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Seite 2: „Ich habe einfach scheiße gespielt“

Der HSV tau­melte damals dem ersten Abstieg ent­gegen, stand mit dem Rücken zur Wand – und plötz­lich kam der neue Trainer mit einem Spieler aus der Dritten Liga um die Ecke. Wie groß war der Druck?
Ich habe zu dem Zeit­punkt über­haupt keinen Druck emp­funden. Im Gegen­teil, ich war nur dankbar für die Chance und habe mich auf dem Platz sofort richtig wohl gefühlt. Als ich dann gemerkt habe, dass ich auf diesem Level mit­halten kann, wurde mein Selbst­ver­trauen immer größer. Außerdem waren ja auch die Mit­spieler besser als in der zweiten Mann­schaft. Das erleich­terte vieles. Es war ein­fach schön für mich, doch noch Bun­des­liga zu spielen, kon­stant und über einen län­geren Zeit­raum als nur ein paar Minuten gegen die Bayern, wo ich kaum einen Ball am Fuß gehabt hatte. Der Klas­sen­er­halt wäre die Krö­nung gewesen.

Wie wacht man am Tag nach einem Abstieg auf?
Ich hatte zumin­dest keine Angst, vor die Tür zu gehen. Aber ich hatte ja auch nur den Auf­schwung mit­er­lebt. Die Zeit davor, unter Hol­ler­bach zum Bei­spiel, als die Stim­mung wirk­lich negativ war, als viel auf die Spieler ein­ge­pras­selt ist, die habe ich ja nicht mit­ge­macht. Die Spieler, die die ganze Saison gespielt haben, haben den Tag nach dem Abstieg also viel­leicht anders wahr­ge­nommen.

Im Sommer 2018 wirkte es so, als wolle der HSV Sie zu einem der neuen Gesichter des Klubs auf­bauen. Haben Sie das auch so emp­funden?
Ich hatte auf jeden Fall das Gefühl, dass der HSV mir ver­traut. Ich habe mich auf ein geiles Jahr gefreut.

Ein paar Wochen später wech­selte Chris­tian Titz Sie beim 0:5 gegen Regens­burg noch vor der Pause aus. Danach haben Sie nie wieder für die Profis gespielt.
Das war extrem bitter für mich. Vor allem, weil ich danach keine Chance mehr bekam, die schlechte Leis­tung wieder gut zu machen.

Hat Chris­tian Titz Sie fallen gelassen?
Auf gar keinen Fall. Er war nach wie vor mein Unter­stützer. Aber in dem Spiel habe ich ein­fach scheiße gespielt. Das kann ich auch nicht schön­reden. Trotzdem hat es geschmerzt, dass ich mich nicht mehr zeigen konnte.

Hat er Ihnen seine Ent­schei­dung erklärt?
Zunächst mal ist er nach dem 0:5 selber unter Druck geraten – und war ein paar Spiele später trau­ri­ger­weise seinen Job los. Und in der Öffent­lich­keit galt ich als sein Spieler. Er hatte mich hoch­ge­zogen, meine schlechte Leis­tung wurde direkt auf ihn pro­ji­ziert. Auch mir gegen­über hatte sich die Stim­mung nach dem Regens­burg-Spiel gedreht. Ich glaube, er wollte mich aus der Schuss­linie nehmen.

War das Spiel die bit­terste Nie­der­lage Ihrer Kar­riere?
Das Vier­tel­final-Aus gegen Mali bei der U20-WM 2015 war auch übel. Nie­mand hatte damit gerechnet, der DFB hatte schon alles fürs Halb­fi­nale und Finale vor­be­reitet. Und im Spiel waren wir auch die deut­lich bes­sere Mann­schaft. Dann ver­schossen wir in der regu­lären Spiel­zeit einen Elfer, kurz darauf traf Mali mit der ersten Chance zum Aus­gleich und ret­tete sich ins Elf­me­ter­schießen. Ich bin noch heute der Mei­nung: Mit dem Kader hätten wir damals eigent­lich Welt­meister werden müssen.

Sind Sie eigent­lich ein guter Ver­lierer?
Es ist besser geworden. Bis vor wenigen Jahren war ich ein sehr schlechter Ver­lierer.

Nicht die besten Vor­aus­set­zungen für jemanden, der angeb­lich süchtig ist nach einem bestimmten Brett­spiel…
Ich bin zwar seit län­gerer Zeit nicht dazu gekommen, aber ja, es gab Phasen, da haben wir in meiner WG in Ham­burg fast jeden Abend Siedler von Catan gespielt.

Und da wurde dann das Spiel­brett vom Tisch gepfef­fert und der Tisch umge­schmissen, wenn es nicht lief?
Das war als Kind so. Aber mitt­ler­weile habe ich mich echt im Griff, das hat sich im Alter zum Glück ein­ge­pen­delt. Sonst bekommt man als Fuß­baller auf Dauer auch Pro­bleme. Nie­der­lagen gehören ja zum Job dazu.