese Werte keine Extra-Punkte, sondern nur Lob von allen Seiten. Aber was heißt schon „nur“? Selbst wenn die Ostwestfalen am Ende doch wieder in die Zweite Liga runter müssen, gehören sie schon jetzt zu Gewinnern dieser Spielzeit. Weil man sich an ihre Auftritte und Courage erinnern wird. Es gab nicht viele Tabellenschlusslichter, die zum Auswärtsspiel in München reisen und die Abstöße kurz ausführen. Paderborn wollte nicht alle Bälle blind nach vorne schlagen oder die Zeit herunter laufen lassen. Paderborn wollte spielen, nach vorne verteidigen, ganz egal, ob da Spieler namens Jastrzembski oder Gjasula gegen Sternchen wie Thiago oder Coutinho antraten.
Sie hatten den Plan, schnell hinter die letzte Verteidigungslinie der Bayern zu kommen. Das mag nach „Kick’n’Rush“ klingen, war aber im Endeffekt Attacke im Verbund. Beim 2:2 durch Sven Michel konterten die Paderborner den FC Bayern klassisch aus, beim Tor standen gleich vier Angreifer im Sechzehner des Gegners. Dass Michel so an der richtigen Stelle auftauchte, war kein Glück, sondern Lohn für die Arbeit. Michel hätte später sogar noch den dritten Treffer für Paderborn erzielen können.